Hamburg. Behörde plant neue Gebühren. Unternehmensverbände sind alarmiert und schreiben Brandbrief an Wirtschaftssenator Frank Horch.
Die Unternehmen im Hafen lehnen sich gegen die Hamburg Port Authority (HPA) auf. Der Grund ist ein neues Tarifsystem beim Hafengeld für Binnenschiffe, welches die Hafenverwaltung zum 1. Januar 2018 einführen will. Die Wirtschaft wirft der Behörde vor, damit faktisch eine Hafen-Maut zu verlangen.
Der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) und der Hafenschifffahrtsverband (HSVH) fordern Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) in einem gemeinsam verfassten und von allen Vorstandsmitgliedern unterzeichneten Brandbrief dazu auf, das Vorhaben der Hafenbehörde zu stoppen. Der Gebührenkatalog soll in einer HPA-Aufsichtsratssitzung im Dezember beschlossen werden. Horch ist Chef des Kontrollgremiums.
Abgaben sollen verdoppelt werden
Die Erhebung von Hafengeld ist üblich. Schiffe, die den Hamburger Hafen besuchen, müssen eine Hafenbenutzungsgebühr entrichten. Und es ist auch nicht ungewöhnlich, dass sich die Hafenunternehmen über Anpassungen der Gebühren beschweren. Doch in diesem Fall ist es anders. Bei den Hafen- und Binnenschiffen will die HPA dem Protestbrief zufolge besonders zuschlagen: Die Abgaben sollen quasi verdoppelt werden. Zudem wird bemängelt, dass kleinere Schiffe im Verhältnis stärker belastet würden als größere.
Stein des Anstoßes ist aber vor allem, dass eine neue Gebühr für einen Kundenkreis eingeführt wird, der bisher nichts bezahlen musste: Binnenschiffe, die von außerhalb ohne Zwischenstopp Industriekunden direkt beliefern, waren von Gebühren ausgenommen. Das betrifft beispielsweise die mit Kupfererzkonzentrat beladenen Schuten, die mehrfach pro Woche von Brunsbüttel zur Kupferhütte Aurubis fahren, damit dort der Rohstoffnachschub nicht ausbleibt. Auch diese sollen künftig Gebühren entrichten. Damit würde das neue Hafengeld „de facto der Einführung einer Maut für Wasserstraßen gleichkommen“, heißt es in dem Schreiben.
Bei Hamburgs Konkurrenten, Bremerhaven oder Rotterdam, gibt es so etwas nicht. Der gesamte Rhein ist beispielsweise für Binnenschiffe frei zu befahren. „Das neu vorgestellte System enthält erhebliche Entgelterhöhungen sowie Ungleichbehandlungen und erstmalig neu eingeführte Entgelte, die zusätzlich zu den kürzlich massiv erhöhten Gebühren für schwimmende Anlagen als Kostenblock auf das Gewerbe und die Hafenkunden zukommen sollen“, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben von UVHH und HSVH.
Laut HPA ist der neue Tarif erforderlich, um die jährlichen Ausgaben für die Unterhaltung der Infrastruktur zu bezahlen – also vor allem die Kosten für das Ausbaggern des Hafenschlicks. Würde sie die Ausgaben nicht von den Firmen zurückfordern, könnte die Europäische Union das als „verbotene Beihilfen“ sehen, so die Begründung. „Das entspricht nicht den Tatsachen“, heißt es nun in dem Brief an Horch. „Es ist auch insofern ungerecht, die Binnenschiffer damit zu belasten, weil ihre Schiffe gar nicht so viel Tiefgang haben, dass ihretwegen extra gebaggert werden müsste“, sagte ein Schutenbetreiber. Knapp 100 Millionen Euro hat die HPA im vergangenen Jahr für das Baggern von Schlick ausgegeben.
Politisch pikanter Vorstoß
Politisch pikant ist der Vorstoß der Hafenverwaltung, weil er dem Willen der rot-grünen Regierungskoalition zuwiderläuft. SPD und Grüne hatten nämlich im Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie die Binnenschifffahrt stärken wollen, um die Zahl der Lkw-Transporte im Hafen zu verringern. Ziel ist es, den Kohlendioxidausstoß im Hafen zu verringern und Staus auf den neuralgischen Hafenrouten wie der Köhlbrandbrücke zu verringern.
Robert Eckelmann, Chef der Carl Robert Eckelmann AG, eines der ältesten Unternehmen im Hafen, hat dafür kein Verständnis: „Unsere Kunden können diese Politik gegen den umweltfreundlichen Wasserweg, der den Straßenverkehr in Hamburg entlastet, nicht verstehen“, sagt er. Eckelmann sieht den Kampf gegen die Tariferhöhung als seine „letzte Amtshandlung“. Er scheidet nach neun Jahren aus dem UVHH-Präsidium aus.
Offizielle Antwort steht noch aus
Eine offizielle Antwort von Senator Horch auf den Brief der Hafenwirtschaft steht noch aus. Auf Anfrage des Abendblatts machte die Wirtschaftsbehörde aber deutlich, dass die Tür für Verhandlungen noch nicht geschlossen sei: „Wir waren zu dem Thema Hafengeld immer im Gespräch mit der Hafenwirtschaft. Und wir befinden uns weiterhin mit ihr im Austausch“, sagte ein Behördensprecher. Inhaltlich wollte er sich aber nicht weiter äußern.
Für Verwirrung sorgte indes ein Rundschreiben namens „Port News“ der hafeneigenen Marketingorganisation. „Hafengeld bleibt preiswert“, lautet die Überschrift. Die Anpassung liege unter dem Inflationsausgleich, heißt es in dem Artikel. Der Streit mit den Binnenschiffern wird nicht erwähnt.