Hamburg. Fabio V. (18) begleitete den Schwarzen Block in Altona. Eine Bewährungsstrafe möglich. Die Verteidigung will Freilassung.

Zwei Beamte schieben Fabio V. über den Gang des Amtsgerichts, dann bleibt er plötzlich kurz stehen, zeigt ein scheues Lächeln. „Fabio, Fabio“, rufen die Wartenden, der Staat solle ihn endlich freilassen. Für die linke Szene ist der schmale 18 Jahre alte Italiener ein Sündenbock der Politik nach den G-20-Krawallen im Juli – für die Staatsanwaltschaft ist er trotz dünner Beweislage ein Straftäter.

Es ist der zweite Termin des wohl bislang umstrittensten Prozesses nach der Randale. Die Anklage wirft Fabio V. eine Beteiligung an dem Schwarzen Block vor, der am Rondenbarg in Altona mit einer Staffel der Polizei zusammenstieß. Zwar gilt als sicher, dass Fabio V. nicht mit Steinen und Pyrotechnik auf die Beamten geworfen hat. Aber durch sein Beisein habe er Straftaten so „befördert“, als hätte er sie selbst begangen. Fabio V. wurde nach dem Zusammenstoß von Beamten aufgegriffen und sitzt seit vier Monaten in Untersuchungshaft.

Anwältin beantragt, Verfahren einzustellen

Seine Anwältin Gabriele Heinecke prescht am Dienstagmorgen vor der geplanten Befragung mehrerer Zeugen mit dem Antrag vor, das Verfahren gänzlich einzustellen. Es habe eine Vorverurteilung ihres Mandanten in diversen Medien gegeben – sie führt auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) an, der sich „harte Strafen“ für Krawallmacher gewünscht hatte. Bereits im Haftbeschluss waren Fabio V. „schädliche Neigungen“ vorgeworfen worden – dabei wurde er zuvor nicht einmal psychologisch untersucht. Die Vorsitzende Richterin des Schöffengerichts vertagt die Entscheidung über den Antrag der Verteidigung aber, will mit der Beweisaufnahme beginnen.

Fabio V. hat eine handgeschriebene Stellungnahme mitgebracht, die er verliest. Der Angeklagte referiert mit entschlossener Stimme seine Gründe, zum G-20-Protest nach Hamburg zu kommen: Er habe an die Politik der USA und Russlands gedacht, auch an seine Heimat: „dieser unbeschreiblich schöne Ort“ in den Voralpen, der aber immer mehr Großfirmen und Tourismus zum Opfer falle. „Ich mag Gewalt nicht“, sagt Fabio V. Dennoch habe er sich entschieden, für seine Ideale „zu kämpfen“. Zu jenem Morgen am Rondenbarg will Fabio V. sich aber weiterhin nicht äußern.

Überwachungsbilder sollen helfen

Ein Zivilfahnder der Polizei schildert vor Gericht, wie sich die Gruppe von etwa 200 „überwiegend“ Schwarzvermummten „sehr schnell und zielstrebig“ vom Volkspark in Richtung Rondenbarg bewegte. Die Staatsanwaltschaft setzt auf Überwachungsbilder, die belegen sollen, dass Fabio V. den Aufzug von Anfang an begleitete. „Er wusste genau, was das Ziel war“, heißt es in Ermittlerkreisen. Die Staatsanwaltschaft beantragte, den Haftbefehl aufrechtzuerhalten – gleichzeitig signalisierte sie, dass am Ende eine Bewährungsstrafe für Fabio V. ausreichen könnte. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.