Hamburg. Die Behörde geht neue Wege in der Ausbildung und in der Integration. Wie die Afghanin Maryam Sheykhzadeh ihr berufliches Glück fand.
Als Maryam Sheykhzadeh vor rund fünf Jahren nach Hamburg kam, hatte sie kaum mehr als ihr Leben. Gemeinsam mit ihrem Bruder war sie aus Afghanistan geflüchtet. Sprache, Rechtssystem, Schule, Arbeit, Politik – alles in Deutschland war für sie fremd. „Ich musste noch einmal bei null anfangen“, sagt die heute 23-Jährige.
Manchmal denkt sie an die Person, die sie damals war, wenn sie im Jobcenter oder in der Arbeitsagentur in die müden Gesichter vor dem Tresen schaut. Denn Maryam Sheykhzadeh steht mittlerweile auf der anderen Seite, als Auszubildende in der Arbeitsagentur.
„Fachangestellte für Arbeitsmarktdienstleistungen“ nennt sich im sperrigen Behördendeutsch das, was für die junge Afghanin der Traum von der Zukunft ist. „Der Beruf passt zu mir, weil es etwas mit Menschen zu tun hat und mit gesellschaftlicher Verantwortung, aber auch mit Zahlen“, sagt sie mit einem strahlenden Blick. Seit vergangenem Sommer ist Maryam Sheykhzadeh an verschiedenen Stationen der Arbeitsverwaltung im Einsatz, paukt unter anderem Rechtslehre, Rechnungswesen oder Politik – und weiß mehr darüber als viele gleichaltrige Deutsche. In ihrem Ausbildungsjahrgang zählt sie zu den Besten.
Das Abitur aus der Heimat wurde hier nicht anerkannt
Für ihren Arbeitgeber ist die junge Frau ein Glücksfall. Im vergangenen Jahr hatte die Agentur für Arbeit in Hamburg die ersten vier Flüchtlinge eingestellt. „Der sprachliche, kulturelle und persönliche Hintergrund ist wichtig, weil unsere Kunden auch sehr unterschiedlich sind und so eine authentischere Ansprache möglich ist“, sagt Behördenchef Sönke Fock dem Abendblatt.
In diesem Jahr sollen deutlich mehr Flüchtlinge eingestellt werden. Sieben Bewerber, drei Frauen und vier Männer, absolvieren gerade eine Einstiegsqualifizierung mit Sprachkursen, Praktika und Bewerbungstraining. Sie sind zwischen 26 und 37 Jahre alt und kommen aus Syrien, Armenien, Aserbaidschan, Afghanistan und dem Iran. Insgesamt sollen 50 Ausbildungsstellen besetzt werden.
Auch Maryam Sheykhzadeh hat die sechsmonatige Einstiegsqualifizierung gemacht, parallel zu ihrem Realschulabschluss. „Das war anstrengend, aber ich hatte ja ein Ziel“, sagt sie. „Ich wollte unbedingt den Ausbildungsplatz.“
Sie schaffte hier den Schulabschluss
Genauso wie sie nach ihrer Ankunft in Deutschland unbedingt zur Schule gehen wollte. Das Abitur, das sie in ihrer Heimatstadt Herat abgelegt hatte, wurde nicht anerkannt. „Am Anfang war es schrecklich für mich, ich habe nur geweint“, sagt sie. Im Zuge des Asylverfahrens war sie von ihrem Bruder getrennt worden, landete in der Nähe von Nürnberg.
Dort kämpfte sie sich mit viel Ehrgeiz zum Hauptschulabschluss. Als sie als anerkannte Asylbewerberin im Sommer 2014 zurück nach Hamburg kam, meldete sich die junge Frau in einer Abendschule für den mittleren Bildungsabschluss an. Seit Sommer 2016 hat sie ihn in der Tasche. Das Ergebnis lässt keine Zweifel an ihren Fähigkeiten aufkommen: sehr gut.
Im Jahr 2019 winkt ihr ein fester Arbeitsvertrag
Trotzdem staunt sie noch immer, dass ihre Bewerbung für einen Ausbildungsplatz bei der Arbeitsbehörde erfolgreich war. „Ich dachte, ich bin nicht gut genug“, sagt sie bescheiden. Doch so langsam versteht sie, dass sie auch wichtig für ihren neuen Arbeitgeber in Hamburg ist. Zum Beispiel, wenn sie im Jobcenter im Beratungsgespräch kurzerhand von Deutsch auf Farsi, ihre Muttersprache, wechseln kann.
Sie muss viel lernen, deutlich mehr als ihre deutschen Kollegen. Aber damit kommt sie klar. Sie hat ein neues Ziel: ihre Ausbildung im Sommer 2019 erfolgreich abzuschließen. Danach hat sie einen Arbeitsvertrag für zwei Jahre sicher. Dann ist sie wirklich angekommen in Deutschland. Sie könnte, sagt Maryam Sheykhzadeh, sich einen Job in der Leistungsabteilung vorstellen.