Hamburg. Unilever-Betriebsrat fordert in offenem Brief an potenzielle Käufer der Margarine-Sparte Joberhalt und Standort-Sicherung.

Die Aktion war lange vorbereitet. Am Montagmorgen um 5 Uhr standen die ersten vor den Werkstoren der Unilever-Fabriken und verteilten Flugblätter. Auflage: mehrere Zehntausend. Bis zum Abend sollte der Aufruf des Gesamtbetriebsrats zur Standort- und Job-Sicherung bei dem Konsumgüterkonzern bei den Beschäftigten in Europa angekommen sein. In der ersten Jahreshälfte hatte das Unternehmen ein umfassendes Spar- und Umstrukturierungsprogramm eingeleitet. Zu den Maßnahmen gehört auch der Verkauf der traditionsreichen, aber finanziell angeschlagenen Margarine-Sparte (Rama, Becel, Lätta, Sanella) mit europaweit 1000 Beschäftigten. Seitdem ist die Unsicherheit in der Belegschaft groß.

„Wir fordern einen Kurswechsel“, sagt der Vorsitzende des Unilever-Gesamtbetriebsrats, Hermann Soggeberg. Parallel zu der Flugblattaktion wenden sich die Arbeitnehmervertreter in einem offenen Brief an die potenziellen Käufer des Geschäfts mit den Brotaufstrichen. „Wenn jetzt der Verkauf der Margarine-Werke in die finale Phase geht, dann muss auch ein Zukunftsplan für die Mitarbeiter her“, so Soggeberg.

Laufendes Bieterverfahren

Nach seinen Angaben sind in Deutschland 300 Arbeitsplätze an den Standorten in Kleve (Nordrhein-Westfalen), Pratau (Sachsen-Anhalt) und etwa zwei Dutzend in der Firmenzentrale in der HafenCity betroffen. Analysten taxieren den Wert der Fett-Marken zwischen sechs und 7,5 Millionen Euro. Interesse hatten Finanzinvestoren, aber auch andere Lebensmittelkonzerne angemeldet. Angesichts eines möglichen Abschlusses noch in diesem Jahr fordert Soggeberg, die Betriebsräte in die Gespräche einzubeziehen. „Die Beschäftigten wollen wissen, was der Käufer mit ihren Jobs vorhat.“

Unilever-Sprecher Konstantin Bark verwies auf Abendblatt-Anfrage auf das laufende Bieterverfahren. „In der Vergangenheit hat Unilever gezeigt, dass das Unternehmen bei Zu- und Verkäufen immer in hoher Verantwortung gegenüber Mitarbeitern vorgegangen ist.“ Hintergrund der Umstrukturierungspläne ist der Übernahmeversuch durch den Unilever-Konkurrenten Kraft Heinz Anfang des Jahres. Der Hersteller von Heinz-Ketchup und Philadelphia-Käse hatte 134 Milliarden Euro geboten. Konzernchef Paul Polman konnte die Übernahme abwehren, indem er den Großinvestoren des börsenorientierten Unternehmens eine Renditesteigerung auf 20 Prozent bis 2020 zusicherte.

Kritik an „Kurzfrist-Ökonomie“

Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften hatten das daraus resultierende Sparprogramm scharf kritisiert. „Unilever hat im wesentlichen Aktionäre, potenzielle Investoren und Analysten im Blick“, erneuerte die Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Michaela Rosenberg, die Kritik. Sie wirft dem Konzern mit einem Jahresumsatz von 53 Milliarden Euro „Kurzfrist-Ökonomie“ vor.

Hermann
Soggeberg ist
Vorsitzender
des Konzernbetriebsrats
von
Unilever
Hermann Soggeberg ist Vorsitzender des Konzernbetriebsrats von Unilever © HA | Michael Rauhe

Nach einer Betriebsversammlung Anfang August hatte die Unternehmensleitung Gesprächsbereitschaft über die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen signalisiert. „Die Verhandlungen laufen noch“, sagte Gesamtbetriebsrat Soggeberg. Er kritisierte, dass Einsparungen etwa bei Reparaturen oder der Reduzierung von Produktionsschichten zu Einschränkungen der Lieferfähigkeit geführt hätten. „Wir hätten deutlich mehr liefern können, als wir es tun“, sagt er.

Nach mehrfacher Verschiebung wolle die Unternehmensführung in Kürze die Ergebnisse einer Standortuntersuchung vorlegen. Soggeberg: „Unser Ziel ist, Schließungen zu verhindern.“