Hamburg. Allein die Familie Otto verfügt über ein Vermögen von rund 13 Milliarden Euro. Sie steht auf dem ersten Platz des Rankings.
Das "manager magazin" hat in einem Sonderheft die Liste mit den 1001 reichsten Deutschen veröffentlicht. Darunter sind auch zahlreiche Hamburger. Das Abendblatt veröffentlicht die Rangliste der 80 reichsten Hamburger und ausgewählte Familienporträts. Bei den Vermögensangaben handelt es sich um Schätzungen. Bewertungsgrundlagen sind Recherchen in Archiven und Registern sowie bei Vermögensverwaltern, Anwälten, Bankmanagern und Vertretern der Rangliste selbst.
Vermögen 13 Mrd. Euro / Platz 1: Die Ottos
Das Hamburger Otto-Imperium geht auf das Jahr 1949 zurück. Damals gründete Werner Otto im Alter von 40 Jahren den Werner Otto Versandhandel. Über Jahrzehnte war der Otto-Katalog fester Bestandteil in den Wohnzimmerregalen der Bundesrepublik. Man schmökerte, suchte aus und orderte Kleidung, Waschmaschinen, Fernsehgeräte oder Spielzeug. Bestellschein abgeschickt – und wenige Tage später klingelte der Paketbote und brachte die Waren ins Haus. Mit den Slogans „Otto-Versand – Hamburg“ und „Otto ... find’ ich gut“ wuchs eine ganze Generation auf. Doch der 2011 verstorbene Werner Otto wollte die Produkte nicht nur versenden, sondern Deutschlands Konsumenten auch in selbst konzipierte Shoppingmeilen locken. So gründete er 1965 den Vorläufer des heutigen Einkaufscenter-Betreibers ECE.
Die ECE, die heute von Werner Ottos Sohn Alexander geleitet wird, betreut mittlerweile Immobilien im Wert von 31 Milliarden Euro und beschäftigt 3600 Mitarbeiter. Alexanders älterer Bruder Michael steht hinter dem großen Schwesterunternehmen Otto Group, zu dem die Einzelgesellschaft Otto (der frühere Versand), der Paketversender Hermes, der Modeanbieter Bonprix und viele andere Firmen gehören. 50.000 Mitarbeiter erwirtschaften für die Otto Group einen Umsatz von 12,5 Milliarden Euro.
7,4 Milliarden Euro / Platz 2: Die Familie Herz
Es ist keine Seltenheit, dass Milliardäre öffentlichkeitsscheu sind. Mitglieder der Hamburger Unternehmerfamilie Herz zeichnen sich in dieser Hinsicht allerdings ganz besonders aus. Das gilt auch für Michael und Wolfgang Herz, zwei der fünf Kinder von Max Herz, der im Jahr 1949 die Firma Tchibo als Kaffeeversandhandel gründete.
Von Michael Herz heißt es, er habe schon als Kind auf dem Betriebsgelände von Beiersdorf in Eimsbüttel gespielt. Heute leitet er die Holding-Gesellschaft Maxingvest, die 100 Prozent der Anteile an Tchibo und die Mehrheit am Nivea-Hersteller Beiersdorf hält. Maxingvest wiederum gehört den Familien von Michael und Wolfgang Herz sowie der gemeinnützigen Max und Ingeburg Herz Stiftung. Nach einem lang anhaltenden Richtungsstreit hatte Günter Herz, der älteste der Tchibo-Erben, im Jahr 2003 gemeinsam mit seiner Schwester Daniela die Anteile am Familienbesitz abgegeben. Zusammen strichen die beiden vier Milliarden Euro dafür ein.
Außer der Abneigung gegen öffentliche Auftritte verbindet die drei noch lebenden Söhne von Max Herz ein exklusives Hobby, das schon der Vater pflegte: Sie alle züchten Pferde.
4,5 Milliarden Euro / Platz 3: die Fielmanns
Erst vor wenigen Monaten sorgte Günther Fielmann für Schlagzeilen, als sein Vertrag als Vorstandschef der nach ihm benannten Optikerkette um drei weitere Jahre verlängert wurde. Eigentlich eine ganz normale Personalie, wäre Fielmann nicht schon 78 Jahre alt. Der Brillenkönig kann nicht loslassen. Der Mann, der mit der Brille zum Nulltarif („Und mein Papi hat keinen Pfennig dazubezahlt“) Anfang der 1980er-Jahre die Optikerbranche revolutionierte. Brillen umsonst findet man zwar heute so gut wie keine mehr bei Fielmann, dafür gibt es die Geschäfte an fast jeder Ecke in den deutschen Innenstädten. Das börsennotierte Unternehmen verfügt über mehr als 700 Filialen in Europa, macht einen Jahresumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro und beschäftigt fast 18.000 Mitarbeiter.
