Hamburg. Per E-Mail wurde den freien Trägern eine deutliche Kürzung der Finanzhilfen angekündigt. Das sorgte für große Aufregung.

Riesenpanne in der Schulbehörde: Mitarbeiter verschickten eine E-Mail an die Schulen in freier Trägerschaft, aus der sich eine saftige Kürzung ihrer Finanzhilfe ergab. Die sogenannten Schülerkostensätze, die die Berechnungsgrundlage darstellen, sollten je nach Schulform, Schüleralter und Förderform zum 1. Januar 2018 um bis zu sechs Prozent abgesenkt werden – trotz Tarifsteigerungen und Inflation. Das hätte die nicht staatlichen Schulen vor immense Herausforderungen gestellt, zumal die Haushaltspläne für das kommende Jahr weitgehend abgeschlossen sind.

Bescheide hätten nie rausgehen dürfen

Aufgrund der Nachfrage des Abendblatts trat die Behörde nun den Rückzug an. „Da ist etwas schiefgelaufen. Die Bescheide hätten nie rausgehen dürfen“, sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Es habe sich bei den Berechnungen um einen Zwischenstand der Personalkostentabellen gehandelt, die in der Finanzbehörde erstellt werden. Der ausgewiesene Rückgang bei den Personalkosten habe sich aus der Tatsache ergeben, dass aufgrund hoher Pensionierungszahlen viele jüngere und „billigere“ Lehrer eingestellt worden seien.

Doch die Ansätze für die Schulen in freier Trägerschaft würden nun kurzfristig korrigiert, zumal der Haushalt der Schulbehörde insgesamt wachse. „Wir rechnen nicht mit Kürzungen für die Privatschulen“, sagte Albrecht. Peinlich: Die E-Mail wurde schon Anfang November an die Privatschulen geschickt und hat dort für große Aufregung gesorgt. Doch erst jetzt wurde der Fehler offensichtlich entdeckt.

Kritik an Art und Umfang der staatlichen Finanzierung

Für die 21 katholischen Schulen in Hamburg hätten die Kürzungen voraussichtlich ein Minus von mehr als 870.000 Euro bedeutet – 1,7 Prozent des Gesamtbudgets. Auch wenn die Schulen nun vermutlich wie geplant in das neue Jahr gehen können, bleibt die grundsätzliche Kritik an Berechnungsart und Umfang der staatlichen Finanzierung der Privatschulen.

Das komplizierte System sieht vor, dass die Schulen in freier Trägerschaft 85 Prozent der sogenannten Schülerjahreskosten der staatlichen Hamburger Schulen erhalten. Allerdings handelt es sich bei den zugrunde gelegten Werten nur um kalkulierte Gesamtkosten. Die realen Schülerjahreskosten an staatlichen Schulen liegen deutlich darüber.

Bugenhagen wären von Kürzungen besonders betroffen

Christopher Haep, Leiter der Abteilung Schule und Hochschule des Erzbistums, gibt ein Beispiel. „Die von der Stadt kalkulierten Kosten, die die Basis für die Berechnung unserer Schülerkostensätze sind, liegen pro Schüler einer Stadtteilschule durchschnittlich bei etwa 7800 Euro. Davon erhalten wir als freier Träger 85 Prozent, also etwa 6600 Euro. Die tatsächlichen Kosten aber liegen laut Jahresbericht der Schulbehörde an den staatlichen Schulen bei etwa 9000 Euro“, erläutert Haep und ergänzt: „Es ist wichtig, dass sich die große Lücke zwischen der Berechnungsgrundlage, die die Stadt für die Zuweisungen an die Ersatzschulträger ansetzt, und den tatsächlichen Kosten für die Schüler an den staatlichen Schulen deutlich verringert. “

Die evangelischen Bugenhagenschulen wären von den Kürzungen besonders betroffen gewesen, weil die fünf Standorte von überproportional vielen Inklusionsschülern besucht werden. Thilo von Trott, Vorstand der Evangelischen Stiftung Alsterdorf, hatte schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass niemand in der Stadt Kürzungen bei den Schulen in freier Trägerschaft wollen könne, zumal Hamburg Rekordüberschüsse aus Steuereinnahmen erwarte.

System an einer Stelle ungerecht

„Die Stadt trägt doch auch Verantwortung für die Schüler und für die Eltern, die sich bewusst per Wahlrecht für eine Schule in freier Trägerschaft für ihr Kind entschieden haben“, sagte von Trott, der zu der aktuellen Entwicklung anfügte: „Das ist eine positivere Nachricht jetzt. Wir würden nun gern mit der Behörde ins Gespräch kommen.“

Offen ist derzeit, ob es zum Ausgleich der allgemeinen Kostensteigerungen kommen wird. „Bisher konnten die Schulen in freier Trägerschaft immer verlässlich von jährlichen Anpassungen der Finanzhilfe mindestens in Höhe der Inflationsrate ausgehen und damit ihre Haushalte, die wesentlich aus fixen, langfristigen Personal- und Gebäudekosten bestehen, kalkulieren“, sagte Andreas Haase, kaufmännischer Geschäftsführer der Brecht-Schule und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft freier Schulen (AGFS).

„Das System ist grundsätzlich zumindest in einem wesentlichen Punkt ungerecht: Seit weit mehr als zehn Jahren liegen zum Beispiel die kalkulierten Gebäudekosten trotz der allgemeinen Teuerung bei rund sieben Euro pro Quadratmeter. Von den zwei Milliarden Euro, die die Stadt über Schulbau Hamburg in Sanierung und Neubau von Schulen steckt, bekommen wir nichts ab“, sagte Haase. Dabei handele es sich um Steuergelder, zu denen auch die Eltern der Kinder auf den Schulen in freier Trägerschaft angemessen beitrügen.

„Eigentlich ist überhaupt nicht einzusehen, warum die Schulen in freier Trägerschaft teilweise als Konkurrenz gesehen werden und nicht einfach als eine für die Stadt kostengünstige und inhaltlich bereichernde Ergänzung der Hamburger Schullandschaft, die angemessen und auskömmlich zu finanzieren ist“, so der AGFS-Sprecher.