Hamburg. Der Wunschkandidat für die Nachfolge von Hans-Jörg Schmidt-Trenz springt ab. Ist das Gehalt für den Posten zu niedrig?

Wenn heute das Plenum der Handelskammer zu seiner monatlichen Routinesitzung zusammentritt, mag sich mancher Unternehmer über die Tagesordnung wundern. Entscheidend ist weniger, was auf dem Sitzungsplan steht, als das, was nicht darauf steht: die Berufung eines neuen Hauptgeschäftsführers. Seit der langjährige Inhaber dieses Postens, Hans-Jörg Schmidt-Trenz, im Mai gehen musste, ist die Stelle vakant. „Spätestens im Oktober soll der neue Hauptgeschäftsführer berufen werden“, hatte Präses Tobias Bergmann im Sommer versprochen. Jetzt ist November, und Deutschlands größte und politisch einflussreichste Kammer ist weiterhin ohne hauptamtliche Führung.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass man sich im Präsidium lange nicht einigen konnte. Insgesamt fünf Kandidaten seien in der engeren Wahl gewesen. Doch der Kandidat, auf den sich das Präsidium schließlich verständigt hatte, sei abgesprungen, erfuhr das Abendblatt aus Kreisen des Gremiums. Nun würden die anderen Bewerbungen noch einmal geprüft. „Es gibt noch keinen Termin für eine Nachbesetzung“, sagte eine Kammersprecherin dazu. Mehr könne sie nicht sagen.

Top-Job mit geringerer Bezahlung

Von Hamburgs Unternehmern war aber schon länger zu hören gewesen, dass es der Kammer schwerfallen dürfte, einen geeigneten Kandidaten für die Hauptgeschäftsführung zu finden. In Hamburgs Wirtschaft ist das zwar ein Top-Job, allerdings mit einer geringeren Bezahlung als früher: So viel wie ein Wirtschaftssenator dürfe der künftige Hauptgeschäftsführer verdienen, hat das Plenum beschlossen, ohne eine konkrete Summe zu nennen. Bisher standen 150.000 Euro im Raum. Das wäre deutlich weniger, als der Amtsvorgänger erhielt: Schmidt-Trenz hatte ein Jahresgehalt von rund einer halben Million Euro bekommen – und sich damit den Zorn der Kammer-Rebellen zugezogen.

Diese hatten seine Entlassung zum Wahlkampfthema gemacht und nach der Übernahme der Mehrheit im Kammerplenum alsbald durchgesetzt. „Es ist eine politische Entscheidung“, sagte damals Tobias Bergmann als Chef der Gruppe „Die Kammer sind Wir!“. Es gebe keine Vertrauensbasis mehr. Tatsächlich war Schmidt-Trenz aber der Stuhl vor die Tür gestellt worden, weil er für das neue Plenum die alte Kammer repräsentierte – und eben weil sein Gehalt zu hoch war.

Unmut im Plenum

Selbst im Plenum gibt es nun Unmut: „Für die inhaltliche Weiterentwicklung der Kammer wäre es sehr wichtig, einen Hauptgeschäftsführer zu haben. Umso bedauerlicher ist, dass es dem Präsidium immer noch nicht gelungen ist, den Posten zu besetzen“, sagt Niels Pirck, Geschäftsführer der Haspa Direkt und unabhängiges Mitglied im Kammerplenum.

Immerhin in einem Punkt scheint der ehemalige Amtsinhaber Schmidt-Trenz entlastet zu sein: Der Vorwurf, er habe sich die private Mitgliedschaft im CDU-Wirtschaftsrat von der Kammer bezahlen lassen, soll nicht weiterverfolgt werden, war aus dem Präsidium zu erfahren. In seiner Septembersitzung hatte das Plenum eine genaue juristische Prüfung verlangt, nachdem bekannt geworden war, dass die Kammer ihrem Hauptgeschäftsführer von 1999 an die Mitgliedsbeiträge im CDU-Wirtschaftsrat über 1600 Euro im Jahr bezahlt hat. Die Mitgliedschaft sei vom gesetzlichen Kammerauftrag gedeckt und Teil der dienstlichen Tätigkeit von Schmidt-Trenz gewesen, hieß es nun aus der Rechtsabteilung der Kammer. Das interne Verfahren sei korrekt eingehalten worden. Zu diesem Ergebnis sei auch die Rechnungsprüfungsstelle gekommen.

Auflösung von Ausgleichsrücklagen

Unklar ist aber weiterhin, ob das Plenum heute die ehemalige Kammerführung für den Jahresabschluss 2016 entlasten wird. Bei einer früheren Befassung war diese Entlastung noch verweigert worden, weil sich Zweifel an dem Wert des Handelskammer Innovation-Campus (HKIC) ergeben hatten. Dabei handelt es sich um das der Kammer gegenüberliegende Gebäude am Adolphsplatz, das die Hamburg School of Business Administration (HSBA) beherbergt.

Wie ein Sachverständigengutachten nun gezeigt hat, muss das Gebäude deutlich niedriger bewertet werden als bislang geschehen: In den Büchern fallen deshalb zusätzliche Abschreibungen von 7,7 Millionen Euro an. Anders als beim ehemals erarbeiteten Jahresabschluss ein kleines Plus, ergibt sich dadurch für die Kammer ein sattes Jahresminus von 5,8 Millionen Euro. Durch die Auflösung von Ausgleichsrücklagen wird dieses aber auf ein Minus von 1,3 Millionen Euro gesenkt. Der Innenausschuss der Kammer hatte sogar für eine noch deutlichere Abschreibung des HKIC plädiert, konnte sich im Präsidium damit aber nicht durchsetzen. „Ob das Plenum angesichts dieser Wertberichtigung Schmidt-Trenz die Entlastung erteilt, bleibt abzuwarten“, hieß es aus der Kammerführung. Der Streit über die Zukunft des Hauses geht weiter.