Hamburg. Viele der 130 Streifen sind nur während des Filmfestes in Hamburg zu sehen. Das starke Programm ist vorrangig politisch geprägt.
Die Welt zu Gast in Hamburg, Lebenswirklichkeiten aus Asien, Afrika, Amerika und Europa zehn Tage lang auf hiesigen Leinwänden, Einblicke und Ausblicke, die es so nur einmal im Jahr gibt: Das Filmfest naht und stellte gestern im Instituto Cervantes im Chilehaus sein Programm zum 25. Jubiläum vor.
130 Filme aus 59 Ländern, darunter 32 Debüts: Festival-Chef Albert Wiederspiel und sein Team haben abermals eine so umfangreiche wie vielschichtige Mischung aus Dramen, Komödien, Thrillern und Dokumentationen zusammengestellt, zu sehen vom 5. bis zum 14. Oktober im Cinemaxx Dammtor, Abaton, Metropolis, Passage und Studio-Kino.
Debütanten und Gewinner aus Cannes und Venedig
Eine Hauptaufgabe des Festivals sei es, den Nachwuchs zu fördern, erklärte Wiederspiel, deshalb die vielen Debütanten. Lediglich 34 der angekündigten Produktionen haben bisher einen deutschen Verleih, die restlichen 96 sind zum größten Teil nur während des Filmfests in Hamburg zu sehen und danach vermutlich nie wieder.
Was keinesfalls gegen das Programm spricht, sind doch viele Hochkaräter zu erwarten, etwa Gewinnerfilme der Festivals von Cannes, Venedig, Toronto, Locarno und Sundance. So erhielt der Abschlussfilm „The Square“, eine Groteske, die im Kunstmilieu spielt, in Cannes die Goldene Palme, während der Psychothriller „The Killing Of A Sacred Deer“ mit Nicole Kidman und Colin Farrell in Cannes für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde.
Wim Wenders stellt neuen Film vor
Wim Wenders kommt, um seinen neuen Film „Submergence“ vorzustellen und am 13. Oktober den Douglas-Sirk-Preis entgegen zu nehmen, auch die Regisseure François Ozon („8 Frauen“) und Claude Lanzmann („Shoah“) werden in Hamburg erwartet, ebenso wie die Schauspieler Lars Eidinger, Jürgen Vogel und Vanessa Paradis, jeweils mit spektakulären neuen Arbeiten. Eidingers neuer Film, das russische Historien-Liebesdrama „Mathilde“, hat bereits für große Aufregung gesorgt: Orthodoxe Christen in Russland werfen ihm vor, den heilig gesprochenen Zaren Nikolaus II zu entweihen und haben bereits mit Anschlägen auf Kinos gedroht, die den Film zeigen.
Wie üblich ist das Filmfest-Programm in verschiedene Sektionen aufgeteilt, die etwa das asiatische, spanisch- und portugiesischsprachige oder französische Kino in den Mittelpunkt stellen. Auch Boxoffice-Hits anderer europäischer Länder kommen in Hamburg erneut auf die Leinwand (Reihe „Eurovisuell“).
Ai Weiwei präsentiert "Human Flow"
Großes Raum nimmt in diesem Jahr das politische Kino ein (Reihe „Veto!“); hier dominieren Filme, die sich mit weltweiten Fluchtbewegungen und der neoliberalen Arbeitswelt beschäftigen. Besonders beeindruckend: „Human Flow“ von Ai Weiwei, ein Film, für den der chinesische Künstler ein Jahr lang durch 23 Länder reiste, um Menschen zu treffen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und meist nur das nackte Leben retten konnten. Viele der in dieser Reihe gezeigten Filme konkurrieren um den „Sichtwechsel Filmpreis“ oder den Preis „Der politische Film“ der Friedrich-Ebert Stiftung.
Grundsätzlich, so Albert Wiederspiel, seien Wettbewerbe für ein Festival wie das Hamburger enorm wichtig, um interessante Filme zu bekommen. „Davon gibt es pro Jahr nur etwa 100 bis 200“, und alle Festivals wollen die haben.“ Einen Film hat Wiederspiel allerdings nicht bekommen: „Aus dem Nichts“ von Fatih Akin. Der Verleih habe das Drama mit Oscar-Chancen nicht freigeben, auch die Fürsprache der Stadt Hamburg habe daran leider nichts ändern können. Ein Ärgernis natürlich, aber keines, das die Aussicht auf das 25. Filmfest Hamburg und das wie üblich integrierte Michel Kinder und Jugend Filmfest (6. bis 14. Oktober im Abaton) nachhaltig trüben könnte. Dafür ist das angekündigte Programm viel zu stark.