Hamburg . Immer mehr Einzelhändler in Hamburg lassen ihre Kundenparkplätze von Park & Control überwachen. Ohne Parkscheibe wird es teuer.

Es ist eine alltägliche Szene: Eine dreifache Mutter will kurz noch Besorgungen bei Budnikowsky machen. Auf dem Kundenparkplatz der Filiale an der Hummelsbüttler Hauptstraße das Auto abstellen, kurz rein in den Laden und wieder losfahren. Alles wie immer. Doch der Besuch von Catrin Seidel aus Fuhlsbüttel endete anders – und führte letztlich dazu, dass die 46-Jährige, die seit 20 Jahren treue Budni-Kundin ist, künftig in anderen Drogeriegeschäften einkaufen wird. Zu groß ist ihre Wut und Enttäuschung über das Hamburger Unternehmen. „Da gehen wir nicht mehr hin“, sagt sie dem Abendblatt.

Grund für ihre Empörung ist ein kleiner gelber Zettel, mit dem am 17. Mai alles anfing. Als sie nach zehn Minuten mit ihren Einkaufstaschen zum Auto zurückkehrte, steckte dieser hinter ihrem Scheibenwischer. Eine Art Strafzettel. Seidel soll eine sogenannte Vertragsstrafe in Höhe von 30 Euro zahlen. Weil sie die Parkscheibe vergessen hat. Der Absender: das private Parkraumüberwachungsunternehmen Park & Control, das inzwischen für viele Supermarktketten in Hamburg tätig ist.

Vier Budni-Parkplätze werden überwacht

Die Mitarbeiter von Park & Control patrouillieren über die Parkplätze ihrer Auftraggeber. Egal, ob es sich um vergessliche Kunden oder Dauerparker handelt – sie alle werden zur Kasse gebeten, sobald die Parkzeit überschritten wird oder die Parkscheibe nicht hinter der Windschutzscheibe liegt.

Bei dem Hamburger Unternehmen Budnikowsky gelten die neuen Parkregeln seit November 2016 bei vier Filialen, unter anderem der an der Hummelsbüttler Hauptstraße. „Leider wird dieser Parkplatz regelmäßig durch Dauer- oder Fremdparker blockiert“, sagte Budnikowsky-Sprecherin Wiebke Spannuth dem Abendblatt. Der Parkplatz sei dann zwar voll, aber der Laden leer – und die Kunden könnten nicht bei Budni einkaufen. „Um die Falschparker nicht kostenpflichtig abschleppen zu müssen, haben wir uns bei insgesamt vier besonders betroffenen Filialen zur Parküberwachung durch Park & Control entschlossen und überall große Hinweisschilder aufgestellt“, so Spannuth.

56,50 Euro für vergessene Parkscheibe

Ein Schild weist auf die Parkscheiben-Pflicht hin (Symbolbild)
Ein Schild weist auf die Parkscheiben-Pflicht hin (Symbolbild) © imago

Seitdem müssen die Kunden, wie auch auf vielen Supermarkt-Parkplätzen in der Stadt, eine Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe legen – das Parken bleibt jedoch weiterhin kostenfrei. Wird die Parkscheibe vergessen oder kommt es zu einer Überschreitung der Parkzeit, wird die Vertragsstrafe von 30 Euro fällig.

Da Catrin Seidel kein Hinweisschild gesehen und einen Budni-Kaufbeleg hatte, war sie sich keiner Schuld bewusst – und zahlte die 30 Euro Strafe nicht. „Nach den Ferien fand ich dann ein Schreiben mit der Aufforderung, nun 36,50 Euro zu zahlen“, sagt die 46-Jährige. Nur zwei Tage später bekam sie wieder Post. Dieses Mal war es eine Rechnung von einem Inkasso-Unternehmen in Höhe von 56,50 Euro. „Bei der Firma Budni riet man mir, da es schon sehr viele verärgerte Kunden gab, eine E-Mail an die Geschäftsleitung zu schreiben“, erinnert sich Seidel. Doch zahlen muss sie trotzdem.

