Hamburg/Dublin. Fünf Strecken werden ab November ausgesetzt. Ryanair fehlen Piloten. Chef O'Leary räumt Managementfehler ein. Die Hintergründe.
Es ist zwei Wochen her, da kam Ryanair-Chef Michael O’Leary selbst in die Hansestadt. Im Gepäck hatte er für den Sommerflugplan 2018 im Vergleich zum diesjährigen fünf neue Ziele. „Hamburg braucht noch mehr Billigflüge“, war eine seiner Botschaften. Nun sorgt der Ire dafür, dass es erst einmal weniger werden. Statt neuer Ziele streicht die Billigflugline im Winterflugplan fünf Destinationen vom Helmut-Schmidt-Flughafen aus dem Programm.
Knapp 18.000 von 800.000 Flügen werden europaweit gestrichen, teilte das Unternehmen mit. Vom 17. November an sollen 25 der 400 Boeing-Jets am Boden bleiben. Im Sommer 2018 sollen von dann 445 Maschinen zehn weniger eingesetzt werden. Knapp 400.000 Passagiere seien von den Flugausfällen betroffen. Das seien weniger als ein Prozent der Fluggäste – in Hamburg könnte der Anteil allerdings deutlich höher liegen. Denn von den 34 Routen, die Ryanair im Winter streicht, führen fünf nach Fuhlsbüttel. Gestrichen werden die Verbindungen nach Edinburgh, Kattowitz, Oslo, Saloniki und Venedig.
Ryanair hat zwei Boeing 737-800 in Hamburg stationiert
Das sei eine unternehmerische Entscheidung und ein Verlust, sagt Flughafensprecherin Janet Niemeyer dem Abendblatt. „Wir sind aber guter Dinge, dass Ryanair die Basis am Hamburg Airport durch entsprechende Strecken möglichst schnell wieder bedienen wird.“ Seit November des vergangenen Jahres haben die Iren zwei Boeing 737-800 in der Hansestadt stationiert.
Insider hatten auf der Pressekonferenz vor zwei Wochen ein noch kräftigeres Ausweiten des Angebots erwartet, zumal Konkurrent Easyjet Ende März 2018 seine Basis vor Ort schließt. Passagiere könnten nun gerade auf die britische Billigfluglinie angewiesen sein: Edinburgh und Venedig werden auch von Easyjet angeflogen, statt Kattowitz landen und starten die Engländer in Krakau. Von dort gelangten Reisende per Bus in 90 Minuten nach Kattowitz, heißt es.
Norwegian, SAS und Eurowings nach Oslo
Nach Oslo können Kunden auch mit Norwegian, SAS und Eurowings kommen. Lediglich Saloniki wird von keiner Airline im Winter angeflogen werden. In Anbetracht der Alternativen mit anderen Fluglinien zum Ziel zu kommen und der geringen Frequenz, die Ryanair auf den Strecken plante, sagt der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg: „Für Hamburg sind die Auswirkungen überschaubar.“ Rund 130 Ziele steuern Airlines von Hamburg direkt an.
Überrascht ist die Branche von dem Zeitpunkt. Schließlich ist es gerade einmal knapp zwei Wochen her, dass Ryanair ankündigte, bis Ende Oktober bis zu zwei Prozent seiner täglich gut 2500 Flüge zu streichen, insgesamt rund 2000. In Hamburg waren davon jeweils ein Hin- und Rückflug nach Manchester und Madrid betroffen. Als Begründung wurde genannt, dass man die stark gesunkene Pünktlichkeit steigern wolle. Dazu hätten schlechtes Wetter, Streiks bei der Flugsicherung und eine verfehlte Urlaubsplanung von Piloten und Flugbegleitern beigetragen.
Schellenberg sprach von einem „hausgemachten Durcheinander“ bei den Iren, die zuvor deutliche Verbesserungen beim Service erreicht hatten. „Ryanair hat mit diesem zweiten Streichen von Flügen jüngst gewonnenes Vertrauen von Kunden wieder verloren.“ Passagiere legten höchsten Wert auf sicheres Reisen und einen verlässlichen Flugplan, so der Experte. Das Unternehmen sieht diese Gefahr offenbar auch. Alle von den gecancelten Flügen betroffenen Passagiere seien am gestrigen Mittwoch informiert worden. „Von heute an wird es im Winter und Sommer 2018 keine weiteren Flugstreichungen geben, die mit dem Dienstplan zusammenhängen“, sagte O’Leary.
Norwegian gewinnt 140 Piloten von Ryanair
Die erneute Ankündigung von Flugausfällen sei sowohl einer Desorientierung des Managements als auch tiefergehenden Problemen geschuldet, so Schellenberg. Norwegian gewann nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn 140 Piloten von Ryanair. Die Iren dementierten und teilten gestern mit, dass 2017 weniger als 100 Kapitäne und 160 Co-Piloten das Unternehmen verlassen hätten. Immer wieder gab es Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen und eine zu schlechte Bezahlung bei Ryanair.
Mit den Piloten in Dublin, London-Stansted, Frankfurt und Berlin habe man sich nun auf ein jährliches Gehaltsplus von 10.000 beziehungsweise 5000 Euro geeinigt, so die Firma. Geld soll es auch für betroffene Passagiere geben. Neben der Erstattung des Ticketpreises gibt es einen 40-Euro-Gutschein, der im Oktober beim Buchen einer Alternativstrecke verrechnet wird. „Das ist das klare Eingeständnis der eigenen Fehler“, sagt Schellenberg. „Gutscheine hat Ryanair noch nie angeboten.“