Hamburg. Ladestationen vor Einkaufszentren und in Parkhäusern geplant. Neue Smartphone-App für Privatkunden informiert über Stromverbrauch.

Bevor Michael Prinz im Frühjahr nach Hamburg wechselte, war er Geschäftsführer einer Essener Unternehmensberatung, deren Kunden vornehmlich Energieversorger und Stadtwerke sind. Zugleich führte er ein Unternehmen, das Smartphone-Apps für die Branche programmiert. Mit deren Hilfe können Privatkunden etwa den Stromverbrauch ihres Haushalts regelmäßig erfassen sowie dem Versorger bei der Jahresablesung elektronisch den Zählerstand mitteilen.

Das ist eines der Themen, die Prinz nun auch als Chef des städtischen Strom- und Gasversorgers Hamburg Energie angehen will. Am 1. Mai hat der 45-Jährige die Position von Michael Beckereit übernommen. Der hatte jahrelang sowohl Hamburg Wasser, den Wasserver- und -entsorger der Hansestadt, als auch das 100-prozentige Tochterunternehmen Hamburg Energie in Personalunion als Sprecher der Geschäftsführung geleitet. Nun zieht Beckereit (66) sich zurück, das Management der beiden Unternehmen wird entflochten. Erster Schritt: Mit Prinz hat Hamburg Energie nun einen eigenen Sprecher der Geschäftsführung.

Viele freie Dachflächen für Fotovoltaik-Anlagen

„Wir wollen es unseren Kunden so komfortabel wie möglich machen. Eine solche App ist ein einfaches Instrument, ein erster Schritt, um die Digitalisierung in den nächsten Jahren voranzutreiben“, sagt der Wirtschafts- und Elektrotechnik-Ingenieur. Das Unternehmen will die Smartphone-Applikation seinen Kunden in absehbarer Zeit anbieten. Derzeit versorgt Hamburg Energie etwa 130.000 Kunden in Hamburg und den Umlandgemeinden mit Ökostrom und Gas. Vordringliches Ziel des 2009 nach dem HEW-Verkauf an Vattenfall von der Stadt gegründeten Versorgers ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Förderung der Energiewende.

Geliefert wird ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen, und erzeugt werden soll er möglichst in der Region selbst. Das geschieht etwa in der Fotovoltaik-Anlage auf dem Energiebunker in Wilhelmsburg und durch die Windkraftanlagen auf dem ehemaligen Müll- und heutigen Energieberg in Georgswerder. Im Frühjahr sind drei Wind­räder auf dem Gelände der Trimet-Aluminiumhütte im Hafen in Betrieb gegangen, in den nächsten Wochen sollen drei weitere Anlagen auf dem Grundstück des Arcelor-Mittal-Stahlwerks ans Netz gehen. Zudem lässt Hamburg Energie derzeit gemeinsam mit den Stadtwerken Winsen einen Windpark nahe der Kreisstadt errichten.

Das reicht aber noch nicht, um alle Kunden zu 100 Prozent mit Strom aus eigenen Quellen zu beliefern. „Ende des Jahres erreichen wir einen Anteil von knapp 60 Prozent“, sagt Prinz. Der Rest wird eingekauft. Dass sich Hamburg Energie etwa an einem Offshore-Windpark beteiligt, ist für Prinz keine Option. „Das hat ja nichts mit Hamburg zu tun. Hamburg Energie ist ein lokales Unternehmen, ist städtisch und für Kunden in Hamburg da.“ Deren Zahl soll mittelfristig auf etwa 150.000 steigen, lautet das Ziel. Und künftig will Hamburg Energie auch die Batterien von Elektroautos mit Ökostrom aufladen. Deshalb ist der Einstieg in den Aufbau der Ladeinfrastruktur geplant. „Uns geht es um Antworten auf die Frage: Wie lade ich sicher mein Elektroauto mit Ökostrom – egal, wo ich bin, zum Beispiel zu Hause oder am Arbeitsplatz?“, sagt Prinz.

Hamburg Energie werde künftig verstärkt auf Wohnungsunternehmen, Einkaufscenterbetreiber und andere Firmen zugehen, die ihren Mietern, Kunden und Beschäftigten Ladestationen in Tiefgaragen, Parkhäusern oder auf eigenen Parkplätzen zur Verfügung stellen wollen. „Das ist ein ganz wichtiges Feld für die Umsetzung des Verkehrswende. Unsere Produkte werden bereits den ersten Unternehmen vorgestellt“, sagt Prinz.

Abwärme von Metallhütten tief in der Erde speichern

Einen engen Kontakt zur örtlichen Wirtschaft sucht der Geschäftsführer auch, um die eigene Stromerzeugung auszubauen. „Es gibt bei Hamburger Wohnungswirtschaftsunternehmen noch sehr viele freie Dachflächen, die sich als Standort für Fotovoltaikanlagen anbieten und somit Mieterstrom-Modelle ermöglichen.“ In solchen Modellen profitieren auch die Mieter in einem Haus von den Solarzellen auf dem Dach.

Ein weiteres Feld neben Strom aus Sonne und Wind ist die Wärmeerzeugung und -nutzung. Die in großen Metallhütten wie Trimet und Stahlwerk oder beim Kupfererzeuger Aurubis anfallende Prozesswärme soll nicht länger in der Atmosphäre verpuffen, sondern mindestens in Teilen als Fernwärme Hamburger Wohnungen beheizen. Im Sommer muss die Abwärme dafür zunächst in tieferen Erdschichten gespeichert und dann bei Bedarf wieder heraufgeholt und in die Fernwärmeleitungen eingespeist werden.