Hamburg. Mit der Uhrumstellung Ende Oktober steigt die Zahl der Straftaten wieder. Die Soko Castle hält in Hamburg dagegen.
Es ist ein Phänomen, nach dem man die Uhr stellen kann. Wenn am Sonntag des letzten Oktoberwochenendes die Uhren um eine Stunde zurückgestellt werden, beginnt mit der dunklen Jahreszeit auch wieder die Hochzeit der Einbrecher. „Die Einbruchszahlen gehen exakt ab dem Tag wieder hoch“, weiß Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Das zeigt auch die Statistik der vergangenen Jahre – die Kurve sieht aus wie die Strecke einer Berg- und Talbahn. Deshalb will die Polizei jetzt die Hamburger sensibilisieren. Denn die meisten Taten, weiß die Chefin der Soko Castle, Alexandra Klein, passieren in der Dämmerungszeit, wenn eben doch noch mehr Menschen auf der Straße sind.
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Einbrecher sollte man möglichst schnell fassen. „Nur noch 46 Prozent der ermittelten Täter sind in Hamburg wohnhaft“, sagt Frank Martin Heise, Leiter des Landeskriminalamtes. „Der Rest sind reisende Täter, die dummerweise sehr schnell wieder weg sind.“ Deshalb sind Zeugen so wichtig. „Wie der HSV und St. Pauli die Fans im Stadium brauchen, so brauchen wir die Hamburger an unserer Seite“, so Polizeipräsident Meyer. Auch die Soko Castle wird wieder aufrüsten. Wie in den Vorjahren wird ein kompletter Einsatzzug zusätzlich dauerhaft im Dienst sein. Laut Soko-Chefin Klein wird die Sonderkommission bis zum Frühjahr wieder um die 100 Beamte stark sein.
Einbrecher weichen ins Umland aus
Dass die Einbruchszahlen zurückgehen – in diesem Jahr waren es 4252 Taten bis Ende September, im Vorjahr 5804 im gleichen Zeitraum –, hat vermutlich auch ein bisschen mit dem sogenannten Verdrängungseffekt zu tun. Hamburgs Polizei, das spricht sich bei den Einbrechern herum, tut viel. Sie meiden offenbar vermehrt die Stadt und weichen ins Umland aus, wo mittlerweile ebenfalls Sondereinheiten zur Einbruchskriminalität gebildet wurden. Polizeipräsident Meyer ist über diesen Verdrängungseffekt „halbtraurig“. Für die Hamburger bedeutet er mehr Sicherheit.
Mehr Sicherheit dürfte auch die hohe Zahl der zunächst weggesperrten Täter bringen. Von rund 300 seit dem Start am 1. August 2015 von der Soko festgenommenen Einbrecher gingen laut Klein rund 270 in Untersuchungshaft. Dazu habe auch die bessere Vernetzung mit ausländischen Sicherheitsbehörden beigetragen, die Erkenntnisse mit Hamburg teilen. So werden viele Festgenommene, die im Ausland eine kriminelle Karriere hatten, hier nicht mehr wie Ersttäter behandelt.
Ihren Anteil daran hat auch die Staatsanwaltschaft, die zum 1. September vergangenen Jahres eine Spezialabteilung zur Bekämpfung der Wohnungseinbruchs-Kriminalität einrichtete, der mittlerweile drei Staatsanwälte angehören. Die Spezialisierung habe zu einer „eindeutig höheren Qualität der Strafverfolgung geführt“, sagt der Leiter der Staatsanwaltschaft, Ewald Brandt. Damit bestehen erweiterte Kapazitäten, umfassend und nachhaltig gegen Serientäter zu ermitteln, Verfahren auch aus Nachbarländern zu übernehmen und zwecks Anklageerhebung zu verbinden.
Rund 400 Ermittlungsverfahren
Zugleich wurde die Abnahme von DNA-Proben und ein Abgleich mit bestehenden DNA-Dateien zur Standardmaßnahme; Spurentreffer führen zu wichtigen zusätzlichen Informationen hinsichtlich überregional agierender Täter. Seit ihrer Einrichtung sind in der neuen Schwerpunktabteilung der Staatsanwaltschaft bis zum 31. August dieses Jahres rund 400 Ermittlungsverfahren anhängig. In 133 Fällen saßen beziehungsweise sitzen die Verdächtigen in Untersuchungshaft.
Dennoch ist nach Überzeugung von Brandt die Aufgabe, Hamburg sicherer zu machen, noch nicht erfüllt. „Es besteht kein Anlass, die Strafverfolgung zurückzufahren“, betont der Behördenleiter. Brandt weiß selber genau, wie es sich anfühlt, von Einbrechern heimgesucht zu werden. Zweimal bereits stiegen Täter in den vergangenen Jahren in das Haus des Juristen ein, plünderten unter anderem die Spardosen seiner Kinder. „Für die Opfer von Einbrüchen geht es nicht nur um materielle Schäden. Der Täter dringt auch tief in den Nahbereich des Opfers ein“, erläutert Brandt. Es gibt Geschädigte, die so stark leiden, dass sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Wohnung auch nur zu betreten, und die dann umziehen müssen.