Hamburg. Die Übernahme durch den dänischen Branchenprimus Maersk kostet jeden zehnten Job in der Stadt. Betriebsrat kritisiert Pläne scharf.
Die Traditionsreederei Hamburg Süd verliert bei der Übernahme durch den dänischen Konzern Maersk jeden zehnten Arbeitsplatz. Von 1015 Stellen in Deutschland, die sich mit der Ausnahme eines kleinen Büros in Bremen ausschließlich in Hamburg befinden, sollen 131 abgebaut werden. 19 neue Planstellen sollen geschaffen werden. Das gab die Geschäftsführung von Hamburg Süd bei einer Betriebsversammlung am Freitag bekannt.
Vor allem im operativen Bereich möchte der neue Eigentümer Kosten senken. Dabei gehe es um Bereiche wie die Logistik oder Netzwerk (Schiffseinsatzplanung), kündigte die Geschäftsführung an. Ziel sei es, durch einen gemeinsamen Größenvorteil mit Maersk operative Ausgaben zu senken und die Auslastung der Maersk-eigenen Terminals zu verbessern. Wie berichtet, erwartet Maersk-Chef Søren Skou durch die Übernahme von Hamburg Süd Synergien von 320 bis 365 Millionen Euro pro Jahr. Nicht betroffen von dem Stellenabbau seien Marketing und Vertrieb, die IT und der Kundenservice.
Stellenabbau ist Folge der Übernahme durch Maersk
Der Stellenabbau ist Folge des künftigen Geschäftsmodells, das Hamburg Süd nach Abschluss der Übernahme durch Maersk voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres verfolgen wird. Dieses neue Geschäftsmodell bestünde nicht darin, dass Maersk seine Strukturen auf Hamburg Süd überträgt, betonten Geschäftsführer Ottmar Gast und sein designierter Nachfolger Arnt Vespermann bei der Betriebsversammlung. Vielmehr werde die Hamburger Reederei als selbstständiges, separates Unternehmen erhalten. „Strukturen werden nur insoweit angepasst, als es notwendig ist, um die Synergien zu erzielen, die man erreichen möchte“, sagte eine Unternehmenssprecherin nach dem Treffen.
Die Arbeitnehmervertreter sehen das völlig anders. Von größtmöglicher Selbstständigkeit könne nicht die Rede sein, sagte die Betriebsratsvorsitzende Sabine Fischbach dem Abendblatt. „Dass ausgerechnet im operativen Bereich des Unternehmens – also im Schiffsmanagement – Stellen abgebaut und Funktionen nach Kopenhagen verlegt werden, trifft die Mitarbeiter besonders. Wir sind damit eigentlich keine Reederei mehr“, so Fischbach. Insgesamt sei die Belegschaft zwar betrübt, sie habe die Mitteilung aber gefasst aufgenommen.
Alle Hamburg-Süd-Schiffe werden künftig aus Kopenhagen geführt
Nach Informationen des Abendblatts sollen künftig alle 116 Schiffe der Hamburg Süd, darunter 48 eigene, von der Maersk-Zentrale in Kopenhagen aus geführt werden. Die 1400 Mitarbeiter auf See werden neue Verträge erhalten, die zwar ähnlich ausgestaltet sind wie bisher, künftig kommen sie aber nicht mehr von Hamburg Süd, sondern von Maersk. Zu befürchten ist auch, dass die Schiffe von Hamburg Süd künftig nicht mehr unter deutscher Flagge fahren werden. „Das ist eine Entscheidung, die der neue Eigner treffen wird. Hierzu können wir heute keine Aussage machen“, sagte die Sprecherin von Hamburg Süd.
Die Geschäftsführung wird Anfang kommender Woche die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern aufnehmen. Ziel sei der Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplans. Es sollen bestmögliche und sozialverträgliche Lösungen für alle betroffenen Mitarbeiter gefunden werden“, so die Firmensprecherin. Betriebsbedingte Kündigungen hat das Unternehmen aber bisher nicht ausgeschlossen. „Wir fragen uns auch, wie sich der Stellenabbau erklären lässt“, sagte Betriebsrätin Fischbach. „Darüber werden wir verhandeln.“
Hamburg Süd fiel es als Einzelkämpferin zunehmend schwerer
Die Hamburg-Süd-Gruppe hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro erzielt und ist dank ihrer großen Kompetenz im Lateinamerikahandel und ihres treuen Kundenstamms bisher besser durch die Schifffahrtskrise gekommen als zahlreiche Mitbewerber. Dennoch kann auch sie sich nicht von der allgemein gedämpften Entwicklung und dem niedrigen Niveau der Frachtraten abkoppeln.
Zudem wäre es dem Unternehmen angesichts des Konsolidierungsprozesses in der Branche und des Entstehens großer Reedereiverbünde schwergefallen, als Einzelkämpferin auf Platz sieben der weltgrößten Schifffahrtsbetriebe zu überleben. Ende des vergangenen Jahres hatten die bisherigen Eigner von Hamburg Süd, das Bielefelder Familienunternehmen Dr. Oetker, deshalb angekündigt, kein Kapital mehr in die Schifffahrt investieren zu wollen und den Verkauf an Maersk voranzutreiben.
Schon damals hatte es Befürchtungen gegeben, dass Maersk, die unangefochtene Nummer eins auf den Weltmeeren mit einem Jahresumsatz von mehr als 30 Milliarden Euro, das viel kleinere Hamburger Unternehmen vollständig schlucken könnte.