Die Geschichte mit der Vertragsverlängerung bis ins hohe Alter hat übrigens einen einfachen Grund: Günther Fielmanns Kinder sind noch zu jung, um die börsennotierte Aktiengesellschaft zu führen. So sieht es zumindest der Senior. Sohn Marc (28) und seine jüngere Schwester Sophie-Luise (23) werden allerdings schon seit vielen Jahren auf ihre Führungsrollen in Deutschlands größter Optikerkette vorbereitet. Marc ist mittlerweile Marketingvorstand und die rechte Hand seines Vaters in dem Führungsgremium, treibt unter anderem die Expansion in Italien voran. Und auch Sophie-Luise, die gerade ihren Master in Cambridge macht, soll – geht es nach dem Vater – eine nicht zu geringe Rolle im Unternehmen geschäftlich spielen. Dass ein familienfremder Manager sein Lebenswerk an der Spitze der Fielmann AG fortsetzt – für den Gründer eigentlich unvorstellbar.
2,5 Milliarden Euro / Platz 6: die Schnabels
Den meisten Fahrgästen, die regelmäßig mit der S-Bahn – aus dem Süden kommend – Richtung Hauptbahnhof unterwegs sind, dürfte nahe der Haltestelle Hammerbrook das riesige weiße Bürogebäude mit dem roten Schriftzug HELM schon aufgefallen sein. Aber wer oder was verbirgt sich dahinter? Die Antwort darauf würden die meisten Fahrgäste wohl schuldig bleiben. Europas größter konzernunabhängiger Chemikalienhändler hat seinen Sitz hier in diesem eher schmucklosen Gewerbegebiet. Und das Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz von fast sieben Milliarden Euro und 1500 Mitarbeitern ist im Besitz der Hamburger Kaufmannsfamilie Schnabel.
Gegründet und aufgebaut vom mittlerweile verstorbenen Hermann Schnabel, lenkte Sohn Dieter über mehrere Jahrzehnte die Geschicke des Chemie- und Pharmagiganten. Doch die Schnabels gingen einen ganz anderen Weg bei der Übergabe der Führungsposition als zum Beispiel die Fielmanns. Als Dieter Schnabel sich Anfang 2012 aus dem operativen Geschäft zurückzog, bestimmte er Hans-Christian Sievers zu seinem Nachfolger – einen familienfremden Manager, der allerdings schon viele Jahre Erfahrung in der Helm AG sammeln konnte und das volle Vertrauen der Eigentümer genießt. Dieter Schnabels Sohn Stephan kam damals noch nicht zum Zug, nahm aber schon mal im Vorstand Platz. Und obwohl Sievers’ Vertrag erst vor Kurzem bis zum Jahr 2021 verlängert wurde, hat Stephan beste Aussichten, das Familienunternehmen danach in der dritten Generation zu lenken.
0,9 Milliarden Euro / Platz 10 und 0,8 Milliarden Euro/Platz 12: die Familien Lange und Wolf
Als der Gabelstaplerbauer Jungheinrich Anfang 2016 eine neue Konzernzentrale in Wandsbek einweihte, waren zwei ältere Damen als Ehrengäste dabei: Ursula Lange und Hildegard Wolf, beide um die 80 Jahre alt, sind die Töchter des Firmengründers Friedrich Jungheinrich, und ihre beiden Familien sind die alleinigen Besitzer der stimmberechtigten Stammaktien des Konzerns; an der Börse notiert sind lediglich die stimmrechtslosen Vorzugsaktien.
Anfang der 1950er-Jahre als Werkstatt in Barmbek gegründet, ist Jungheinrich heute mit 15.000 Mitarbeitern und mehr als drei Milliarden Euro Umsatz einer drei weltweit größten Hersteller von Lager- und Logistiktechnik. Die Palette reicht von Handhubwagen über Diesel- und Elektrostapler bis zu kompletten Lagertechnik-Ausstattungen.
Der Wert der Firmenanteile von Ursula Lange und Hildegard Wolf wird auf je 0,8 Milliarden Euro geschätzt. Die Familie von Ursula Lange besitzt aber noch ein weiteres Unternehmen, dessen Name zwar in der Öffentlichkeit nicht sehr bekannt ist, die Produkte hingegen schon: Zu Hansa-Heemann aus Rellingen gehören Mineralwassermarken wie Fürst Bismarck, Hella, St. Michaelis und Nordquell. Die Firma mit rund 800 Beschäftigten füllt außerdem Limonaden, Energydrinks und Fruchtsäfte für Discounter wie Aldi ab.
