Hamburg. Zur Aufarbeitung der Krawalle müssen Zeugen befragt werden können, fordert die Opposition. Es geht auch um Akteneinsicht.

Zwei Wochen vor der Konstituierung des Sonderausschusses zur Aufarbeitung der Gewaltexzesse beim G20-Gipfel hat die Opposition den Druck auf die rot-grüne Koalition erhöht. In einem zweitseitigen Eckpunkte-Papier fordern CDU und FDP, der Sonderausschuss, der am 31. August zusammentritt, müsse dieselben Rechte bekommen wie ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss. Er müsse sich Akten vorlegen lassen und Zeugen und Sachverständige befragen können.

„Diese Rechte müssen analog zu den Regelungen des Gesetzes über die Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrechte einem Viertel der Abgeordneten zustehen“, schreiben die Innenpolitiker Dennis Gladiator (CDU) und Carl Jarchow (FDP) in dem gemeinsamen Papier, das dem Abendblatt vorliegt.

Drei wesentliche Aspekte

Die Aufarbeitung müsse drei wesentliche Aspekte umfassen, so die beiden Bürgerschaftsabgeordneten: die Vorbereitungen des Gipfels (inklusive der Sicherheitsgarantien des Bürgermeisters), die Geschehnisse während des Gipfels (Gewaltexzesse, Rolle von Linksextremisten, Verhalten des Bürgermeisters während der Ausschreitungen) und Ereignisse und Konsequenzen nach dem Gipfel (Aussagen des Bürgermeisters, Zukunft der Roten Flora).

„Es reicht nicht aus, wenn die Regierungsfraktionen zusagen, Unterlagen vorzulegen und die Befragung von Zeugen zu ermöglichen, da die Wahrnehmung dieser (Kontroll-)Rechte ansonsten allein von dem guten Willen und der Mehrheit der den Senat tragenden Fraktionen abhängt, wodurch eine ernsthafte Aufklärung ad absurdum geführt würde“, schreiben Gladiator und Jarchow.

In der kommenden Wochen wollen sich die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Andreas Dressel und Anjes Tjarks, mit den Vertretern der anderen Bürgerschaftsfraktionen treffen, um Details zu klären. „Wir haben bereits konkrete Vorschläge für den Fahrplan, für die Aktenvorlage und für eine Unterstützung der Fraktionen bei der Ausschussarbeit entworfen und freuen uns, dass CDU und FDP auch mit konkreten Vorschlägen kommen“, ließen Dressel und Tjarks am Donnerstag wissen. „Parteienstreit um die Aufarbeitung wäre sicher die falsche Konsequenz nach den Krawallen.“

Polizei hält Einsatz für rechtlich gedeckt

Hintergrund: Für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses sind die Stimmen eines Viertels der Bürgerschaftsabgeordneten (mindestens 31 von 121) nötig. CDU und FDP kommen zusammen nur auf 29 Sitze, bräuchten also die Unterstützung von Linken oder AfD.

Unterdessen hat die Polizei nach einem dpa-Bericht mitgeteilt, sie halte den Einsatz von Reizgas beim Gipfel für rechtlich gedeckt. Auswärtige Einsatzkräfte hätten keinesfalls Anordnungen des Polizeiführers umgangen. Laut „Spiegel Online“ hatten Polizeieinheiten während der G20-Proteste in 67 Fällen Reizgas verschossen.

