Hamburg. Wirtschaftsvertretung scheitert bei der IHK Nord mit ihrem Reformantrag. Ehrbarer Kaufmann will sich lossagen.

Die Handelskammer Hamburg ist mit ihrem Vorstoß zur Reform der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord gescheitert. Der Antrag Hamburgs ist von allen übrigen elf Kammern des Arbeitskreises norddeutscher Wirtschaftsvertretungen abgelehnt worden. Auch die Androhung Hamburgs, die IHK Nord zu verlassen, habe daran nichts geändert. „Nach einer erst 2015 abgeschlossenen Strukturreform innerhalb der IHK Nord bringt uns eine neuerliche Grundsatzdebatte nicht weiter“, sagte der Vorsitzende der IHK Nord, Wolfgang Blank. Für die Kammer ist es der zweite Rückschlag. Kurz nach seiner Wahl musste der neue Präses Tobias Bergmann im Sommer einräumen, die Pflichtbeiträge als sein zentrales Versprechen nicht wie angekündigt ab 2020 abschaffen zu können.

Wie berichtet hat das Präsidium der Handelskammer Hamburg beschlossen, Ende 2018 aus der IHK Nord auszutreten. Grund sind die hohen Kosten der Mitgliedschaft. Allerdings ließ Bergmann ein Hintertürchen offen: Die Kammer werde ihre Kündigung bei der IHK Nord zurücknehmen, wenn diese die von Hamburg gewünschten Reformen umsetzt. Dazu sehen die übrigen Handelskammern im Norden aber keinen Anlass. Sie sind mit der derzeitigen Struktur zufrieden. Hamburgs Vorschläge zur Reform der IHK seien zu pauschal, zu unkonkret und zu wenig inhaltlich, hieß es aus dem Mitgliederkreis. Tatsächlich lässt Hamburgs Antrag vieles im Unklaren.

Optimierung der Kosten-Nutzen-Relation

So ist darin von einer Optimierung der Kosten-Nutzen-Relation die Rede und von einer „strukturellen Weiterentwicklung der IHK Nord“. Genauer beschrieben werden die Punkte nicht. „Die Handelskammer Hamburg will ihre konkreten Anregungen zur Weiterentwicklung der IHK Nord in die Gremien unserer Arbeitsgemeinschaft einbringen. Diese finden dann Eingang in die regelmäßigen Diskussionen über die Optimierung der Arbeit der IHK Nord“, sagte Blank. Eine Kündigung der Mitgliedschaft liege aus Hamburg nicht vor. Bergmann hält diese Pläne aber aufrecht: „Wir sind für norddeutsche Zusammenarbeit. Aber für 240.000 Euro Mitgliedsgebühr ist der Ertrag der IHK Nord einfach zu gering.“

Das Ergebnis der IHK-Nord-Sitzung sei, dass die Handelskammer Hamburg nun in ihren Gremien konkrete Vorschläge zur Reform der IHK Nord erarbeiten werde. „Finden diese in die Arbeit der IHK Nord keinen Eingang, werden wir im Plenum über den Austritt beraten“, so Bergmann. Will Hamburg aus der Nord-Kammergemeinschaft Ende 2018 aussteigen, muss die Kündigung im September erfolgen. Wie berichtet ist der Alleingang Hamburgs auf scharfe Kritik ge­stoßen. Der Vorstandssprecher der Haspa, Harald Vogelsang, sprach beispielsweise von einer „kaum wiedergutzumachenden Katastrophe“.

Hintergrund ist, dass Hamburg beim Hauptgremium aller Kammern, dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), nur eine von 79 Stimmen hat. Über die IHK Nord, die immerhin über zwölf Stimmen verfügt, konnte Hamburgs Wirtschaft bisher ihre eigenen Interessen gebündelt vorbringen – etwa zur Elbvertiefung. „Uns haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Anrufe besorgter Unternehmer aus Hamburg erreicht, die vor einem Austritt Hamburgs warnen“, sagte der Geschäftsführer der IHK Nord, Malte Heyne.

Auch bei den anderen Kammern stößt Hamburgs Vorgehen auf Unverständnis. „Ich habe Herrn Bergmann vor einem solchen Schritt gewarnt. Der Norden braucht eine starke gemeinsame Stimme“, sagte der Präsident der Oldenburgischen Industrie- und Handelskammer, Gert Stuke. „Aber wenn Hamburg aus der IHK Nord austritt, werden wir ohne die Hansestadt weitermachen.“

„Unabhängigkeit ist nicht billig“

Unterdessen treibt die „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg“ (VEEK) ihre Loslösung von der Handelskammer voran. „Wir haben für uns beschlossen, eigenständiger zu werden“, sagte der Vorsitzende der VEEK, der Hamburger Versicherungsmakler Gunter Mengers. „Deshalb werden wir bei unserer Mitgliederversammlung am 22. November über eine Satzungsänderung beraten.“ Die Lösung von der Kammer geschehe im Konsens, betonte Mengers. „Die wollen sich ja auch von einer Reihe ihrer Verpflichtungen lösen.“

VEEK und Handelskammer haben eine lange gemeinsame Geschichte: Schließlich ist aus der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns im Jahr 1665 die Commerz-Deputation, die Vorläuferin der heutigen Handelskammer, gewählt worden. Die Handelskammer stellt der VEEK Büroräume zur Verfügung und unterstützt sie finanziell – dem Vernehmen nach mit einem hohen fünfstelligen Betrag. Zudem hat sie ein Mitspracherecht bei den Vorstandswahlen der VEEK. Das soll jetzt geändert werden. Mengers will nicht ausschließen, dass die Mitgliedsgebühren der VEEK für den Preis der Eigenständigkeit steigen müssen. „Unabhängigkeit ist nicht billig“, sagte er. Die Mitgliederzahl wachse dennoch glücklicherweise an.