0,7 Milliarden Euro / Platz 14: die Heinemanns
Wer viel mit dem Flugzeug unterwegs ist, der kennt sie: die Duty-Free-Shops der Gebr. Heinemann. Bereits in der vierten Generation leiten die Cousins Claus und Gunnar Heinemann die Hamburger Traditionsfirma. Gegründet wurde Gebr. Heinemann schon 1879. Es ist das größte Familienunternehmen auf dem weltweiten Reisemarkt. 6000 Beschäftigte erzielen einen Jahresumsatz von 3,8 Milliarden Euro. Die Hamburger beliefern nicht nur zahlreiche internationale Flughäfen, sondern auch Fluggesellschaften und Kreuzfahrtschiffe in mehr als 100 Ländern mit einem großen Sortiment zollfreier Waren. Bereits 2009 bekamen die Cousins den Hamburger Gründerpreis für ihr Lebenswerk. Ans Aufhören haben die beiden aber noch nicht gedacht.
0,7 Milliarden Euro / ebenfalls Platz 14: Dieter Becken
Dieter Becken investiert nicht nur in Immobilien, er kennt sie von Grund auf: Vor dem Architekturstudium absolvierte er eine Maurerlehre. Als Siebenjähriger war er mit der Familie Ende der 1950er-Jahre aus der DDR nach Hamburg gekommen. Sein Traum war es, selbstständig zu arbeiten, und so begann er mit dem Bau und Verkauf von Eigenheimen.
Bald wurden die Immobilien, mit denen er sich beschäftigte, deutlich größer. Becken prägte das Stadtbild Hamburgs mit Gebäuden wie dem Berliner Bogen, dem Deichtor-Center und dem Polizeipräsidium in Winterhude. 2006 verkaufte er seinen Bestand für 635 Millionen Euro an die US-Bank Morgan Stanley, nur um im Jahr darauf mit deutschlandweiten Investitionen neu zu starten. „Immobilien sind für mich viel mehr als nur Beton, Stahl und Glas“, sagt Becken. Er sieht sie vor allem als Lebensräume für Menschen.
0,5 Milliarden / Platz 18: Thomas Eckelmann
Wäre der Titel „Mister Hafen“ nicht schon an den verstorbenen Hamburger Wirtschaftssenator Helmuth Kern vergeben, würde er den Unternehmer Thomas Eckelmann trefflich beschreiben. Über das Unternehmen Eurokai halten er und seine Familie Beteiligungen in vielen großen Häfen der Welt, nicht nur bei Eurogate in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. In La Spezia, Gioia Tauro, Ravenna, Salerno, aber auch in Cagliari auf Sardinien, in Tanger (Marokko), Limassol (Zypern) und neuerdings Bandar Abbas (Iran) hat Eckelmann Beteiligungen an Containerterminals.
Das macht ihn reich. Das Vermögen der Familie Eckelmann wird auf eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Den Grundstock dazu hat freilich noch Thomas’ Vater Kurt Eckelmann gelegt. Der Mann, der die heutige Norm für Container mitbestimmt hat, baute ab 1961 das bedeutendste privatwirtschaftliche Containerterminal Deutschlands auf. Thomas baute es aus.
0,4 Milliarden Euro / Platz 31: die Wempes
Als Jugendliche hatte Kim-Eva Wempe überlegt, aus der Reihe zu tanzen: Sie wollte Balletteuse werden. Nach dem Abi verdiente sie erstes Geld als Gärtnerin. Aber das frühe Aufstehen war nicht ihres. Nach ein paar Monaten entschied sie sich 1984, die Familientradition fortzusetzen und in die Juwelierkette einzusteigen. Ihr Vater Hellmut hatte zuvor expandiert. Von Barmbek aus ging es mit eigenen Geschäften in Städte wie Lübeck, Köln, München, später in Metropolen wie New York und Paris.
Die Betriebswirtin, die 2003 die Leitung übernahm, entwarf die Schmuckmarke By Kim und kaufte in Glashütte eine Sternwarte, um darin eigene Uhren zu fertigen – vom Händler wurde die 1878 gegründete Firma zum Produzenten. Heute gehören zum Wempe-Reich 35 Filialen, darunter zwei auf den Kreuzfahrtschiffen „Europa“ und „Europa 2“. Der Umsatz liegt bei mehr als einer halben Milliarde Euro. Ob auch die fünfte Generation einsteigt? Immerhin schloss Sohn Scott schon als Kind einen Piratenvertrag – per Daumenabdruck. Tochter Chiara interessiert sich für Schmuckdesign.
