Kiel/Hamburg/Berlin. Ministerpräsident Daniel Günther nennt Vorgehen des Verkehrsministeriums “unverständlich“. Umstrittene Verordnung gilt ab Januar.
Viele alte Segelschiffe und Dampfer in Deutschland werden nach Befürchtung der Betreiber bald nicht mehr auslaufen können. Grund ist eine neue Sicherheitsverordnung für Traditionsschiffe. Sie tritt trotz heftiger Proteste am 1. Januar in Kraft und legt unter anderem Vorgaben für bauliche Beschaffenheit, Brandschutz und Ausrüstung mit Rettungsmitteln fest. Das teilte das Bundesverkehrsministerium mit.
Der Vizechef des Dachverbands der deutschen Traditionsschiffe, Nikolaus Kern, zeigt sich enttäuscht von der Entscheidung des Berliner Ministeriums. „Es ist unerhört, dass so etwas von einer geschäftsführenden Regierung unterschrieben wird.“ Das Ministerium hätte sich zudem über den Willen des Bundesrats hinweggesetzt, der Gespräche zwischen Ministerium und Schiffsbetreibern gefordert habe. Das Berliner Verkehrsministerium entsprach der Anregung nicht.
Daniel Günther kritisiert Verordnung
Wie der geschäftsführende Minister Christian Schmidt (CSU) am Dienstag in Berlin erklärte, wolle er mit der Verordnung die Traditionsschifffahrt in Deutschland erhalten. „Um das zu erreichen, brauchen wir ein hohes Maß an Sicherheit für Besatzung und Passagiere“, sagte er. Genau dieses Maß wird mit der neuen Verordnung allerdings kräftig verschoben, die Maßstäbe werden angehoben.
Es gibt neue Vorgaben für bauliche Beschaffenheiten, Brandschutz und Ausrüstung mit Rettungsmitteln und die Ausbildung von Crewmitgliedern. Die Betreiber von Traditionsschiffen befürchten daher, dass eine Kostenlawine auf sie zukommt. Der Betrieb der historischen Schiffe werde unrentabel. Ein Teil der Schifffahrtsgeschichte sei in Gefahr.
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kritisierte die Verordnung: „Es ist mir unverständlich, dass die Bundesregierung trotz der zahlreich geäußerten Bedenken aus den Ländern daran festhält, eine sehr strittige Verordnung ohne weitere Diskussion mit den Betroffenen umzusetzen“, sagte er am Mittwoch in Kiel. Die Traditionsschifffahrts-Verbände hätten alternative Vorschläge auf den Tisch gelegt, die diskutiert werden müssten, so Günther weiter. "Wenn das Bundesverkehrsministerium dies auf Biegen und Brechen nicht tun will, habe ich dafür kein Verständnis.“
Minister verweist auf mögliche Anpassungen
Schmidt betonte dagegen, die neue Verordnung sei eine „atmende“ Vorschrift. Sie werde in regelmäßigen Abständen mit den Vereinen und Verbänden der Traditionsschifffahrt überprüft bei Bedarf angepasst. Allerdings ist es auch wesentlich schwieriger, juristisch gegen Verordnungen vorzugehen als gegen Gesetze zu klagen. Die Schiffseigner sind also in hohem Maße auf diese Gespräche angewiesen.
Schmidt verwies darauf, dass Schiffe, die bis Ende des Jahres ein Sicherheitszeugnis für Traditionsschiffe erhalten haben, Bestandsschutz hätten. „Kein Schiff wird durch die Verordnung an die Kette gelegt“, hieß es. Für strittige Fragen werde eine Ombudsstelle eingerichtet. Auch gebe es ein Förderprogramm für die Nachrüstung von Sicherheitseinrichtungen.