Hamburg. Nicht nur Bücher, auch das Rahmenprogramm der Messe bietet bei freiem Eintritt allerlei zum Kieken, Hören un Köpen.

Plattdüütsch leevt – Plattdeutsch lebt, eine Parole, die von immer weniger und von immer älteren Leuten ausgesprochen wird. Das Ganze klingt trotz des niederdeutschen Unterrichtsangebots, trotz Volkshochschulen, NDR 90,3 und Ohnsorg-Theater doch häufig wie das trotzige Pfeifen im Walde. Niederdeutsche Verlage geben auf, die Zahl der Titel sowie die Auflagen schrumpfen, und viele Autoren sind gezwungen, ihre Neuerscheinungen als Books on Demand im Selbstverlag herauszugeben.

Und dennoch ist auch in diesem Jahr wieder eine bemerkenswerte Ernte niederdeutscher Literatur zu regis­trieren, die die Carl-Toepfer-Stiftung sorgfältig gesammelt hat und die sie am Sonnabend und Sonntag als 20. Plattdeutsche Buchmesse im renovierten Lichtwarksaal und in der Niederdeutschen Bibliothek in der Hamburger Neustadt präsentiert.

„Böker satt op Platt“ lautet das Motto

„Böker satt op Platt“ lautet das Motto für alle Norddeutschen, die sich von der ehemaligen niederdeutschen Muttersprache angesprochen fühlen. Doch nicht nur Bücher, auch das Rahmenprogramm bietet bei freiem Eintritt allerlei zum Kieken, Hören un Köpen. Gerd Spiekermann („Komm mi nich an der Farv!“), Ines Barber („Passt, wackelt un hett Luft!“) sowie andere Autorinnen und Autoren lesen an beiden Tagen im Lichtwarksaal, und am Sonntag um 10 Uhr hält Pastorin Annette Sandig eine Evangeelsche Messe op Plattdüütsch im Michel.

In der Liste der Neuerscheinungen fällt auf, dass weniger Belletristik in Platt als Erklärendes und Literaturwissenschaftliches über Platt zu finden ist. Ein Name lässt allerdings stutzen: Der HSV-Stadionsänger Lotto King Karl hat einen Asterix-Band („Asterix boaie Brieden“) ins Hamburgische übersetzt, wobei es hierbei sicherlich nicht um den literarischen Wert geht. Der literarische Wert ist jedoch entscheidend beim „Plattdeutschen Buch des Jahres“, das die Carl-Toepfer-Stiftung jährlich auszeichnet.

Hunderte von Leitfäden

Der 1. Preis gebührt nach Ansicht der Jury unter dem Vorsitz von Dirk Römmer diesmal dem weithin unbekannten Autor Arnold Maxwill aus Dortmund für sein Werk „Bilder. Schriftbilder. Sprachspiele – Heinrich Schürmann“. Diesem Buch dürfte ein Nischendasein beschert sein, während die zweitplatzierte Erzählung „De nee bremsche Ungloben“ von Hartwig Ohlenbusch durchaus Neugier erweckt. Hierin geht es um einen „Globensstriet in der Tiet van der Refor­matschoon“, um das Überschwappen der Luther’schen Lehren von Bremen ins Oldenburgische.

Es gibt Hunderte von Leitfäden, in denen Hochdeutschen das Plattdeutsche gelehrt werden soll. Eine Neuerscheinung aus der Mundart-Reihe des Langenscheidt-Verlags sticht dabei hervor: „Plattdeutsch ist (k)eine Kunst!“ im Großformat. Auf den rechten Seiten sind Kunstwerke von Weltgeltung abgebildet, denen mit Pfeil­strichen plattdeutsche Erklärungen lustiger Art zugeordnet sind, auf den linken Seiten stehen die Lexika „für Außernordische“ mit den Vokabeln. Dieses Buch bietet sowohl für Anfänger als auch für eingefleischte Plattdeutsche Spaß und Lehrreiches.

Der „Sass“ der Fehrs-Gilde, das Standardlexikon für plattdeutsche Rechtschreibung, liegt in der 8. Auflage vor (Wachholtz-Verlag, Neumünster). Es enthält nicht nur einen plattdeutsch-hochdeutschen Teil, sondern praktischerweise auch einen hochdeutsch-plattdeutschen Teil. Die niederdeutschen Verben sind jetzt übersichtlich mit Flexion in den Anhang gewandert, sodass etwa das Partizip Perfekt oder der Imperativ auf einen Blick zur Verfügung steht.

Hilfreich sind auch die abgedruckten Alltagssätze, wenn man etwa einen alten Dorfbewohner ansprechen will. Wie fordere ich den Altenteiler auf, sich zu setzen? Weest Se so goot un sett Se sik hen! Oder Grüße auftragen? Grööt Se tohuus! Jochen Wiegandt, dessen Hamburger Liederbücher inzwischen Standardwerke sind und der sich auch dem mundartlichen Liedgut anderer Regionen gewidmet hat, präsentiert „Hallo, hier Hamburg!“ mit Liedtexten und ihren Geschichten. Es muss allerdings nicht immer Hamburg von heute und gestern sein. Auch neue Lieferungen des Pommerschen Wörterbuchs und des Mittelniederdeutschen Handwörterbuchs werden ausgestellt.

20. Plattdeutsche Buchmesse:
Sonnabend, 4. November, 11 bis 18 Uhr, und Sonntag,
5. November, 11 bis 16 Uhr, im Lichtwarksaal (Neanderstraße 22) und in der Niederdeutschen Bibliothek (Peterstraße 36).
Eröffnung und Preisverleihung: Sonnabend,
11 Uhr, Niederdeutsche Bibliothek.Autorenlesungen an beiden Tagen im Lichtwarksaal.

Evangelische Messe op Platt:
Sonntag, 10 bis 11.30 Uhr in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis (Englische Planke).

Rock op Platt:
Abschlusskonzert am Sonntag um 16 Uhr in der Bibliothek (Peterstraße 36).