0,3 Milliarden Euro / Platz 39: die Blocks
Mittlerweile findet man Block House sogar auf Mallorca. Als Gründer Eugen Block im Jahr 1968 in Winterhude sein erstes Steakhaus eröffnete, wird er mit diesem Erfolg seiner Idee kaum gerechnet haben. 50 Block-House-Restaurants gibt es heute, zehn davon im Ausland. Die Idee ist so einfach wie genial. Fleisch und Beilagen kommen exakt portioniert und vorbereitet in die Steakhäuser. Sie werden dort nur noch gegrillt oder erhitzt – und dem Gast serviert. Gastronomie als System – diese Idee hat Eugen Block perfektioniert. Mittlerweile hat er eigene Rinder und eine Schlachterei. Hinzu kommen das Hamburger Luxushotel Grand Elysée mit dem Edelrestaurant Theo’s, die Burgerkette Jim Block und das Block Bräu an den Landungsbrücken. Etwa 2400 Mitarbeiter erwirtschaften in der Holding einen Umsatz von 368 Millionen Euro.
Am geschäftlichen Erfolg Eugen Blocks, der erst vor wenigen Wochen für sein Lebenswerk mit dem Hamburger Gründerpreis ausgezeichnet wurde, kann es keinen Zweifel geben. Dabei ist er als Unternehmer nicht immer den einfachen Weg gegangen – auch wenn es die eigenen Kinder betraf. Weder Christina (44) noch Dirk (42) noch Philipp (39) sind heute in der Firmenleitung aktiv. Mit Dirk, der bereits in der Geschäftsführung aktiv war, überwarf sich der Vater – unter anderem wegen Fragen des Mobiliars. Dirk geht nun beruflich seinen eigenen Weg. Christina ist noch „Botschafterin“ im Grand Elysée. Und Philipp arbeitet im Personalwesen außerhalb der Block-Gruppe. Zumindest bei den Anteilen an dem Gastronomie-Imperium hat man einen Familienfrieden geschlossen. Vater Eugen hält 76 Prozent, die drei Kinder haben jeweils acht Prozent.
0,2 Milliarden Euro / Platz 56: Ludwig Görtz
Nicht „Mama“ oder „Papa“ war sein erstes Wort, sondern „Schuh“ – das erzählte Mutter Görtz über ihren Sohn Ludwig. Die Leidenschaft für Leisten und Leder war ihm in die Wiege gelegt. Mit 26 Jahren stieg er in die Firma ein, die sein Urgroßvater Johann Ludwig Görtz 1875 in Barmbek gegründet hatte. Aus der Familientradition auszuscheren wäre „damals etwas geradezu Unerhörtes gewesen“, so Görtz. Ab 1980 leitete er die Schuhkette.
Etwa alle zehn Jahre verdoppelte der „Schuhkönig“ den Umsatz. Bis zu 240 Filialen umfasste das Imperium, das ihm und seinen Brüdern Friedrich und Thomas gehörte. Doch 2011 rutschte es auch wegen der Onlinekonkurrenz in die roten Zahlen. Die Filialzahl sank auf 160, ein Finanzinvestor stieg ein. Anfang 2017 vermeldete ein neues, familienfremdes Führungsduo die Trendwende. Man sei profitabel und expandiere wieder.
11 Milliarden: Klaus-Michael Kühne
Wenn der Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne in der Liste der reichsten Hamburger auftauchen würde, stünde er auf Platz zwei, gleich hinter den Ottos. Aber den Sitz seiner Spedition Kühne + Nagel hat er bereits in den 1960er-Jahren in die Schweiz verlegt. Dort lebt Kühne auch selbst, in Schindellegi am Zürichsee. Seine Bedeutung für seine Geburtsstadt, sein wirtschaftliches, kulturelles und sportliches Engagement sowie seine öffentliche Teilhabe am Leben in Hamburg machen seine Berücksichtigung unter den reichsten Hamburgern aber unumgänglich – auch wenn Kühne seine Steuern woanders bezahlt.
Über die Kühne Holding hält er mehr als 55 Prozent an der Kühne + Nagel AG. Mit einem Umsatz von 16,5 Milliarden Schweizer Franken und einem Reingewinn von 720 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet 673 Millionen Euro) gehört sie zu den Schwergewichten der Branche. Die Dividende betrug 2016 mehr als fünf Euro pro Aktie. Kühne ist mehrfacher Milliardär. Ihm gehören knapp 18 Prozent an der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd und 20 Prozent an dem Hamburger Schienenlogistik-Konzern VTG.
Den meisten Hamburgern ist er aber anders vertraut: als Sponsor beim HSV, als Stifter der Kühne Logistics University, als Hotelier mit dem neuen The Fontenay an der Alster und als Spender für die Elbphilharmonie.