Hamburg. Hamburger Kreuzfahrt-Reederei Hapag-Lloyd lässt sein Flaggschiff bei Blohm + Voss umbauen. Reisen ab 5000 Euro aufwärts.
Als Erstes fallen die Männer in den weißen Overalls auf. Überall auf dem Schiff laufen Philippiner mit Putzlappen in der Hand herum. Sie wischen, schrubben und wienern die oberen Decks – und polieren die „Europa 2“ auf Hochglanz, während unten die ersten Gäste mit ihrem Gepäck ankommen. 14 Tage lang war das Kreuzfahrtschiff im Dock bei Blohm + Voss zur Schönheitskur, nun liegt es auf der gegenüberliegenden Seite der Elbe im Kreuzfahrtterminal Altona, bereit zum Einsteigen.
Werftaufenthalte sind für Kreuzfahrtschiffe nicht außergewöhnlich. In regelmäßigen Abständen steuern sie Schiffbaubetriebe an, zur Wartung der Technik und zur Erneuerung der Passagierbereiche. Bei der „Europa 2“ ist aber vieles anders. Zusammen mit ihrer älteren Schwester „Europa“ ist sie das einzige Schiff auf den Weltmeeren, das mit einem Fünf-Sterne-plus-Standard ausgezeichnet ist. Und das bedeutet vor allem eines: puren Luxus.
Für die Arbeiter auf der Werft war das eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Nach Monaten mit geringer Auftragslage, Stellenstreichungen und Lohnkürzungen gibt es dank der Reederei Hapag-Lloyd Cruises wieder mehr zu tun. „Wir lassen für einen beträchtlichen zweistelligen Millionenbetrag drei Schiffe in diesem Jahr bei Blohm + Voss aufarbeiten“, sagt Karl J. Pojer, Geschäftsführer der Reederei, der die „Europa 2“ gehört. „Wir sind ein Hamburger Unternehmen, und wir waren mit der Arbeit bei Blohm + Voss stets zufrieden.“
45 Sorten Gin an der „Europa 2“-Bar
Mehr als 50 beauftragte Unternehmen arbeiteten in den vergangenen Tagen zeitgleich auf dem Schiff. 550 externe Techniker tummelten sich an Bord. An 5000 einzelnen Punkten wurden Räume umgebaut, Möbel ausgewechselt oder einfach nur die Wände neu gestrichen. Das geschah nicht, weil es Schäden gab, sondern weil der Standard dazu verpflichtet. „Luxus bedeutet auch, dass wir das Mobiliar austauschen, bevor es sich abnutzt“, sagt Pojer, der den Umbau selbst überwacht.
Er steht auf Deck 4 in einer Bar, die ihren Gästen 45 unterschiedliche Sorten Gin anbietet, und erläutert, was bei Renovierungen der „Europa 2“ anders ist als bei Schiffen unterer Preisklassen: „Der Fünf-Sterne-plus-Standard ist vor allem eine hohe Verpflichtung“, sagt er. „Wer Qualitätsführer sein will, muss auch Innovationsführer sein.“ Deshalb würde die „Europa 2“ nicht im für Kreuzfahrtschiffe vorgeschriebenen Turnus alle fünf Jahre ins Dock gehen, sondern alle zwei Jahre. Und darum ist die Europa schon das zweite Mal in der Werft gewesen, obgleich sie erst vor vier Jahren gebaut wurde.
Ein neuer Anstrich für die „Europa 2“
Pojer zeigt auf den Boden. „Der Teppich hätte noch Jahre gehalten, aber wir haben ihn dennoch gewechselt.“ Mehr als 4000 Quadratmeter Teppich seien neu verlegt worden. Dann zeigt Pojer nach außen: Die „Europa 2“ hat auch einen neuen Außenanstrich erhalten. Eigentlich wollte die für den Farbanstrich zuständige Firma nur den Rumpf unter der Wasserlinie neu anmalen. „Obenrum ist es doch noch schön“, sagten sie. „Es wird alles neu gestrichen“, so Pojer.
Der Mann versteht sein Geschäft: Bevor er bei Hapag-Lloyd Cruises das Ruder übernahm, war er bei verschiedenen Luxus-Hotelketten weltweit in leitenden Positionen engagiert. „Wir verkaufen keine Kabinen, sondern Emotionen“, lautet Pojers Wahlspruch. Was er damit meint, sieht man in den Kabinen: Die kleinste Kategorie ist eine 28-Quadratmeter-Suite mit begehbarem Kleiderschrank, einem Bad mit Dusche und Badewanne sowie einer kostenlosen Minibar.
Wirken Kreuzfahrtschiffe vielfach überladen und protzen mit ihren Angeboten, nimmt sich das Interieur der „Europa 2“ wohltuend zurück. „Eleganz ohne Wärme ist Arroganz“, lautet noch ein Wahlspruch von Pojer. Diese Form der Eleganz hat aber ihren Preis. Unter 5000 Euro pro Person bieten die Reisebüros kaum Reisen mit dem Schiff an. Dafür sind alle Getränke und die Verpflegung im Preis enthalten.
Wer das bezahlt, kann sich nach dem Umbau auf eine völlig neue Saunalandschaft freuen, auf verschiedene neue Clubs an Bord und ein Porträt des Erfinders der Kreuzfahrten, Albert Ballin, das Hamburger Künstler gemalt haben. Bei Blohm + Voss sind sie froh, dass sie den anspruchsvollen Auftrag geschafft haben. Lange ausruhen durften sie sich nicht: Schon am Abend kam die „Europa“ zum Umbau ins Dock.