Hamburg. Der 64 Meter hohe Turm ist ein Pilotprojekt. Selbst Geschossdecken und Außenwände werden aus Holz gefertigt.
Immer neue Anforderungen an Dämmung und Klimaschutz lassen in Hamburg seit kurzer Zeit einen alten Baustoff wieder in den Fokus rücken: So wurde gerade in Wilhelmsburg mit dem Studentenwohnheim „Woodie“ ein Gebäude fertiggestellt, das zu großen Teilen aus vorgefertigten Holzmodulen besteht und schon gleich wegen seiner Vorbildfunktion einen der wichtigen Architekturpreise einheimste. Noch ein Schritt radikaler sind nun Pläne für die HafenCity: Dort stellten am Mittwoch das Hamburger Immobilienunternehmen Garbe und die Deutsche Wildier Stiftung gemeinsame Pläne für ein großes Holzhaus vor.
Bis auf einen Treppenhauskern soll es komplett aus vorgefertigten Holzplatten gebaut werden, selbst die Geschossdecken und Außenwände werden aus diesem nachwachsenden Rohstoff sein. Auch äußerlich wird das Haus daher als Holzhaus zu erkennen sein. Als Brand- und Schallschutz ist außen lediglich eine Glasfassade vorgesehen, von einer „gläsernen Haut“ sprechen die Planer.
Das erste Holzhochhaus in Deutschland
Das eigentlich spektakuläre aber dürfte die Dimension dieses Holzgebäudes sein: Es soll mit rund 64 Metern Höhe und 18 Stockwerken das erste Holzhochhaus Deutschlands werden. Und gleichzeitig das dritthöchste seiner Art in Europa. In Wien (84 Meter) und Amsterdam (73 Meter) sind ebenfalls gerade Holzhochhäuser gebaut worden.
„Holz wird unsere Art zu bauen revolutionieren“, glaubt der Architekt Jan Störmer, dessen Büro Störmer, Murphy and Partners den Entwurf geliefert hat. Man könne damit in Verbindung mit einer Vorfertigung schneller, sauberer und deutlich präziser bauen als herkömmlich mit Beton. „Endlich können wir daran anknüpfen, was Schiff- und Flugzeugbau uns schon lange vormachen“, so Störmer.
Auch 54 Sozialwohnungen werden in dem Haus gebaut
Geplant sind in dem Hochhaus in der östlichen HafenCity nahe den Elbbrücken rund 190 Wohnungen, davon 54 als geförderter Wohnungsbau. In die untere Sockel-Ebene wird die Deutsche Wildtier Stiftung einziehen und dort neben Büros eine Ausstellung und ein Naturfilm-Kino zur öffentlichen Nutzung einrichten. Als „Wildspitze“ bezeichnen daher die Planer das Haus.
Rund 100 Millionen Euro soll das Gesamtprojekt in etwa kosten. Damit liege man noch acht bis elf Prozent über den herkömmlichen Baukosten, sagte Garbe-Projektentwickler Georg Nunnemann. Wobei offensichtlich die Betonung auf dem Wort „noch“ liegt. Beim Bauablauf versprechen sich die Planer offensichtlich auch wieder Kostenvorteile.
Die Stadt dürfte den Investoren entgegengekommen sein
Zudem dürfte die Stadt den Investoren beim Grundstückskauf auch entgegengekommen sein. Es gebe für beide Seiten eine „wirtschaftliche Balance“, sagte HafenCity-Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg. Was nichts anderes heißen dürfte, als dass es bei der Grundstücksvergabe wohl durchaus einen Bonuspunkt gegeben haben dürfte, weil die Stadt das Projekt begrüßt.
HafenCity-Chef Bruns-Berentelg zeigte sich jedenfalls nahezu euphorisch. CO2-Bilanz, Energiespareffekte und Nachhaltigkeit – vieles werde mit dem Thema „Holz“ auf vorbildliche Art erreicht. Hinzu kämen 40 Prozent Stellplätze mit Anschlüssen für E-Autos oder auch Möglichkeiten zum Carsharing, also zu Verleihmodellen, bei dem sich Bewohner Autos quasi teilen.
2021 soll das Holz-Hochhaus bezugsfertig sein
Tatsächlich sind Behörden und Politik von dem Projekt offenbar stark überzeugt: Anders als sonst in der HafenCity vergab die Politik das Grundstück ohne Ausschreibung und Architektenwettbewerb. Der Entwurf lag bereits für ein anderes Grundstück in der HafenCity vor. Bruns-Berentelg: „Dort passte es nicht, wir fanden die Idee aber so gut, dass wir in diesem Fall nach einem Grundstück gesucht haben.“ Für den Brand- und Lärmschutz gebe es zudem bereits grünes Licht für eine Genehmigung.
Mit massivem Holz und der gläsernen Haut (die sich aber vor den Balkonen öffnen lässt) erreiche man Werte, die genehmigt werden könnten. Anders als leichte Holzkonstruktionen gelte Massivholz nicht als leicht brennbar und daher als sicher. „Wir bauen natürlich nichts, was nicht von der Feuerwehr genehmigt ist“, so Garbe-Projektleiter Nunnemann. Noch aber ist die Planung am Anfang, 2019 soll der Bauantrag gestellt werden. 2021 erst wird das Haus bezugsfertig sein.