Hamburg. Es bluest und honky-tonkt in der Barclaycard Arena. Marius Müller-Westernhagens Werkschau hat ein starkes Finale.

"Ich weiß, ich bin ein alter Narr, der seine Fehler wie Freunde um sich schart“, heißt es in einem Lied von Marius Müller-Westernhagen. Wenn dem so ist, hat der Marius eine Menge Fehler begangen: 10.000 Fans sind zum Auftakt seiner „MTV Unplugged Tour“ am Freitag in Hamburg gekommen. Volles Haus in der Barclaycard Arena.

Das Ambiente ist natürlich nicht mit der Berliner Volksbühne (jüngst von Kritikern zum Theater des Jahres gekürt) zu vergleichen, wo Westernhagen im Juli 2016 seinen Unplugged-Auftritt absolvierte. Multifunktionalität schlägt Intimität. Auch „Liebling, lass uns tanzen" zu fordern, hat etwas Ironisches angesichts des komplett bestuhlten Saals. "Es ist kein Gesetz, dass ihr sitzen müsst", scherzt Marius nach "Geiler is' schon", "Hass mich oder lieb' mich" und "Mit Pfefferminz" bin ich dein Prinz". Das geht gut los. Aber hier haben schon die Scorpions und Xavier Naidoo auf ihren Unplugged-Tourneen überzeugt – und das zugeben zu müssen, schmerzt in der Tat.

MTV Unplugged – aber anders

Das Programm wurde im Vergleich zur MTV-Show umgestellt, statt einfach den gewohnten Stiefel runterzuspielen, den Fans schon von der DVD kennen. Dafür sitzt bei "Pefferminz" aber auch kein Udo Lindenberg am Schlagzeug. Der entert zeitgleich in Kiel zur "Rockliner"-Kreuzfahrt auf. Aber Westerhagens kürzlich geehelichte Liebste Lindiwe singt bei "Luft um zu atmen" und "Durch deine Liebe". "Es geht mir gut" und dem Publikum auch. Die Halle steht. Die gewohnt exzellente, 12-köpfige Band bluest und honky-tonkt und Westernhagen röhrt und knarzt unter seinem Bob-Dylan-Hut. Mundharmonika spielt das "Alphatier" auch bei "Nur ein Traum".

Bei "Willenlos" wird die Arena zum Shanty-Chor. Was ist denn hier los? Das hat Klasse, gar keine Frage. "Mit 18" ist "geil und laut", der "Taximann" wartet schon vor der Halle auf Kundschaft, während sich drinnen "Sexy" in "Power Of Soul" von Jimi Hendrix verwandelt. Die Halle steht. Kopf. Nach 140 Minuten, "Wieder hier" und den Zugaben "Heroes" (David Bowie), "Unter meinem Fingernagel", "Johnny W" und "Freiheit" geht eine gelungene akustische Werkschau zu Ende.