Hamburg. Im Cook up in Eimsbüttel steht fast jede zweite Woche ein anderer Koch am Herd – die ideale Probebühne für junge Talente.

Viele Köche verderben den Brei? An der Weidenallee 27 in Eimsbüttel ist man gegenteiliger Meinung. Zehn Jahre lang führte Lutz Bornhöft hier das Restaurant Juwelier, aber irgendwann verlor er die Lust. Zu zeit- und kostenintensiv war seine gehobene Abendgastronomie, und vor allem wollte er mal etwas anderes wagen. So wurde er zu Deutschlands erstem Koch-Scout.

Der 41-Jährige sucht permanent neue Kochtalente, die sich in seinem Laden für einen gewissen Zeitraum ausprobieren dürfen. Die ihr Können präsentieren und schauen, wie es bei den Gästen

Im Restaurant Cook up! im Eimbüttel kocht fast jede Woche ein anderer Koch.
Im Restaurant Cook up! im Eimbüttel kocht fast jede Woche ein anderer Koch. © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

ankommt. „Experimentelle Restaurantgalerie“, nennt Bornhöft sein Konzept.

Der aktuelle Künstler, der sein Talent auf dem Teller ausstellt, heißt Nils Kaffke. Eigentlich studiert der 28-Jährige Architektur an der Uni Hamburg, aber „momentan fühlt es sich so an, als würde ich lieber Koch werden wollen“, sagt Kaffke und lacht. In der offenen Küche sieht man ihn rotieren, viel Platz nimmt der schlanke Koch nicht weg. „Junge, iss doch mal was!“, möchte man ihm zurufen, aber das tut er ja. Ausschließlich vegane Speisen allerdings. Bunte Gemüsebowls, Steinpilz Tortellini, Blattsalat mit gepopptem Reis, Hokkaido Kürbis, Schokopralinen mit Waffeln und Früchten – Gerichte wie diese bietet er bis zum 13. November im Cook up an.

Ein erfolgreicher Koch muss nicht nur kochen

Ein bisschen aufgeregt sei er schon, gibt Kaffke zu, denn vieles kocht er zum ersten Mal: „Jeden Tag Premieren, das ist mir am liebsten.“ Natürlich hat er schon in einigen anderen Küchen mitgearbeitet, beispielsweise in dem inzwischen geschlossenen Restaurant Leaf in Ottensen. Aber für einen eigenen Laden fehlen ihm noch die Routine und die Erfahrung. „Jeder Abend hier bringt mich meinem eigenen Restaurant näher“, sagt Kaffke.

Viele würden unterschätzen, was alles dazugehöre, ein Gastronom zu sein, erklärt Bornhöft. Der Einkauf, die Vorbereitungen, das Eindecken, die Kosten, das Personal, die Auflagen vom Amt – ein erfolgreicher Koch muss nicht nur kochen.

Als erfahrener Koch kann Bornhöft Starthilfe geben. Er berät bei der Speisekarte, unterstützt bei der Kalkulation, kennt gutes Personal und weiß, wie man auf sich aufmerksam macht. Mit einem seiner Schützlinge ist er sogar mal zum Gewerbeamt gegangen. Insofern bekommen die Jungköche, die sich hier gegen eine Tagesmiete einkaufen, nicht nur den Raum und das Inventar gestellt, sondern auch eine langjährige Expertise on top. „Man mietet mich mit“, sagt Bornhöft und nimmt mal eben eine Bestellung an Tisch eins entgegen. Wo er gerade schon mal da ist.

Bereit für Veränderungen

„Oh, heute nur veganes Essen?“, fragt ein Gast. Die Herausforderung eines Pop-up-Restaurants ist zugleich seine Stärke: Das Angebot wechselt ständig. Während es gestern noch deftige Hausmannskost gab, wird in dieser Woche Gemüse serviert und danach Flammkuchen. Das Publikum muss bereit sein für Veränderungen. Dafür erhält es an ein und demselben Ort ständig etwas Neues. Restaurant, wechsle dich. „Finde ich großartig“, sagt ein anderer Gast. „Es gibt doch genug andere Orte, wo man planbar essen kann.“

Im Cook up servierte bereits eine Israelin Matbucha, Yemenite und Mala­wach, ein Mexikaner kombinierte seine glutenfreien Tacos mit sieben verschiedenen Salsas, eine Gruppe von Kochfreunden zerlegte ein komplettes Rind in eine Vielzahl köstlicher Gerichte. Die Variationsmöglichkeiten sind grenzenlos. 20 verschiedene Kochkonzepte wurden bislang getestet, acht davon in die Tat umgesetzt. Die Köche führen nun ihr eigenes Restaurant. Das Leche de Tigre in Ottensen und die Taquería „Mexiko Straße“ auf St. Pauli etwa hatten ihren Ursprung im Cook up.

Von Mitte November an gibt es hessische Hausmannskost

Sogar ein Bierbrauer hat hier „gekocht“. Ende Oktober kombinierten die Macher des Hamburger Craftbiers „Von Freude“ ihr Kreationen aus Wasser, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe mit deftiger Wirtshausküche. Martin Schupeta und seine Freundin wollten ihr Produkt bekannter machen, es aus der Nischenecke für Experten und Liebhaber herausrücken. „Auf den Verkostungen wird immer nur probiert, in einem Restaurant wie diesem richtig konsumiert“, sagt Schupeta, der Banker war, bevor er sich 2014 einen riesigen Kochtopf bei Ikea besorgte, um daheim in seiner Eppendorfer Küche sein erstes eigenes Bier zu brauen. Er besaß keinerlei Fachwissen, hatte sich nur ein gutes Rezept und Zutaten besorgt und dann losgelegt. Seinen Job bei der Bank kündigte er bald, zu gut schmeckte das, was er herstellte.

Der 39-jährige Schupeta steht Veränderungen also offensichtlich positiv gegenüber. „Aber plötzlich Gastronom zu sein, das ist schon extrem anstrengend“, sagt er. Ohne die Hilfe von Lutz Bornhöft wäre es schwierig geworden.

Vom 14. November an ist der Gasthof Blauer Bock zu Gast im Cook up, dann wird hessische Hausmannskost serviert, zum Glück ohne das typische Eiche-rustikal-Ambiente.

Die Slots im Cook up sind bis Februar belegt; wer danach an der Weidenallee in den Töpfen rührt, weiß Bornhöft noch nicht. Er ist sich jedoch sicher: „Wir werden weiterhin Kochkünste ausstellen.“