Helgoland/Hamburg. NDR-Doku-Drama erinnert an die wechselhafte Geschichte der Hochseeinsel. Der Fotograf Franz Schensky steht im Mittelpunkt.

Als die 2500 Überlebenden der britischen Bombardements ihre Heimat Helgoland im Jahr 1945 verlassen mussten, landete auch der Insel-Fotograf Franz Schensky (1871–1957) im „Exil“. Er fand bei seiner Tochter in Schleswig ein neues Zuhause, war aber nur von einem Wunsch beseelt: möglichst bald in seine Heimat zurückzukehren. Keiner zuvor hatte die Insel aus Buntsandstein, 70 Kilometer vom Festland entfernt, so häufig und vor allem so brillant fotografiert wie der international bekannte Schensky, ein Wegbereiter der modernen Schwarz-Weiß-Fotografie.

Die Heimkehr der Insulaner sollte sich auf unbestimmte Zeit verzögern. Ein neues Doku-Drama des NDR-Fernsehens mit dem Titel „Heimat Helgoland – Der Fotograf und seine Insel“ (3. Oktober, 20.15 Uhr) schildert jene Tage vor einem weiteren britischen Bombardement, das als „Big Bang“ in die Geschichte eingehen sollte.

Die Briten planten nämlich zwei Jahre nach Kriegsende eine Zerstörung noch nicht geahnten Ausmaßes. Der NDR-Film, in dem der Schauspieler Michael Mendl den vom Kriegstrauma gebeutelten Fotografen verkörpert, dokumentiert dessen Appell an das britische Militär. Er könne es einfach nicht glauben, dass Großbritannien „unsere Heimat“ zerstören wolle, schrieb Schensky an einen ihm bekannten hochrangigen Militär.

Sogar auf dem Festland waren Erschütterungen zu spüren

Aber die Briten ließen sich von solchen Appellen nicht stoppen. Während die Luftwaffe am 18. April 1945 bereits 7000 Bomben über Helgoland abgeworfen hatte, erfolgte exakt zwei Jahre später eine der größten nicht nuklearen Sprengungen in der Menschheitsgeschichte: 4000 Torpedoköpfe, 9000 Wasserbomben, 91.000 Granaten – insgesamt 6700 Tonnen Sprengstoff sollten die Militäranlagen auf der Nordseeinsel vernichten. Selbst auf dem Festland, berichten Zeitzeugen in dem Film, waren die Erschütterungen und vor allem die kilometerhohen Rauchwolken zu sehen.

„Helgoland blieb als Fels in der Brandung des Nordens bestehen.“ Diese Worte sagt im Film als Erzähler Hubertus Meyer-Burckhardt vor der Kulisse der heutigen Insel – wieder aufgebaut und den Zeitläuften trotzend.

Beim Erzähler laufen die szenischen Fäden der wechselvollen Geschichte Helgolands zusammen, das mal dänisch und britisch war, seit 1890 zu Deutschland gehörte – und 1952 wieder besiedelt werden durfte.

Denkmal für den Inselfotografen

Der Film setzt nicht nur dem berühmten Inselfotografen ein Denkmal, dessen Lebenswerk im Museum Helgoland besichtigt werden kann – künstlerische Dokumente mit intuitivem Blick auf die Elemente Wasser, Luft und Erde. Und ja, auch auf das Feuer der Zerstörung. Das Doku-Drama würdigt mit weiteren Einspielungen den Einsatz von zwei Männern. Erich Friedrichs aus Helgoland und Georg Braun aus Süddeutschland gehörten im April 1945 einer Widerstandsgruppe aus Marineangehörigen und Helgoländern an. Sie planten die Festnahme von Wehrmachtsoffizieren und die kampflose Übergabe von Helgoland an die Engländer. „Wir wollten dem Morden ein Ende bereiten und Helgoland vor der völligen Zerstörung retten“, war ihr Ziel. Die Aktion schlug fehl, die Männer wurden verhaftet und am 21. April 1945 in Cuxhaven hingerichtet.

Szene aus dem Doku-Drama
Szene aus dem Doku-Drama © dpa

„Heimat Helgoland“ erzählt auf subtile Weise vom Schicksal einer kleinen Insel, die zum Spielball der Mächte wird. Und vom Mut der Menschen, das zerstörte Eiland zu neuem Leben zu erwecken. Erst zwei Heidelberger Studenten sorgten dafür, dass die Welt damals wieder auf Helgoland blickte: Weihnachten 1950 besetzten René Leudesdorff und sein Freund Georg von Hatzfeld nach einer stürmischen Überfahrt den roten Felsen, hissten die deutsche Flagge mit der Europa- und Helgoland-Fahne. Nach dieser aufsehenerregenden Aktion begannen die diplomatischen Verhandlungen über die Wiederfreigabe an Deutschland. Seit dem 1. März 1952 gehört Helgoland wieder zu Deutschland.

Gedreht wurde auf Helgoland und in Niedersachsen. Die Spielszenen entstanden unter der Regie von Carsten Gutschmidt vom 26. Juni bis zum 1. Juli in Wrisbergholzen (Landkreis Hildesheim).

Regisseur für den dokumentarischen Teil ist Daniel Remsperger. Neben Michael Mendl stand Christina Große vor der Kamera. Sie spielt Franz Schenskys Tochter Margarethe. Die Redaktion der NDR-Sendung hat Marc Brasse. Erst im Sommer hatte seine Abteilung in der Reihe „Unsere Geschichte“ den Film „Als Winnetou in den Norden kam“ gezeigt.

„Heimat Helgoland – Der Fotograf und seine Insel“ (3. Oktober, 20.15 Uhr bis 21.45 Uhr, NDR Fernsehen)