Hamburg. Tom Enders will künftig lieber den Absatz der CS300 des kanadischen Herstellers als den des selbst gebauten A319neo steigern.
Die vor wenigen Tagen beschlossene Ehe mit Bombardier führt bei Airbus zu einer Veränderung der Verkaufstaktik. Der europäische Flugzeugbauer will künftig verstärkt die CS300 des kanadischen Herstellers verkaufen. Man werde auf Kosten des eigenen, etwa gleich großen A319neo die CS300 pushen, sagte Vorstandschef Tom Enders der Agentur Bloomberg. Das Aus für den kleinen Jet in der A320-Familie, die rund zur Hälfte in Hamburg endmontiert wird, bedeute das aber nicht, sagte Unternehmenssprecher Stefan Schaffrath dem Abendblatt.
„Natürlich verkaufen wir den A319 noch. Und wir werden ihn auch weiter anbieten, weil viele Kunden die ganze Familie fliegen wollen“, sagte Schaffrath. Auf diese Weise erzielen Airlines Synergieeffekte. Beispielsweise können Piloten problemlos auch auf den größeren A320- und A321-Maschinen eingesetzt werden. Die C-Serie komme nur als neues Angebot hinzu, so Schaffrath. Letztlich entscheide der Kunde, welchen Jet er bestellt. Das Flugtestprogramm für den A319neo, der seinen Erstflug Ende März feierte, laufe weiter, so der Sprecher.
Man erhofft sich Lerneffekte
Allerdings werde von CFM-Triebwerken auf Pratt & Whitney gewechselt. Offenbar erhofft man sich Lerneffekte. Denn der US-Hersteller testet derzeit verbesserte Triebwerksteile, nachdem die Motoren immer wieder Probleme machten. An dem Ziel, rund 200 A320neo in diesem Jahr auszuliefern, hält Fabrice Brégier, Chef der Flugzeugsparte, dennoch fest.
Für den A319 hat Airbus noch Aufträge über 75 Stück in den Büchern. 51 davon sollen in der neo-Variante mit den spritsparenden Triebwerken und nach oben gebogenen Flügelspitzen (Sharklets) ausgeliefert werden. In diesem Jahr kamen aber netto nur sieben Exemplare hinzu. Perspektivisch könnte also durch mangelnde Neuaufträge das Aus für den Jet drohen. Denn technologisch ist die CS300 weiter. „Die C-Serie ist in jeder Hinsicht ein hochmodernes Flugzeug, eines der modernsten Flugzeuge im Bezug auf Cockpit und Material“, sagte Enders. Man werde Schnittstellen mit den Airbus-Modellen etwa beim Cockpit, bei der Avionik und bei den Verbundwerkstoffen suchen.
Jet ist deutlich leichter
Der kanadische Jet wurde Ende 2016 erstmals ausgeliefert. Er punktet mit einem höheren Anteil an Kohlefaserverbundwerkstoffen. Dadurch ist der Jet deutlich leichter als der aluminium-lastige und Anfang der 90-er-Jahre konstruierte A319. Das senkt auch den Treibstoffverbrauch. Von der Kapazität sind beide Flugzeuge vergleichbar. Die CS300 fasst maximal 160 Sitze, der A319neo maximal 156.
Die Europäer hatte am Dienstag mitgeteilt, 50,01 Prozent an der Mittelstreckenflugzeugsparte von Bombardier zu übernehmen. Dazu gehört neben der CS300 auch die kleinere CS100, die für 99 bis 135 Passagiere Platz bietet. Damit konkurriert sie mit der kleinsten Airbus-Variante A318, für die es keine Aufträge mehr gibt. Der Typ wird auch nur noch Privatkunden angeboten.