Hamburg. Im neuen Schwarzbuch enthalten sind auch fünf Fälle aus Hamburg. Im Fokus steht eine Hauswand auf der Veddel.
So eine Vorlage musste Lorenz Palte natürlich reinmachen. Dass auf der Veddel eine Hauswand im Rahmen eines Kunstprojekts für 86.000 Euro mit Blattgold verziert werden sollte, hatte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler in Hamburg von Anfang an heftig kritisiert. Er hatte im Rahmen einer Sommertour zu Orten von Steuerverschwendung eine ganze Buslandung potenziell Empörter in das sonst eher vernachlässigte Backsteinviertel gekarrt, und natürlich hat er diesen Fall auch für das jährliche „Schwarzbuch“ des Steuerzahlerbunds angemeldet, Untertitel: „Die öffentliche Verschwendung“.
Die Zentrale des Bunds in Berlin nahm das gern an, und so ist Hamburg mit fünf (von 118) Fällen im Schwarzbuch vertreten, bei denen nach Ansicht des Steuerzahlerbunds insgesamt 102 Millionen Euro verschwendet worden sind. „Es ist den Bürgerinnen und Bürgern, die früh morgens aufstehen, arbeiten gehen und Steuern zahlen, einfach nicht zu vermitteln, dass die Stadt Geld für Blattgold ausgibt, um dieses dann an eine Hauswand zu kleben“, kritisierte Palte am Donnerstag bei der Vorstellung der Hamburger Fälle. Er wolle sich gar nicht als Kunstwächter aufspielen und entscheiden, was Kunst ist und was nicht. Aber der beabsichtigte Effekt, der Veddel mehr Aufmerksamkeit zu bescheren, sei nicht eingetreten: „Ich habe seit drei Monaten nichts über die goldene Wand gelesen.“
Kunst? So goldig glänzt die Veddel
Natürlich gibt es in diesem Fall auch eine andere Sichtweise, für die steht allen voran der Künstler Boran Burchhardt. „Mein Ziel war es, mit dem künstlerischen Akt eine Kommunikation in Gang zu setzen“, hatte er bei der Fertigstellung der goldenen Wand im Juli gesagt. Und die Tatsache, dass sein Projekt drei Monate später immer noch (oder schon wieder) ein Thema ist, dürfte ihn bestätigen.
Geschmackssache im doppelten Wortsinn ist auch das Klima-Kochbuch der Stadtreinigung. Das bietet nicht nur 68 Rezepte zum Nachkochen, sondern klärt auch noch darüber auf, wie viel Kohlendioxid beim Herstellen der Speisen anfällt. Aber warum die Stadtreinigung 22.400 Euro für die Herstellung und kostenlose Verteilung dieses Buches ausgegeben hat, „das entzieht sich meiner Kenntnis“, spottete Palte. Er kritisierte, dass der Senat andererseits gerade eine Straßenreinigungsgebühr einführe, um der Stadtreinigung neue Mitarbeiter finanzieren zu können.
Zwei Softwareprojekte als „digitale Elbphilharmonie“
Ganz objektiv mächtig schiefgelaufen sind hingegen zwei große Hamburger IT-Projekte, die mittlerweile als „digitale Elbphilharmonie“ Berühmtheit erlangt haben: Da ist zum einen die Software „JUS-IT“, mit der die Sozialbehörde alte Computerprogramme für die Bereiche Jugendhilfe, Wohngeld und Sozialämter ablösen wollte. 112 Millionen Euro hatte der damals noch CDU-geführte Senat dafür 2009 veranschlagt. Doch nach immer neuen Pannen und Kostensteigerungen zog der nachfolgende SPD-Senat die Reißleine: Während JUS-IT in der Jugendhilfe und beim Wohngeld läuft, wurde für die Sozialämter 2017 eine andere Software eingekauft. Mehrkosten laut Steuerzahlerbund: 46,2 Millionen Euro. Dennoch sei es „gut, dass die Sozialbehörde endlich die Notbremse gezogen hat“, so Palte. Bei der Personalabrechnungssoftware „KoPers“ hätten Hamburg und Schleswig-Holstein das versäumt und so allein die Hansestadt 55,65 Millionen Euro verschwendet, beklagt der Steuerzahlerbund. Statt 40 Millionen Euro koste das Programm Hamburg mindestens 95,65 Millionen, und statt 2016 werde es frühestens 2020 fertig. Hinzu kämen die Kosten für Schleswig-Holstein, die das Land auf Nachfrage aber nicht genannt habe. „Die Gründe für die Kostenexplosion bei KoPers sind die gleichen wie die beim Bau der Elbphilharmonie“, heißt es im Schwarzbuch. „Keine ausreichende Planung und keine ausreichende Leistungsbeschreibung.“
Vergleichsweise bescheiden nimmt sich da der fünfte Hamburger Fall aus: 2016 wurde die Umgestaltung der Großen Johannisstraße am Rathaus eigens für die Cyclassics unterbrochen und die Baustelle mit einer Asphaltschicht versehen, die kurz nach dem Radrennen wieder weggerissen wurde. Kostenpunkt: 30.000 Euro. Man hätte auch eine andere Strecke nehmen können, meinte Palte und schimpfte: „Das waren 30.000 Euro für die Tonne.“