Hamburg. Fahrten in die Elbvororte bereits verringert. Krumme Touren an den Landungsbrücken? Reedereien machen sich Vorwürfe.

Birte Dettmers hatte geahnt, dass es schwer werden würde. Aber mit diesem harten Wettbewerb hat die Chefin der Reederei FRS dann doch nicht gerechnet. Seit April betreibt die Reederei die neue Verbindung zwischen den St. Pauli-Landungsbrücken und Blankenese. „Der Kampf an den Landungsbrücken um Kundschaft ist hart“, weiß Dettmers. Daher war klar, dass die Mitbewerber den „Neuen“ in ihrer Mitte nicht gerade herzlich aufnehmen würden. Was Dettmers allerdings schildert, sieht sie selbst als an der Grenze zu unlauterem Wettbewerb. Juristisch sei das aber nicht angreifbar.

Klar ist: Aufgrund der niedrigen Fahrgastzahlen musste die private Reederei knapp zwei Monate nach dem Start bereits gegensteuern und das Angebot anpassen. Statt fünfmal täglich pendelt das Schiff nur noch viermal am Tag zwischen Hamburgs Innenstadt und den Elbvororten. Dafür beinhaltet die Tour nun einen 15-minütigen Schlenker zur Elbphilharmonie und dem Containerterminal. Außerdem wird regelmäßig am Anleger Teufelsbrück in Nienstedten gestoppt.

Schwer erkämpfter Anlegeplatz

„Das Fahrgastaufkommen könnte höher sein“, sagt Dettmers. „Wir haben gedacht, dass mehr Laufkundschaft kommt.“ Das Problem ist, dass die Besucher sich auf dem Weg zur neuen Blankenese-Fähre am schwer erkämpften Anlegeplatz an den Landungsbrücken anscheinend „verläuft“. Laut Schilderungen von betroffenen Fahrgästen, die Dettmers bestätigen kann, hilft die Konkurrenz dabei nach. Ticketverkäufer würden Kunden, die gezielt nach der neuen Fähre fragen, erzählen, dass das Schiff kaputt sei.

Außerdem würden Mitbewerber plötzlich ebenfalls intensiv Touren von den Landungsbrücken nach Blankenese anbieten und bewerben. „Jahrelang wollte keiner die geforderte Anbindung nach Blankenese machen. Plötzlich sind gleich mehrere da. Das ist doch schon erstaunlich“, sagt Dettmers.

Politikern sind die Hände gebunden

Das allein stört die Geschäftsführerin nicht. Was sie wirklich ärgert: Ein Konkurrent legt seine Passagierschiffe –, die auch nach Blankenese fahren, dort aber nicht stoppen – direkt vor und hinter die neue Fähre am Anleger an den Landungsbrücken. Bei gutem Wetter, wenn es eben viele Touristen und Besucher auf die Schiffe zieht, wird die FRS-Fähre laut Dettmers so in die Zange genommen und Laufkundschaft durch offensive Werbung abgefischt.

Juristisch könne man dagegen nicht vorgehen, so Dettmers. Und auch den Politikern sind die Hände gebunden. Unter anderem hat sich Anne Krischok in den Fall eingeschaltet. Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete mit Büro in Blankenese sagt: „Die Fährverbindung nach Blankenese, die nach langen Jahren mit viel Engagement der Bürger durch eine private Reederei endlich realisiert wurde, ist wichtig für Blankenese. Daher bedauere ich es umso mehr, dass man offenbar nicht gegen das Verhalten eines Konkurrenten vorgehen kann. Ich hoffe sehr, dass die Fährverbindung dadurch nicht scheitert.“ Auch die städtische Gesellschaft Hamburg Port Authority AöR (HPA), die die Anlegeplätze verteilt, weiß von dem Zwist und fragte beim „Platzhirsch“ nach. Das kam nicht gut an.

Wenige Fahrgäste haben mehrere Gründe

„Der Vorwurf der FRS, unsere Reederei würde ihr wettbewerbswidrig Konkurrenz machen, hat mich fassungslos gemacht. Es ist doch genau umgekehrt. Das ist eine Frechheit“, ärgert sich Nico Berg. Er ist Geschäftsführer der Elbreederei Rainer Abicht, die mit 27 Passagierschiffen im Hafen über die größte Flotte verfügt. „Wenn es ein Problem gibt, dann sollte man miteinander reden und sich nicht bei Politik oder HPA beschweren.“ Die Vorwürfe weist er entschieden zurück. Abicht sei schon immer nach Blankenese gefahren und ein paar Werbeaufsteller könnten doch nicht das Geschäftsmodell der neuen Reederei gefährden. „Das klingt für mich, als hätte man seine Hausaufgaben nicht gemacht“, schießt er zurück.

Allein der Konkurrenz will Dettmers die Schuld an dem geringen Fahrgastaufkommen auch nicht geben. „Das hat mehrere Gründe. Bei dieser Wetterlage will keiner Boot fahren. Zudem müssen wir noch bekannter werden“, betont die Geschäftsführerin. G20 sei zudem eine touristische Katastrophe gewesen. „Wir haben den Fährverkehr tagelang eingestellt“, so Dettmers. Trotz allem will sie aber an dem Projekt festhalten: „Wir bleiben optimistisch. Das braucht einfach Zeit.“

Dass die Reederei so schnell nicht aufgeben will, zeigt auch die Plakatierung an den Landungsbrücken. Dort schlägt man zurück, wirbt offensiv mit einem günstigeren Fahrpreis als die Konkurrenz. Ein Stoß, der anscheinend sitzt. Denn Nico Berg ist auf das Thema Preisgestaltung nicht gut zu sprechen.

Was ihn stört: FRS kann aufgrund des Liniendienstes die Fahrten nach Blankenese mit sieben statt der üblichen 19 Prozent versteuern. Dadurch kann die Reederei die Fahrten günstiger anbieten. „Ist das gegenüber den ansässigen Unternehmen fair?“, fragt Berg. Er verweist darauf, dass FRS mit einer Großen Hafenrundfahrt wirbt und nicht mit einem Linienfährdienst. „Daraus resultiert ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber den ansässigen Anbietern“, kritisiert Berg. Der Kampf an den Landungsbrücken wird wohl in eine neue Runde gehen.

Initiative

Die städtische Fährgesellschaft Hadag hatte im Jahr 2005 den Verkehr auf der Nieder­elbe eingeschränkt. Seither kämpfen Anwohner und Fans der Fährlinie darum, dass wieder an die alten Zeiten angeknüpft wird. Vor einigen Jahren gründete sich eine Initiative aus Anwohnern, Politikern, Prominenten sowie zahlreichen Vereinen und Verbänden, die sich vehement für einen Linienverkehr bis Wedel und Cranz einsetzt.