Hamburg. Ursprünglich war er aus Liebe nach Hamburg gekommen, sagte der Angeklagte. Doch aus Liebe wurde beim Protest gewalttätige Wut.

Direkt nach der Urteilsverkündung fiel der Angeklagte seiner Mutter weinend in die Arme. Simon D. durfte das Amtsgericht Altona am Freitag als freier Mann verlassen. Der 21-Jährige Franzose hatte gestanden, dass er mehrere Flaschen bei der "Welcome-hell-Demo" gegen Polizeibeamte geworfen habe. Zudem habe er Widerstand gegen seine Festnahme geleistet. Der Richter verurteilte ihn zwar zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, setzte die Strafe aber zur Bewährung aus.

Damit endete der dritte Prozess rund um die G-20-Krawalle vergleichsweise glimpflich. Dies war vor allem den ungewöhnlichen Begleitumständen geschuldet. Der 21-Jährige konnte glaubhaft versichern, dass er nicht nach Hamburg gekommen sei, um Randale zu machen. Im Gegenteil: Eigentlich habe er gar nicht nach Hamburg fahren wollen. "Ich wollte nur ein Mädchen wieder treffen, in das ich mich zuvor bei einem Festival in Portugal verliebt hatte", sagte der Angeklagte. In der Tat trug er in Hamburg ein T-Shirt, auf das er in englischer Sprache notiert hatte: "Ich möchte Naomi finden".

Aus Wut vom Zuschauer zum Flaschenwerfer

Er habe bei der Demo nur zuschauen wollen, sei dann aber wütend geworden, da Polizeibeamte nach seinen Beobachtungen Gewalt gegenüber Demonstranten ausgeübt hätten. Nur deshalb habe er Glasflaschen auf Polizeibeamte in Vollschutzmontur geworfen. Sowohl die Staatsanwältin, als auch der Richter warfen dem Angeklagten vor, dass sich die Polizisten trotz Helm und Schutzanzügen hätten verletzen können. Simon D. entschuldigte sich für die Tat, sprach von einer Riesendummheit. Die zweimonatige U-Haft sei für ihn "die Hölle" gewesen.

Aktivisten des Schwarzen Blocks standen in Hamburg an der Spitze der G20- Welcome-to-Hell-Demonstration
Aktivisten des Schwarzen Blocks standen in Hamburg an der Spitze der G20- Welcome-to-Hell-Demonstration © Markus Scholz

Mit dem Urteil blieb der Richter knapp unter dem Antrag der Staatsanwältin, die ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung gefordert hatte. Der Verteidiger hatte für eine Freiheitsstrafe von unter einem Jahr plädiert. Simon D. muss zudem 500 Euro an die Witwen- und Waisenkasse der Polizei Hamburg zahlen. Kuriosum am Rande: Der Angeklagte bat die Fotografen, sein Gesicht nicht zu pixeln, vielleicht würde er ja auf diesem Weg seine Traumfrau finden.

Nächste Woche zwei weitere Verhandlungen gegen G20-Demonstranten

Kommende Woche sind zwei weitere Verfahren gegen mutmaßliche Randalierer angesetzt. In einem Fall verhandelt nach Angaben der Staatsanwaltschaft das Amtsgericht St. Georg am Dienstag (9.15 Uhr) gegen einen Mann wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, schweren Landfriedensbruchs und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.

Ihm wird vorgeworfen, sich am Abend des 8. Juli im Schanzenviertel mit 10 bis 15 Menschen zusammengetan zu haben, um gezielt Polizisten anzugreifen. So habe er Flaschen auf Beamte geworfen und umstehende Personen aufgefordert, es ihm nachzutun.

Nach Angriff auf die Polizei waren Passanten dran

Im anderen Fall vor dem Amtsgericht Hamburg dreht es sich den Angaben zufolge am kommenden Donnerstag (13.00 Uhr) um einen tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung. So wird einem Schweizer vorgeworfen, in der Nacht vom 5. auf 6. Juli in der Innenstadt Flaschen auf Polizisten geworfen zu haben. Er habe aber nicht getroffen. Als er wenig später von Passanten zur Rede gestellt worden sei, weil er auf einer Kreuzung Flaschen weggetreten habe, soll der Mann mehrfach auf einen Passanten eingeschlagen haben.

Im ersten Prozess nach den Ausschreitungen beim G20-Gipfel war ein 21-Jähriger aus den Niederlanden zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das zweite Verfahren gegen einen 24-jährigen Polen endete mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung.