Hamburg . 559 Millionen Euro fehlen im Haushalt. Öffentliche Unternehmen mit Gewinnen. Opposition warnt vor tickenden Finanz-Bomben.
Trotz der enormen Ausgaben für Flüchtlinge von fast einer Milliarde Euro hat sich die finanzielle Lage Hamburgs im vergangenen Jahr positiv entwickelt. Zum dritten Mal in Folge nach 2014 (plus 423 Millionen Euro) und 2015 (plus 223 Millionen) hat die Stadt einen Überschuss erzielt: 2016 lag dieser bei 269 Millionen Euro – jedenfalls nach der alten, kameralen Haushaltssystematik, die nur Einnahmen und Ausgaben erfasst und die Hamburg nur noch erstellt, um für den Bund und andere Bundesländer vergleichbar zu sein.
Nach der neuen kaufmännischen Systematik, die Hamburg seit 2015 praktiziert, und die auch Rückstellungen und Abschreibungen berücksichtigt, hatte die Stadt 2016 einen Fehlbetrag von 559 Millionen Euro zu verzeichnen. Gegenüber der Finanzplanung des Senats, die mit 1,2 Milliarden Euro Minus kalkuliert hatte und gegenüber dem Vorjahr (minus 932 Millionen) fiel dieser Fehlbetrag allerdings deutlich geringer aus. Als Konzern, also unter Einbeziehung von fast 400 öffentlichen Unternehmen, hat die Stadt mit minus 223 Millionen Euro abgeschlossen, das war 639 Millionen Euro besser als im Vorjahr.
Hamburgs Finanzen: "Kein Grund, sich reich zu rechnen"
„Das Ergebnis ist besser als der Plan“, sagte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) bei der Vorstellung des Jahresabschlusses. „Besonders bemerkenswert“ sei das, weil die Stadt 2016 ungeplante Ausgaben für Flüchtlinge zu stemmen gehabt habe, die je nach Rechnung zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro gelegen hätten. „Wir haben die Flüchtlinge gut aufgenommen und integriert und trotzdem die Haushaltskonsolidierung vorangetrieben“, so Tschentscher.
Mehr als eine halbe Milliarde Fehlbetrag seien aber „kein Grund, sich reich zu rechnen“, sagte der Finanzsenator. Er warnte auch vor Darstellungen, Hamburg schwimme aufgrund der seit Jahren hohen Steuereinnahmen im Geld: „Das stimmt nicht. Wir sind immer noch unter Wasser.“ Allerdings sei die Stadt auf einem guten Weg, nach dem kameralen Defizit auch das kaufmännische Minus wie geplant bis 2024 abzubauen, sodass Hamburg dann die nicht mehr von der Substanz lebe.
Verschuldung der Stadt um gut 2,5 Milliarden Euro gestiegen
Neben dieser positiven Entwicklung gibt es allerdings auch eine beunruhigende: Die Verschuldung der Stadt ist 2016 um gut 2,5 Milliarden auf mehr als 31 Milliarden Euro gestiegen. Das lag vor allem an der HSH Nordbank: Die Risiken, für die Hamburg und Schleswig-Holstein als Eigentümer haften, werden nun Schritt für Schritt echte Verbindlichkeiten. Tschentscher sagte, die Belastungen für beide Länder zusammen könnten sich auf „eine Größenordnung von 16 Milliarden Euro“ summieren.
Mit Blick auf den von der EU angeordneten Verkauf der HSH bis Februar 2018 schloss er eine erneute Finanzspritze der Länder aus: „Es gibt kein frisches Geld in Zusammenhang mit dem Verkauf der HSH Nordbank.“ Bis Ende Oktober können verbindliche Angebote für die Bank angegeben werden, danach entscheidet sich, wer den Zuschlag erhält oder ob die Bank mangels Angeboten abgewickelt werden muss.
"Der Konzern Hamburg ist ein Sanierungsfall"
„Unter Bürgermeister Scholz und seinem Finanzsenator hat die Überschuldung der Stadt in sehr guten Haushaltsjahren zugenommen“, kritisierte CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer. „Diese Entwicklung muss gestoppt werden.“ Angesichts von 23 Milliarden Euro negativem Eigenkapital sei „der Konzern Hamburg ein Sanierungsfall“. Ähnlich äußerte sich Norbert Hackbusch, Finanzexperte der Linkspartei: „Die Stadt ist faktisch pleite.“ Er verwies darauf, dass die Schulden im Konzern Hamburg sogar von 42,6 Milliarden auf 43,7 Milliarden Euro gestiegen seien.
FDP-Fraktionschefin Katja Suding nannte das überplanmäßige Ergebnis „begrüßenswert“, schränkte aber ein: „Angesichts der deutlich über dem Plan liegenden Steuererträge und der niedrigen Zinsen hätte es noch besser ausfallen müssen.“ Farid Müller (Grüne) sieht die Stadt auf einem guten Weg: „Während Bund und viele andere Bundesländer den Verschleiß ihrer Infrastruktur und zukünftige Verpflichtungen nur zaghaft in den Blick nehmen, stellen wir uns dieser Herausforderung.“