Hamburg. Warum „Xavier“ so hohen Schaden anrichtete, dazu gibt es verschiedene Experten-Meinungen. So gehen die Bezirke mit den Schäden um.
Der kurze, aber heftige Sturm „Xavier“, der vor sechs Tagen in Hamburg wütete und bei dem eine Frau ums Leben kam, hat in der Hansestadt großen Schaden angerichtet. Hunderte Bäume wurden im gesamten Stadtgebiet entwurzelt, viele wurden durch die Sturmböen so massiv beschädigt, dass sie nun gefällt werden müssen. In den sieben Bezirken laufen Aufnahme und Beseitigung der Schäden auf Hochtouren. Und das wird auch noch dauern – nach Auskunft der Bezirksämter noch mindestens zwei Wochen.
Warum „Xavier“ so einen ungewöhnlich hohen Schaden anrichtete, dafür hat Michel Quermann, Forstexperte bei der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation diese Erklärung: „Der Wind kam aus der ‘falschen Richtung’, aus Nordnordost.“ Das sind die Bäume samt Wurzeln nicht gewohnt. Denn sonst kämen die Winde in diesen Breiten eher aus westlichen Richtungen, so Quermann. Zudem seien die Böen ungewöhnlich, sehr kurz und heftig aufgetreten. „,Xavier‘ hat besonders alte und starke Bäume betroffen.“
Bäume haben viel Angriffsfläche geboten
Meteorologen widersprechen dieser Erklärung. "Es hat einen sogenannten Windsprung von Südwest auf Nordwest gegeben", sagt Alexander Hübener vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation. Ungewöhnlich seien diese Windrichtungen nicht. Dass "Xavier", bei dem es sich um einen sogenannten Schnellläufer handelte, massiven Schaden angerichtet und zahlreiche Bäume entwurzelt hat, habe viel mehr mit der Jahreszeit zu tun. "Viele Bäume weisen noch eine große Belaubung auf und haben somit viel Angriffsfläche geboten", sagt der Wetterxperte. Ungewöhnlich seien zudem die teilweise sehr hohen Windgeschwindigkeiten gewesen.
Hinzu kam nach Angaben von Hübener, dass der Boden durch die kräftigen Regenfälle zuvor sehr nass war. Das habe zur Instabilität der Bäume beigetragen, sagt der Meteorologe.
Behörden warnen vor Besuchen in Parks
Die sieben Hamburger Bezirke warnen unterdessen weiterhin vor Besuchen in Hamburger Parks, Grünanlagen und Wäldern. „Auch nach Beruhigung der Wetterlage ist erfahrungsgemäß mindestens vier Wochen mit einer erhöhten Gefahr durch herabfallende Äste und umstürzende Bäume zu rechnen“, sagt Jacob Löwenstrom, Sprecher des Bezirksamtes Wandsbek. Wälder und Parks sollten vorerst möglichst gemieden werden.
Mit welcher Wucht „Xavier“ Hamburg getroffen hat, ist in der Stadt noch an vielen Orten zu sehen. Auch der Bezirk Eimsbüttel sei von den Auswirkungen des Sturms stark betroffen, sagt Thomas Pröwrock, Leiter des Fachamtes Management des öffentlichen Raumes. „Durch örtlich konzentrierte Windhosen, gepaart mit dem aufgeweichten Boden sind zahlreiche Bäume umgestürzt.“ Allein im Niendorfer Gehege sind rund 20 Bäume auf die Wege gefallen, insgesamt rund 70 Festmeter. Ein Großteil davon sei bereits beseitigt worden.
50 Jahre alten Platanen hielten nicht stand
Gravierende Schäden gibt es zudem im Bereich Hainholz in Niendorf. Dort stürzten acht Bäume um. Im Kleingartenverein Hasenheide waren es fünf etwa 50 Jahre alte Platanen. „Wir haben uns nach dem Sturm sofort einen ersten Überblick verschafft und arbeiten die Schäden nun nach Priorität ab“, sagt Bezirksamtsprecher Kay Becker.
Im Bezirk Bergedorf wird damit gerechnet, dass allein die Baumfällarbeiten noch zwei Wochen dauern werden. „Auf dem ehemaligen Friedhof Lohbrügge sind mehr als 20 Linden bereits umgefallen oder müssen nachträglich aus Sicherheitsgründen gefällt werden“, sagt Gabriele Günter, Sprecherin des Bezirksamtes Bergedorf. Das wird auch negative Folgen für das allgemeine Erscheinungsbild der Anlage haben, „da nun Bäume in den vorhandenen Alleen fehlen“, so Günter.
In Bergedorf wurden auch Gräber beschädigt
Auch auf dem Bergedorfer Friedhof hat „Xavier“ deutliche Spuren hinterlassen. „Dort sind mehr als 80 Bäume umgeweht worden“, sagt die Bezirksamtssprecherin. Selbst Buchen, deren Wurzelteller einen Durchmesser von sechs Metern haben, hielten dem Sturm nicht stand. „Und auch Gräber sind in Mitleidenschaft gezogen worden“, so Günter.
In Harburg sorgte der Sturm für 200 bis 300 Festmeter Sturmholz. „Da es sich überwiegend um Einzelwürfe und -Brüche handelt, können die Aufräumarbeiten noch einige Zeit andauern“, sagt Bettina Maak, Sprecherin des Bezirksamtes Harburg. Sie geht davon aus, dass bis Mitte Oktober die Wege im Wald wieder frei geräumt sind.
Bezirk Nord will auch Spielplätze begutachten
Im Bezirk Nord wird sich die Feststellung des Schadensumfangs nach eigenen Angaben noch über die nächsten Tage erstrecken. „Das Sturmtief hat in den Grünanlagen und an Straßenbäumen beträchtliche Schäden angerichtet“, sagt Jan-Peter Uentz-Kahn vom Bezirksamt Nord. Zudem sei nicht jeder Sturmschaden offenkundig erkennbar.
Um die Schäden festzustellen, will sich der Bezirk den Bestand von rund 40.000 Straßenbäumen, 50.000 Bäumen in Grün- und Erholungsanlagen sowie die rund 140 Kinderspielplätze und einige Kleingartenanlagen anschauen. „Im ersten Angang hatte für das Bezirksamt natürlich absolute Priorität, Schadensstellen zu sichern, von denen erkennbar Unfallgefahren ausgehen“, so Uentz-Kahn. Nun werde die Beseitigung der Schäden “mit Hochdruck“ verfolgt.
Bislang 2500 Schäden bei Feuerkasse gemeldet
Die Bezirke Altona und Hamburg-Mitte können sich noch nicht dazu äußern, wo es zu besonders massiven Schäden gekommen ist. Norman Cordes, Sprecher des Bezirksamtes Mitte sagt lediglich: „Derzeit sind alle verfügbaren Mitarbeiter der Reviere im Außeneinsatz, um die Schäden aufzunehmen, die durch den verheerenden Sturm entstanden sind.“
Der Feuerkasse Hamburg wurden bislang rund 2500 Sturmschäden gemeldet – vor allem beschädigte Dächer und zerschlagene Wintergärten. Das Unternehmen geht von Zahlungen an ihre Kunden in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro aus.