Winterhude. In dem Restaurant in Winterhude vermittelt Sternekoch Kirill Kinfelt den Gästen Wohnzimmer-Wohlfühl-Gefühl.

Thomas Martin ist schuld. Der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete Küchenchef im Jacobs Restaurant an der Elbchaussee hatte zu einem Abend mit Trüffeln geladen, der angesehene Experte Ralf Bos war auch da. In der Küche standen große Schalen voll mit den tollen Knollen aus dem Süden. Und ein Mitglied aus Martins Küchencrew war angefixt. „Der Duft war so prägnant und eindrucksvoll, der Geschmack so einzigartig, das Feuer war bei mir entfacht.“ Heute hat Kirill Kinfelt selbst einen Michelin-Stern und ein eigenes Restaurant namens Trüffelschwein.

„So ein Tier findet in der Regel etwas Edles“, erklärt der Koch. „Und bei mir soll der Gast exquisite Erlebnisse haben.“ So steht immer mindestens ein Gericht mit schwarzem Trüffel auf der Karte. Bis zu einem Kilo Sommerpilze aus Italien und Winterknollen aus Aus­tralien werden in der Restaurantküche in Winterhude pro Woche verarbeitet. „Beim Kauen entfalten sich die Aromen, zum Beispiel schmecke ich Kaffee und Ledernoten. Trüffel muss man essen und erleben.“

Die Küche im Jacobs war nur eine berufliche Station des heute 33-Jährigen, der als Säugling aus St. Petersburg nach Göttingen kam: zwei Ausbildungen zum Restaurant- Fachmann und zum Koch in der Uni-Stadt, eine Stelle bei Drei-Sterne-Koch Thomas Bühner im La Vie in Osnabrück, Souschef auf verschiedenen Kreuzfahrtschiffen. Und wie gutes Essen schmeckt, lernte Kinfelt schon als Kind. „Mein Vater kocht die beste Hühnersuppe, meine Mutter verarbeitete immer Gemüse aus dem eigenen Garten. Ihre eingelegten Gurken sind ein Gedicht.“

Zart, grün
und kräftig:
Garnele mit Erbsen,
handgerolltem Couscous
und Schalentier-Kardamom-Sud
Zart, grün und kräftig: Garnele mit Erbsen, handgerolltem Couscous und Schalentier-Kardamom-Sud © HA | Marcelo Hernandez

Vor drei Jahren eröffnete der Koch sein eigenes Lokal am Mühlenkamp. Zuvor waren dort einige Betriebe gescheitert. „Ich wollte ein kleines Restaurant mit leckerem Essen, guten Weinen und einer legeren Atmosphäre“, sagt der heute 33-Jährige. „Wohnzimmer-Wohlfühl-Gefühl in einem Lokal, wo wir selbst auch gern hingehen würden.“ Denn Kinfelt steht seine Partnerin Jana Husemann zur Seite. Die beiden entwickelten als Angestellte ein Restaurant-Projekt in Göttingen, an dem der Geldgeber aber die Lust verlor. Im Trüffelschwein ist die 31-Jährige für den Service und die Zahlen zuständig.

30 Feinschmecker finden Platz auf braunen Lederstühlen in dem lang gestreckten Raum, zu dem ein paar Stufen hochführen. Ein kleiner Tresen mit vielen Flaschen am Eingang, dahinter weiß-grau eingedeckte Tische mit Gläsern, Besteck, Servietten und dezenter Kerzen-Blumen-Deko. An den hellen Wänden hängen Bilder und Spiegel, die großen Fenster geben den Blick frei auf die belebte Straßenecke Mühlenkamp/Semperstraße. Wer gerne draußen sitzt, nutzt die Terrasse.

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Hotelier des Jahres

Heiner und Renate Finkbeiner, die die Traube Tonbach in Baiersbronn, Schloss Monrepos in Ludwigsburg bei Stuttgart sowie das Montforthaus in Feldkirch (Österreich) führen

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Sechs Angestellte plus das Inhaberpaar kümmern sich um die Besucher. Serviert werden zwei Menüs zwischen fünf und neun Gängen. „Wir machen eine pure, überraschende wie geschmacksintensive Küche“, sagt Kinfelt. „Meine Herausforderung ist es, aus dem Puristischen die Überraschung herauszuholen und letztendlich eine Geschmacksexplosion zu generieren.“ So wird eine zarte Garnele mit der Frische von Erbsen kombiniert. Die handgerollten Couscous-Körner schmecken wie kleine Nudeln, und den letzten Pfiff bekommt das Gericht durch den würzigen Krabbenschalen-Sud, der mit Kardamom abgeschmeckt ist. Sehr raffiniert.

Und getreu dem Restaurantnamen gibt es auch Schwein, nämlich Iberico aus Spanien. „Diese Tiere wachsen natürlich auf und fressen Eicheln“, so der Küchenchef. Er schmort Backe, Bauch und Pluma (Rücken), das Fleisch schmeckt zart, erdig. Dazu werden verschiedene knackig-frische Möhren, Karottenpüree sowie Trüffelspäne serviert. Ein Gemälde auf dem Teller.

Der Teller
ist ein Gemälde:
das Beste vom Iberico-Schwein
mit verschiedenen
Möhren
und Trüffelspänen
Der Teller ist ein Gemälde: das Beste vom Iberico-Schwein mit verschiedenen Möhren und Trüffelspänen © HA | Marcelo Hernandez

Kinfelt und Husemann legen Wert auf beste Produkte. Geflügel kommt aus Frankreich, Gemüse von einem Hamburger Großmarkthändler oder oft vom Biobauern auf dem Goldbekmarkt. Die Champagner- und Weinkarte verzeichnet mehr als 160 Positionen, die meisten aus Deutschland und Europa. Die offenen Tropfen beginnen bei 9 Euro für 0,2 Liter, die günstige Flasche Wein kostet 28,50 Euro. Zu den Menüs werden auch Weinbegleitungen angeboten.

„Natürlich wollte ich immer einen Stern“, sagt Kinfelt. „Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass er so schnell kommt, als wir im vergangenen November ausgezeichnet wurden.“ Das Gütesiegel gelte dem ganzen Team und sei eine Anerkennung dafür, dass man etwas wage und die Aromen anders kombiniere. Und auf jeden Fall honorieren es die Gäste. Mittlerweile kommen auch viele Hungrige aus Skandinavien, Österreich und der Schweiz. „Hamburg hat geschmacklich viel zu bieten, der Gourmet-Tourismus nimmt zu.“

Kocht der Chef jetzt anders? „Ich möchte mein Niveau halten und mich weiterentwickeln, tolle Produkte finden und nutzen, die Gäste für meine Küche begeistern und ihnen Geschmacks­überraschungen bieten.“ So hat es Kirill Kinfelt bei Thomas Martin gelernt. Und dessen Restaurant hat schon lange zwei Sterne.

So kommen Sie hin
Öffnungszeiten: Trüffelschwein, Mühlenkamp 54, Tel. 69 65 64 50, www.trueffelschwein-restaurant.de,
Di–Sa 18–24 Uhr
HVV mit Bus 6 und 25 bis Goldbekplatz, Parken in der Umgebung
Fünf- bis Neungängemenü von 89 bis 129 Euro

Trüffelschwein Mühlenkamp 54

www.trueffelschwein-restaurant.de