Hamburg. Stickoxid-Werte weit über Grenzwerten. Naturschützer verweisen auf neues Urteil und verlangen Einhaltung schon im Jahr 2018.

Auch in Hamburg könnte es schon bald umfassende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge geben. Hintergrund: Angesichts der nach wie vor deutlich zu hohen Stickoxidwerte an allen Hamburger Messstationen und neuen Gerichtsurteile will der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) seine Gangart verschärfen.

Er droht nun offen mit einer Klage gegen den neuen Luftreinhalteplan, den Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Juni vorgelegt hat. Dieser sieht eine Einhaltung der seit 2010 gültigen EU-Grenzwerte für das giftige Stickoxid an allen Hamburger Straßen erst für 2025 vor. BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch fordert nun, dass dieses Ziel schon 2018 erreicht werden müsse. Das aber wäre nur mit Fahrverboten für Dieselfahrzeuge möglich.

Massive Grenzwertüberschreitung

„Wir haben in Hamburg weiterhin eine massive Grenzwertüberschreitung bei den Stickoxiden. Dies bestätigt auch die Auswertung der ersten sieben Monate in diesem Jahr“, sagte Braasch dem Abendblatt. „Nach den jüngsten Urteilen zur Luftreinhaltung steht fest, dass der gerade vorgelegte Luftreinhalteplan nachgebessert werden muss. Um Fahrverbote kommt auch Hamburg nicht herum, anders ist die erforderliche schnelle Einhaltung der Grenzwerte nicht möglich.“

Bundesweit hätten die Gerichte deutlich gemacht, „dass es um die Gesundheit der Menschen geht, die Städte handeln müssen und Fahrverbote ein wichtiges und legitimes Instrument sind“, so Braasch. „Wir hoffen, dass Senat und Bürgerschaft endlich auf eine Luftreinhaltepolitik einschwenken, die die Menschen schützt. Spätestens 2018 müssen die Grenzwerte in ganz Hamburg eingehalten werden. Sollte der neue Luftreinhalteplan nicht nachgebessert werden, bleibt eine erneute Klage notgedrungen eine Option für den BUND.“

BUND-Landesgeschäftsführer
Manfred Braasch
BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch © picture alliance

Die Position der Umweltschützer wurde zuletzt durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart gestärkt. Das stellte im Juli klar, dass Fahrverbote nicht gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstießen. „Der Schutz der Rechtsgüter Leben und Gesundheit der betroffenen Wohnbevölkerung“ sei „höher zu gewichten als die dagegen abzuwägenden Rechtsgüter der von dem Verkehrsverbot betroffenen Kraftfahrzeugeigentümer“, so die Richter. Und sie machten deutlich, dass sie keine jahrelangen Verzögerungen mehr dulden. Schon im Januar 2018 müssten die Grenzwerte eingehalten werden. Mit Fahrverboten sei das möglich.

Umweltsenator Kerstan gibt sich noch gelassen

Hamburgs Umweltsenator Kerstan gibt sich noch gelassen. Das Stuttgarter Urteil habe „keine Auswirkungen für Hamburg“, glaubt er. „Als erste Großstadt haben wir einen Luftreinhalteplan beschlossen, der den Weg zeigt, wie Hamburg schnellstmöglich – genau wie vom Hamburger Verwaltungsgericht gefordert - die EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxide einhalten wird“, sagte Kerstan. „Der Plan enthält zehn auf ihre Wirksamkeit umfassend berechnete Maßnahmepakete für die gesamte Stadt und entfaltet seine Wirkung ab 2020.“

Für den 12. September ist eine Expertenanhörung zum Thema im Umweltausschuss der Bürgerschaft geplant. Danach werde man über eine mögliche Klage entscheiden, heißt es vom BUND.