Hamburg. Bund soll mit fünf Milliarden Euro jährlich den Regionen helfen, die unter Luftverschmutzung leiden. Wie Hamburg profitieren würde.

Der Hamburger Senat will seinen Vorsitz in der Verkehrsministerkonferenz bei der heute in Wolfsburg beginnenden Sitzung nutzen, um deutlich mehr Unterstützung des Bundes bei der Verkehrswende zu fordern. In einem Beschlussvorschlag wird die neue Bundesregierung aufgefordert, jährlich fünf Milliarden Euro für ein „Nationales Investitionsprogramm Mobilität“ zur Verfügung zu stellen – und zwar für zehn Jahre. Hintergrund ist die deutlich zu hohe Belastung der Luft mit giftigem Stickstoffdioxid (NO2) in 28 deutschen Ballungsräumen.

„Die Verkehrsministerkonferenz stellt fest, dass Bund, Länder und Gemeinden in der Verantwortung stehen, die Mobilität der Bevölkerung und des Wirtschaftsverkehrs im Interesse der Freizügigkeit und der Wirtschaftskraft in Deutschland und Europa zu gewährleisten“, heißt es in dem Beschlussentwurf, der dem Abendblatt vorliegt. „Zugleich müssen die NO2-Immissionen in einigen Ballungsräumen im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung minimiert werden.“

E-Busse sollen von EEG-Umlage profitieren

Die kürzlich einmalig vom Bund zur Verfügung gestellte eine Milliarde Euro reiche nicht aus, um zügig die nötige Umstellung der Verkehre zu bewirken. Mit den fünf Milliarden jährlich sollen laut Beschluss die Umstellung öffentlicher Flotten auf schadstoff- und CO2-arme Fahrzeuge unterstützt werden, außerdem die Ladeinfrastrukturen, die Elektrifizierung von Bahnstrecken, die Förderung des Rad- und Fußverkehrs und die „Digitalisierung der Verkehrswege durch Breitbandausbau und intelligente Verkehrssteuerung“.

Verkehrsministerkonferenz

Zudem wird vom Senat die Änderung von Gesetzen gefordert, die die Umstellung des Verkehrs bisher noch behindern. So sollen E-Fahrzeuge bei der Dienstwagenbesteuerung bevorzugt werden, E-Busse sollen von der EEG-Umlage profitieren und bei Taxis und Bussen soll es möglich sein, nur noch für schadstoffarme Fahrzeuge Konzessionen zu erteilen. Bisher müssen die Städte auch die größten Luftverpester etwa unter den Touristenbussen bei der Konzessionsvergabe berücksichtigen.

Wachsende Mobilitätsansprüche

„Die Verkehrsministerkonferenz fordert ... die neue Bundesregierung auf, mit Entschlossenheit eine solche nationale nachhaltige Mobilitätsoffensive in das Regierungsprogramm aufzunehmen, durchzusetzen und zu finanzieren“, heißt es in dem Beschlussentwurf. Die Hamburger Wirtschaftsbehörde geht davon aus, dass die Hamburger Vorlage in Wolfsburg so oder mit leichten Änderungen beschlossen wird. „Wir ringen wie die meisten deutschen Ballungszentren mit der Aufgabe, die Anforderungen an die Luftreinhaltung zu erfüllen“, sagte Wirtschafts- und Verkehrssenator Frank Horch (parteilos) dem Abendblatt.

„Zugleich müssen wir die wachsenden Mobilitätsansprüche der Wirtschaft und einer wachsenden Bevölkerung erfüllen. Ich fordere die neue Bundesregierung dazu auf, die nationale nachhaltige Mobilitätsoffensive in ihr Regierungsprogramm aufzunehmen, sie umzusetzen und zu finanzieren. Wir brauchen ein nationales Investitionsprogramm. Damit muss in den nächsten zehn Jahren die nachhaltige Modernisierung der Mobilität in Deutschland auf den Weg gebracht werden.“

Massive Veränderungen gefordert

Zuletzt hatte es auch in Hamburg immer wieder Gerichtsurteile gegeben, die die Politik zu härteren Maßnahmen gegen die zu hohe Belastung der Luft mit giftigen Stickoxiden auffordern. Seit die EU-Grenzwerte im Jahr 2010 eingeführt wurden, sind sie an den Hamburger Messstationen noch nie eingehalten worden. Im Luftreinhalteplan des grünen Umweltsenators Jens Kerstan sollen erstmals in Hamburg zwei Durchfahrtsverbote für ältere Dieselfahrzeuge auf der Stresemannstraße und der Max-Brauer-Allee verhängt werden.

Auch Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) betonte am Mittwoch die Dringlichkeit massiver Veränderungen in der Verkehrspolitik. „Wir setzen darauf, dass die mögliche Jamaika-Regierung den Ernst der Lage erkennt und den 28 Regionen hilft, die unter starker Luftbelastung leiden“, sagte er dem Abendblatt. Dabei gehe es beim Thema Verkehr längst nicht mehr nur um Beton und Stahl, so Rieckhof – sondern um „Elektrifizierung, Digitalisierung und Konnektivität.“

Für die digitale Versorgung sorgen

Wichtig sei es etwa, beim Straßenbau immer auch für die digitale Versorgung zu sorgen, sprich: gleich die Breitbandkabel mit zu vergraben. Durch den Rückkauf der Energienetze gehören die Hamburger Verkehrs- und Lichtanlagen nun wieder der Stadt, was bei der Digitalisierung ein großer Vorteil sei, sagt Rieckhof. Sollte die neue Bundesregierung das geforderte Investitionsprogramm auf den Weg bringen, würde auch Hamburg mit Hunderten Millionen Euro profitieren. Zentrale Vorhaben sind intelligente Verkehrssteuerung, neue Schnellbahnen, mehr E-Busse, E-Taxis und die Anschaffung abgasarmer städtischer Nutzfahrzeuge.