G20-Krawalle: Zerstörungswut in Hamburg

G20-Krawalle: Zerstörungswut in Hamburg

Nach Straßenschlachten am Rande des G20-Gipfels sind die Zerstörungen im Hamburger Schanzenviertel groß. Einsatzkräfte der Feuerwehr löschen am Sonnabendmorgen (8. Juli 2017) die letzten Brände.
Nach Straßenschlachten am Rande des G20-Gipfels sind die Zerstörungen im Hamburger Schanzenviertel groß. Einsatzkräfte der Feuerwehr löschen am Sonnabendmorgen (8. Juli 2017) die letzten Brände. © dpa | Axel Heimken
Die Randalierer bauten nicht nur Barrikaden und legten Brände, sie plünderten auch Geschäfte – etwa diese Drogerie.
Die Randalierer bauten nicht nur Barrikaden und legten Brände, sie plünderten auch Geschäfte – etwa diese Drogerie. © dpa | Kay Nietfeld
Am Morgen nach den Krawallen wird das Ausmaß der Zerstörungswut sichtbar – und das Aufräumen beginnt.
Am Morgen nach den Krawallen wird das Ausmaß der Zerstörungswut sichtbar – und das Aufräumen beginnt. © dpa | Daniel Bockwoldt
Die Inhaber dieses Geschäftes hatten wohl nicht mit einem solchen Ausmaß von Zerstörungswut gerechnet und ihre Scheiben nicht vorsorglich geschützt.
Die Inhaber dieses Geschäftes hatten wohl nicht mit einem solchen Ausmaß von Zerstörungswut gerechnet und ihre Scheiben nicht vorsorglich geschützt. © dpa | Daniel Bockwoldt
Angezündet wurde in Hamburg in der Nacht so ziemlich alles, von Fahrrädern über Mülltonnen bis zu Autos und Barrikaden.
Angezündet wurde in Hamburg in der Nacht so ziemlich alles, von Fahrrädern über Mülltonnen bis zu Autos und Barrikaden. © REUTERS | FABIAN BIMMER
Die Stadtreinigung versucht am nächsten Morgen das Chaos zu beseitigen.
Die Stadtreinigung versucht am nächsten Morgen das Chaos zu beseitigen. © REUTERS | FABIAN BIMMER
Polizeibeamte räumten am Morgen Miet-Fahrräder von der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel.
Polizeibeamte räumten am Morgen Miet-Fahrräder von der Straße Schulterblatt im Schanzenviertel. © dpa | Christian Charisius
In der Nacht zuvor waren gewaltbereite Demonstranten auch mit Pflastersteinen auf Polizisten losgegangen.
In der Nacht zuvor waren gewaltbereite Demonstranten auch mit Pflastersteinen auf Polizisten losgegangen. © dpa | Axel Heimken
Eine Spur der Verwüstung vor der Roten Flora, einem autonomen Zentrum.
Eine Spur der Verwüstung vor der Roten Flora, einem autonomen Zentrum. © dpa | Axel Heimken
Mit so viel Gewaltbereitschaft hatten wohl weder die Polizei noch die Stadtverwaltung gerechnet.
Mit so viel Gewaltbereitschaft hatten wohl weder die Polizei noch die Stadtverwaltung gerechnet. © dpa | Markus Scholz
Brennende Barrikaden im Schanzenviertel.
Brennende Barrikaden im Schanzenviertel. © dpa | Bodo Marks
Die Polizei war mit mehr als 20.000 Einsatzkräften in der Stadt, hatte am Freitagmorgen nochmal Verstärkung aus anderen Bundesländern angefordert. In der Nacht zu Samstag stürmten Spezialeinsatzkräfte der Polizei den verbarrikadierten Teil des Schanzenviertels.
Die Polizei war mit mehr als 20.000 Einsatzkräften in der Stadt, hatte am Freitagmorgen nochmal Verstärkung aus anderen Bundesländern angefordert. In der Nacht zu Samstag stürmten Spezialeinsatzkräfte der Polizei den verbarrikadierten Teil des Schanzenviertels. © dpa | Kay Nietfeld
Spezialkräfte der Polizei versuchten, die Lage im Schanzenviertel unter Kontrolle zu bringen.
Spezialkräfte der Polizei versuchten, die Lage im Schanzenviertel unter Kontrolle zu bringen. © dpa | Michael Kappeler
Die Randalierer plünderten auch einen Supermarkt.
Die Randalierer plünderten auch einen Supermarkt. © Getty Images | Thomas Lohnes
Anarchische Zustände am Rande des G20-Gipfels.
Anarchische Zustände am Rande des G20-Gipfels. © Getty Images | Thomas Lohnes
Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Pfefferspray gegen die Randalierer vor. Die Bilanz am Morgen: 197 verletzte Polizisten, zahlreiche Festnahmen, mehrere Haftbefehle. Wie viele Demonstranten verletzt wurden, ist unklar.
Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Pfefferspray gegen die Randalierer vor. Die Bilanz am Morgen: 197 verletzte Polizisten, zahlreiche Festnahmen, mehrere Haftbefehle. Wie viele Demonstranten verletzt wurden, ist unklar. © Getty Images | Thomas Lohnes
Zerstörungswut im Schanzenviertel.
Zerstörungswut im Schanzenviertel. © Getty Images | Thomas Lohnes
Zerstörungswut im Schanzenviertel.
Zerstörungswut im Schanzenviertel. © Thomas Lohnes
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