Kulanzlösungen während einer Übergangsfrist

„Um weiteren Ärger zu verhindern, haben wir den Betrag überwiesen“, sagt die dreifache Mutter. Auch wenn sie den Betrag für eine vergessene Parkscheibe für überzogen hält. Andere Betroffene sprechen von regelrechter Abzocke. Besonders empört Catrin Seidel, dass es für das Hamburger Unternehmen, das sie und ihre Familie über Jahre gerne unterstützt haben, nicht von Interesse sei, ob sie Budni-Kundin bleibt oder nicht. Seidel: „Ich bin sehr verärgert über so eine Behandlung.“

Budnikowsky weist hingegen darauf hin, dass es während einer Übergangsfrist von einigen Wochen häufig „Kulanzlösungen“ gegeben habe. „Danach sind wir allerdings davon ausgegangen, dass die Aufforderung, eine Parkscheibe auszulegen, nunmehr von allen Kunden gesehen wurde, und haben uns dazu entschlossen, keine Ausnahmen mehr zu machen“, sagt Unternehmenssprecherin Wiebke Spannuth. Zudem wäre es noch teurer, wenn die Autos abgeschleppt würden.

Hinweisschilder müssen gut erkennbar sein

Für verärgerte Kunden, die in Hamburg von Park & Control bereits zur Kasse gebeten worden sind, ist das kein Trost. Bei der Verbraucherzentrale Hamburg ist der Missmut über die hohen Vertragsstrafen des privaten Unternehmens bekannt. „Wir erhalten immer wieder Beschwerden in Zusammenhang mit Park & Control“, sagt eine Sprecherin der Verbraucherzentrale.

Solange die Hinweisschilder für die Parkplatznutzer jedoch ersichtlich aufgebaut sind, ist es schwierig, gegen die Geldforderung vorzugehen. „Wer auf den Parkplatz fährt, geht damit einen Vertrag ein und muss sich daran halten“, heißt es vonseiten der Verbraucherzentrale. Sich an den jeweiligen Ladenbetreiber zu wenden, könne teilweise aber Erfolg haben.

Verbraucheranwalt kritisiert Park & Control

Der Rechtsanwalt Thomas Hollweck, der als Verbraucheranwalt in Berlin tätig ist, sieht die Praxis von Park & Control äußerst kritisch. Ihn stört vor allem, dass die Mitarbeiter der Parkraumüberwachungsfirma nicht lange fackeln, bevor sie eine Vertragsstrafe verhängen.

„Meines Erachtens ist auf einem Privatparkplatz eine Kulanzzeit von mindestens (!) zehn Minuten einzuräumen“, schreibt er auf seiner Internetseite. „Da der Kunde davon ausgeht, dass er im Supermarkt willkommen ist und nicht mit gewinnstrebenden Parkplatzbewachern rechnen muss, sollte die Kulanzzeit meiner rechtlichen Ansicht nach eher bei 20 bis 30 Minuten angesetzt sein.“ Das Ausstellen eines privaten Strafzettels sei daher nach nur wenigen Minuten der Parkzeitüberschreitung rechtswidrig.

Hinweisschilder seien häufig zu klein

Zudem weist Hollweck darauf hin, dass die Hinweisschilder an der Einfahrt zum Parkplatz häufig zu klein und unscheinbar seien. Im Idealfall sollte es sich jedoch um ein farbiges Schild links und rechts von der Einfahrt in der Breite von mindestens einem Meter und der Höhe von mindestens eineinhalb Metern handeln, sagt der Verbraucheranwalt. „Noch besser wäre es, das Schild über die gesamte Parkplatzeinfahrt zu platzieren, als eine Art beschrifteter Torbogen.“

Wie viele Parkplätze in Hamburg von Park & Control überwacht werden, dazu will sich das Unternehmen nicht äußern. Dabei handele es sich um „unternehmensinterne und vertrauliche Informationen“, heißt es auf Abendblatt-Anfrage. „Für Park & Control ist es wichtig, Kunden auf den Flächen Mehrwerte zu bieten und dafür Sorge zu tragen, dass die Stellflächen nicht durch Fremd- und Dauerparker blockiert werden“, teilt das Unternehmen mir. „Hat ein Fahrer jedoch gegen die AGB verstoßen, entrichtet er die Vertragsstrafe direkt an Park & Control.“