Hamburg. Im Städtevergleich hat nur Berlins Polizei mehr zu tun als die Hamburger. Pro Jahr werden rund 240.000 Straftaten begangen.
Jeder Beamte der Hamburger Kripo muss – rein rechnerisch – 149 Fälle pro Jahr bearbeiten. Das geht aus den Daten der Kriminalstatistik und dem Personalschlüssel der Polizei hervor. Demnach stehen 1608 Kripobeamte 239.230 Straftaten im Jahr gegenüber.
Hamburg gehört damit zu den meistbelasteten Städten und liegt etwa gleichauf mit Bremen. Noch mehr Fälle hat ein Kripobeamter in Berlin zu bearbeiten (188 pro Jahr). Im Polizeipräsidium München sind es pro Beamter dagegen lediglich 99 Fälle. Das bedeutet, jeder Hamburger Kripobeamter muss pro Jahr 50 Fälle mehr bearbeiten als ein Münchner Kollege, was rund 50 Prozent Mehrbelastung entspricht.
Rechnet man die Zahl der Schutzpolizisten mit ein und zählt zu den Straftaten die Zahl der Verkehrsunfälle hinzu, ergibt sich ein anderes Bild. Dort liegen Berlin und Bremen mit statistisch jeweils 42 Fällen pro Polizeibeamtem im Jahr an der Spitze. In Hamburg sind es demnach rund 35 Fälle, die jeder der 8758 Polizeibeamten durchschnittlich zu bearbeiten hat. Im Polizeipräsidium München sind es im Schnitt sogar nur 32 Fälle für jeden Vollzugsbeamten.
Aufklärungsquote von 43,8 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt
Die hohe Arbeitsbelastung der Hamburger Kripo spiegelt sich auch in der Aufklärungsquote wider. Sie beträgt 43,8 Prozent. Damit liegt die Hansestadt weit unter dem Bundesdurchschnitt von 56,2 Prozent und laut Statistik des Bundeskriminalamts auf dem drittschlechtesten Platz der 80 größten deutschen Städte. München, wo die Kripo weniger belastet ist, liegt die Aufklärungsquote bei 68,3 Prozent. In Berlin, wo die Kriminalisten mehr Fälle als in Hamburg zu bearbeiten haben, liegt die Aufklärungsquote nur bei 42 Prozent. Die Bundeshauptstadt ist damit das Schlusslicht in Deutschland.
Zum Vergleich: In Stuttgart, wo jeder Kripobeamte 140 Fälle – also nur neun Fälle weniger als in Hamburg – bearbeiten muss, werden sogar 63 Prozent aller Straftaten aufgeklärt. Ein Grund für die schlechte Aufklärungsquote in Hamburg ist die hohe Zahl der „Massendelikte“, bei denen es wenig Ermittlungsansätze gibt. Dazu gehören Fahrraddiebstahl, Taschendiebstahl und Autoaufbrüche. 52.523 dieser Taten wurden im Jahr 2016 gezählt. Sie machen rund 22 Prozent der Kriminalität in Hamburg aus. Nur 2218 Taten wurden aufgeklärt. Das sind nur 4,2 Prozent.
Im Langzeitvergleich steht Hamburg besser da als 2001
Bei schweren Straftaten sieht die Statistik anders aus. 9769 Fälle von Tötungsdelikten, Raub, Sexualdelikten oder schwerer und gefährlicher Körperverletzung wurden 2016 in Hamburg angezeigt. 6730 wurden aufgeklärt. Das entspricht einer Aufklärungsquote von 69 Prozent. Allerdings entfallen nur 4,1 Prozent aller Straftaten auf diese Delikte.
Im Langzeitvergleich hat sich die Situation in Hamburg verbessert. 2001, einem Jahr mit der höchsten Kriminalität in Hamburg, sind 318.528 Straftaten registriert worden. Das waren 79.000 mehr als im vergangenen Jahr. 2001 entfielen auf jeden Kripobeamten statistisch sogar 219 Fälle. Das sind 71 mehr als 2016. Die Aufklärungsquote bei schweren Straftaten lag bei 55,1 Prozent. Die Zahl der Massendelikte, die wenig Ermittlungsansätze bieten, lag damals bei 67.492 Taten – knapp 15.000 Fälle mehr. Damals gab es zwar rund 4000 Fahrraddiebstähle weniger als 2016, und die Zahl der Taschendiebstähle war mit 9634 Fällen sogar nur fast halb so hoch wie voriges Jahr. Dafür gab es damals viel mehr Autoaufbrüche als heute. 44.207 Fälle weist die Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2001 aus. Das sind rund 2,7-mal so viele wie 2016.
Viele Aufgaben tauchen nicht in der Statistik auf
Der Anteil an der Gesamtkriminalität war mit 21,2 Prozent aber sogar etwas niedriger als 2016 (rund 22 Prozent). Obwohl die Zahl der Straftaten 2001 deutlich höher und die Zahl der Kripobeamten deutlich niedriger war (und jeder von ihnen mehr Fälle bearbeiten musste), lag die Aufklärungsquote bei 46,5. Prozent. Das waren gut drei Prozentpunkte mehr als 2016.
„Die Zahlen lassen, rein auf die Kernaufgaben reduziert, schon einen interessanten Vergleich zwischen den Städten zu“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Das Beispiel München zeigt schon recht deutlich, dass eine gute personelle Ausstattung der Polizei sich positiv auf die Kriminalitätsbelastung auswirkt.“ Solche Zahlen bildeten aber nicht die tatsächliche Belastung der Beamten ab. Heute seien viele Aufgaben dazugekommen, die einen vorbeugenden Charakter hätten und sich in keiner Statistik wiederfänden. Lenders: „Ich denke da beispielsweise an alle Aufgaben rund um die Terrorgefahr. Hier sind wirklich alle Sparten der Polizei deutlich mehr gefordert.“
Die Hamburger Kriminalpolizei hat sieben Abteilungen
In Hamburg sind alle Kripobeamten beim Landeskriminalamt angesiedelt. Im LKA 1 sind unter anderem alle Kripodienststellen, die in der Regel in den Polizeiwachen, sind, zusammengefasst. Dort wird die „Alltagskriminalität“ bearbeitet. Das LKA 4 ist für Tötungs- und Sexualdelikte, aber auch Milieukriminalität und Brandermittlung zuständig. Das LKA 5 bearbeitet Wirtschaftskriminalität. Hier fallen auch Massendelikte an, die mit Betrug im Internet zu tun haben. Das LKA 6 ist für organisierte Kriminalität im weitesten Sinne, also auch für schwere Rauschgiftkriminalität zuständig. Der Staatsschutz (LKA 7) bekämpft politisch und religiös motivierte Kriminelle. Das LKA 2 ist für Unterstützungsaufgaben zuständig. Im LKA 3 findet sich die Kriminaltechnik.