Hamburg. BUND-Kritik: Hamburg hat 2010 beschlossenen Biotopverbund nicht ausgewiesen. Nabu bereitet eine Volksinitiative vor.

Naturschützer haben kritisiert, dass es in Hamburg noch immer keinen sogenannten Biotopverbund gibt. Laut Bundesnaturschutz­gesetz von 2002 ist jedes Bundesland verpflichtet, ein solches Netz miteinander verbundener Biotope (Lebensräume) für wild lebende Pflanzen und Tiere zu schaffen. Im Jahr 2010 hatte die Bürgerschaft in einem eigenen Umsetzungsgesetz festgelegt, dass Hamburg mindestens 15 Prozent seiner Fläche als Biotopverbund ausweisen soll. Im Koalitionsvertrag von 2015 haben sich SPD und Grüne erneut zur Schaffung eines Biotopverbunds verpflichtet.

„Der Biotopverbund überwindet die Verinselung und Verkleinerung natürlicher Lebensräume“, heißt es auf der Internetseite der Umweltbehörde. „Mit dem Biotopverbund wird eine naturschutzfachliche Strategie zur Sicherung seltener Arten und Lebensräume und zur Verbesserung ökologischer Wechselbeziehungen geschaffen.“ Ziel ist es, dass Arten sich ausbreiten können, ohne durch unüberwindliche Barrieren (etwa Verkehrsachsen) daran gehindert zu werden. „Verbundsysteme sollen den genetischen Austausch zwischen Populationen, Tierwanderungen sowie natürliche Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse gewährleisten“, schreibt das Naturschutzbundesamt.

Kein Verbundgebiet ausgewiesen

Das Problem in einem wachsenden Stadtstaat wie Hamburg: Hier könnte die Ausweisung eines Biotopverbunds den dringend nötigen Wohnungsbau behindern. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) vermutet, dass dies der Grund dafür ist, warum sieben Jahre nach der Verabschiedung des Hamburger Gesetzes noch immer kein Verbundgebiet ausgewiesen wurde.

„Die Festlegung eines Biotopverbunds in Hamburg ist mehr als überfällig“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. „Die SPD und allen voran Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt mauern sogar trotz anders lautender Vereinbarungen im Koalitionsvertrag“, so Braasch. „Damit wird eins deutlich: Es soll um jeden Preis weitergebaut werden, Regelwerke, die Grünbereiche in Hamburg schützen, stören und sind nicht gewollt.“

Nabu bereitet eine Volksinitiative vor

Die Umweltbehörde des grünen Senators Jens Kerstan will sich dieser Deutung nicht anschließen. „Natürlich haben wir diese Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag auf der Agenda, eine Drucksache dazu ist bereits in Vorbereitung“, sagte Behördensprecher Jan Dube am Mittwoch. „Das Verfahren bis zu einem Senatsbeschluss wird sich bis 2018 hinziehen, da hier auch eine Öffentlichkeitsbeteiligung geplant ist.“

Der Streit über den Biotopverbund ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass Naturschutz und Wohnungsbau in Hamburg zunehmend in Konkurrenz geraten. Der Naturschutzbund Nabu bereitete derzeit eine Volksinitiative vor, die den Grünschwund in Hamburg stoppen oder zumindest deutlich einschränken soll. Im Dezember will der Nabu mit dem Sammeln von Unterschriften beginnen. Ziel ist ein Volksentscheid parallel zur Bürgerschaftswahl 2020 oder zur Bundestagswahl 2021.

Stadtentwicklungssenatorin Stapelfeldt (SPD) hatte dem Nabu im Abendblatt-Interview am vergangenen Montag „unnötiges Misstrauen“ attestiert. Die Landschaftsschutzgebiete sollten „im großen Maßstab“ erhalten bleiben, so Stapelfeldt. Es werde lediglich „im Einzelfall geringe Eingriffe geben“.