Hamburg. Mechatroniker, Koch oder Pflegekraft – das Jobangebot ist groß. Hamburgs Firmen engagieren sich stark.

Der Weg der Flüchtlinge zu einer Ausbildung ist lang. Musa Jatta aus Gambia hat jetzt bei Jungheinrich eine Einstiegsqualifizierung begonnen. „Wenn ich die nach einem Jahr erfolgreich abschließe, bekomme ich auch einen Ausbildungsplatz als Industriemechatroniker“, sagt der 20-Jährige. Zuvor hat er bereits einen fünfmonatigen Kurs absolviert. Er zählt auf, was er dort schon gelernt hat. „Ich kann bohren, feilen, sägen und löten.“

Thomas Lambusch, Präsident des Arbeitgeberverbands Nordmetall, beschreibt die Qualifizierung etwas umfassender: „Dazu gehören neben einer Grundausbildung in Metall- und Elek­trotechnik auch Sprach- und Bewerbungstraining sowie kulturelle Bildung.“ Jatta ist einer von 20 Flüchtlingen, die jetzt im Rahmen der Initiative Nordchance Plus von Nordmetall auf eine Ausbildung bei Unternehmen wie Philips, SKF Marine GmbH oder Hauni vorbereitet werden. Erste Erfahrungen hat die norddeutsche Metall- und Elektroindustrie bereits gesammelt. Im ersten Durchgang haben von 17 Flüchtlingen acht eine Ausbildung begonnen.

Solide Ausbildung ist wichtig

Denn eine solide Ausbildung ist das beste Mittel, um Arbeitslosigkeit vorzubeugen. Während die Arbeitslosigkeit in Hamburg zurückgeht, steigt die Zahl der jobsuchenden Ausländer um 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders betroffen sind Arbeitslose aus Syrien und Afghanistan und dem Irak. Insgesamt waren im September 67.861 Arbeitslose auf Jobsuche. „So niedrig war die Arbeitslosigkeit im September zuletzt im Jahr 1993“, sagt Sönke Fock, Chef der Arbeitsagentur Hamburg. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Jobsuchenden um 2,3 Prozent.

Besonders stark ist der Rückgang gegenüber dem August 2017: 3,5 Prozent oder 2500 Personen. Die Arbeitslosenquote liegt derzeit bei 6,7 Prozent. Auch für die nächsten Monate erwartet Fock einen weiteren Rückgang. „Die Unternehmen sind sehr gut ausgelastet, und die Nachfrage nach Arbeitskräften ist hoch“, sagt er. Viele Flüchtlinge streben derzeit noch nicht auf den Arbeitsmarkt, weil sie Sprachkurse absolvieren. Knapp 9500 sind das in Hamburg. Innerhalb eines Jahres ist ihre Zahl um 29 Prozent gestiegen.

Mangelnde Deutschkenntnisse ein Problem

Wenn Flüchtlinge mit einer Ausbildung nicht beginnen können, liegt das auch oft an mangelnden Deutschkenntnissen, macht Lambusch deutlich. Dann wird vor allem die Berufsschule zum Problem, wo fachspezifische Inhalte verstanden werden müssen. Die relativ geringe Anzahl der Plätze für Flüchtlinge begründete Lambusch mit der individuellen Begleitung und Unterstützung. „Das ist für die beteiligten Firmen viel Aufwand, und wir wollen, dass die Ausbildung ein Erfolg wird.“

Das soll dann noch mehr Firmen motivieren, sich an solchen Projekten zu beteiligen. „Aber die Flüchtlinge können das Fachkräfteproblem nicht lösen, der anfängliche Optimismus ist verflogen“, sagt Lambusch. „Die Geflüchteten sind kaum oder nicht qualifiziert für eine Ausbildung“, sagt Lambusch. Von den ersten Vorbereitungen auf eine Lehre bis zum Ende der Ausbildung vergehen mindestens knapp fünf Jahre.

Viele Initiativen in Hamburg

Dennoch gibt es viele Initiativen in Hamburg, Flüchtlinge in Arbeit zu bringen. Zunächst müssen Kenntnisse und Interessen der Flüchtlinge ermittelt werden. Die Arbeitsagentur Hamburg arbeitet dabei mit Handelskammer und Handwerkskammer eng zusammen. 45 Flüchtlinge absolvieren eine Ausbildung in der Hamburger Gastronomie. Zuvor haben sie ihre Kompetenzen in einem zweiwöchigen Kurs der Handelskammer nachgewiesen. Ein Zertifikat zeigt den Ausbildungsbetrieben, dass Kernkompetenzen für Küche und Restaurant bereits vorhanden sind. Die Handwerkskammer bereitet Zuwanderer auf einen Beruf in der Umweltbranche oder im Baugewerbe vor. „Wir schauen auf die sprachliche Kompetenz und handwerkliche Fähigkeiten“, sagt Uwe Meyer vom Ausbildungszentrum Bau.

„Eine dauerhafte Beschäftigung können die Flüchtlinge nur mit einer Qualifizierung erreichen“ so Fock. Gegenwärtig absolvieren insgesamt 450 von ihnen eine Ausbildung in Hamburg. Rund 2000 Flüchtlinge sind noch in Vorbereitungskursen für eine Ausbildung. „Das umfasst alle Branchen von der Pflege über die Gastronomie und die Logistikbranche bis zur Indus­trie“, sagt Fock. Rund 17.800 Flüchtlinge in Hamburg suchen aber noch eine Arbeit.

Der syrische Flüchtling Taha Al Ismail ist schon einen Schritt weiter als sein Kollege Musa Jatta. Er ist bereits im zweiten Lehrjahr bei Philips Medical Systems DMC GmbH. Dort lernt der 21-Jährige Industriemechaniker. Den Vorbereitungskurs konnte er wegen guter Sprach- und Mathematikkenntnisse verkürzen. Nach Abschluss der Hauptschule hatte er Syrien wegen des Krieges verlassen. Gegenwärtig absolvieren bei Philips zwei Flüchtlinge eine Ausbildung. Das Unternehmen beteiligt sich aktiv bei Nordchance Plus. „Es ist viel Engagement und Durchhaltevermögen auf allen Seiten nötig, um junge Menschen auf die Lehre vorzubereiten“, sagt Philips-Ausbildungsleiter Norbert Rix.