Hamburg. Bezirk und Senat müssten mehr tun, um Anwohner zu schützen. SPD prüft Möglichkeit eines neuen Gesetzes.

Der Mieterverein zu Hamburg schaltet sich mit scharfer Kritik in die Debatte um das sogenannte „Cornern“ ein. Bezirke und Senat unternähmen deutlich zu wenig, um die Anwohner vor ausufernden spontanen Feiern auf Kreuzungen und Straßen zu schützen. „Seit Jahren werden ihre Beschwerden über Belästigungen, Ruhestörungen, Uringestank und verdreckte Straßen von der Politik ignoriert“, heißt es in einer Mitteilung.

Wie berichtet, treffen sich insbesondere auf St. Pauli und in Ottensen in der Spitze jeweils bis zu 300 Menschen, um Bier zu trinken und Musik zu hören – oft mit günstigen Getränken aus Kiosken, die immer zahlreicher werden. Ob das „Cornern“ generell negativ gesehen werden muss, ist umstritten. Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) aus Mitte bezeichnete aber die Kioskkultur als Phänomen, das „St. Pauli kaputt zu machen droht“. Bars, Kneipen und Diskotheken klagen über teils existenzbedrohliche Geschäftseinbußen.

Mieterverein kritisiert die Politik – besonders die Straßenreinigungsgebühr

Bislang habe die Politik aber keine entschiedenen Maßnahmen ergriffen, sagte Siegmund Chychla, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. „Statt für Abhilfe zu sorgen, sollen die Anlieger noch zusätzlich bestraft und ab 2018 auch mit einer Straßenreinigungsgebühr belastet werden.“ Diese müssten zwar von Grundeigentümern entrichtet werden, würden aber sehr wahrscheinlich an die Mieter weitergegeben. Chychla nennt die Gebühr deshalb einen „Schildbürgerstreich“. Die Straßenreinigungsgebühr ist Teil einer Sauberkeitsoffensive des Senats.

Der Bezirksamtsleiter Droßmann hatte bereits im vergangenen Jahr dagegen die Schaffung eines Landesgaststättengesetzes gefordert, um den Verkauf von Alkohol an den Kiosken zumindest zeitweise einschränken zu können. Über eine Umsetzung herrscht aber noch immer keine Einigkeit.

SPD-Fraktion sieht Handlungsbedarf beim „Cornern“

Die zuständige SPD-Regierungsfraktion im Rathaus steht dem Vorschlag offen gegenüber. „Auch wir sehen Handlungsbedarf“, sagte Arno Münster, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, auf Anfrage. „Eine landeseigene Regelung ist und bleibt eine mögliche Option. Gleichwohl ist das in rechtlicher Hinsicht, aber auch in der praktischen Umsetzung, kein einfaches Unterfangen.“

Die Grünen in Altona forderten, auch weitere Maßnahmen nach dem Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG) zu prüfen. Ein Polizeisprecher sagte, dass die Zahl der Beschwerden derzeit rückläufig sei – gleichwohl gestalte sich der Einsatz für die Beamten vor Ort „schwierig“. Eine Befassung mit dem Thema werde von der Polizei begrüßt.

Bezirksamtschef Falko Droßmann sagte, man stehe mit den betroffenen Bars und Kneipen in engem Kontakt. „Wir helfen im Rahmen unserer Möglichkeiten“, so Droßmann.