Hamburg. Zwei Frauen hätten ohne Hilfe zum Suizid wohl weiterleben können. Die Anklage wirft einem Arzt Totschlag durch Unterlassen vor.

Zwei ältere Frauen, die sich 2012 mit Hilfe des Vereins Sterbehilfe Deutschland in Hamburg das Leben nahmen, sind nicht tödlich krank gewesen. „Sie hätten auch noch ein Jahr zum Beispiel leben können“, sagte der Rechtsmediziner Klaus Püschel am Dienstag vor einer Strafkammer des Hamburger Landgerichts.

In dem Prozess ist ein 75 Jahre alter Arzt der versuchten Tötung auf Verlangen durch Unterlassen angeklagt. Er arbeitet für den Verein Sterbehilfe Deutschland des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch (CDU). Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren die beiden Seniorinnen nicht ganz sicher gewesen, dass sie sterben wollten, als ihnen der Arzt die Medikamente brachte. Sie hätten mit ihrer Entscheidung gehadert, dann aber doch die tödlichen Mittel eingenommen. Darum beharrt die Staatsanwaltschaft auch auf dem Vorwurf des Totschlags.

Herz-Kreislauf-System sei intakt gewesen

Während die Sterbehilfe nach Angaben eines Gerichtssprechers nicht strafbar ist, hätte der Arzt jedoch Rettungsmaßnahmen einleiten müssen, sobald die Frauen bewusstlos waren. Ob dann noch Rettungschancen bestanden hätten, konnte auch Püschel nicht genau sagen. Die Überlebenschance hätte auf jeden Fall weit unter 50 Prozent gelegen, sagte er.

Die beiden 81 und 85 Jahre alten Frauen hätten Vorerkrankungen gehabt, sowohl am Herzen als auch an der Lunge. Ihr Herz-Kreislauf-System sei aber intakt gewesen, was die schnelle Aufnahme und Verteilung des Gifts im Körper gezeigt habe.