Rostock. Sachverständiger vermutet nach dem Schiffsunfall ein Kommunikationsproblem. Fuhr die Fähre rückwärts?
Nach der Kollision mit einer Fähre während der Hanse Sail muss der historische Dampfeisbrecher "Stettin" noch in Rostock bleiben. Ein Termin für die Rückfahrt zu seinem Liegeplatz im Hamburger Museumshafen in Neumühlen sei noch ungewiss, hieß es am Montag bei dem Betreiberverein der 1933 gebauten "Stettin", die als das weltweit größte noch mit Kohle befeuerte Seeschiff gilt.
Derzeit befänden sich Spezialisten der Hamburger Werft Blohm + Voss an Bord, um zu ermitteln, wie der Eisbrecher mit einer Notreparatur wieder fahrtüchtig gemacht werden kann. Man hoffe aber, dass die "Stettin" zum Ende der Woche wieder in Hamburg sein könne. Weitere Fahrten mit Passagieren habe man bis dahin abgesagt.
Behörden ermitteln noch zum Unfall der Stettin
Bei dem Unfall am Sonnabend waren zehn Gäste nach Polizeiangaben leicht verletzt worden, als das Hamburger Traditionsschiff bei Warnemünde mit der finnischen Fähre zusammengestoßen war. Ein Video zeigt, wie der Eisbrecher gegen das Heck der deutlich größeren Lkw-Fähre gerät. Noch ermitteln die Behörden, wie es zum Unfall kommen konnte.
Vereinsmitglieder weisen eine Schuld der Eisbrecher-Besatzung jedoch inzwischen von sich. Die "Stettin" habe einen Lotsen an Bord gehabt. Und wie das Video zeige, sei die Fähre rückwärts in das Fahrwasser geraten.
Tatsächlich drehen die Fähren in diesem Bereich des Warnemünder Hafens schon früh und fahren rückwärts auf der für sie dann falschen Fahrwasserseite an den Liegeplatz – was aber allgemein bekannt ist. Wichtig ist daher eine Absprache zwischen den Schiffen. "Und hier hat es wohl ein Kommunikationsproblem gegeben", sagte ein Unfallsachverständiger im Schifffahrtsverkehr dem Abendblatt.
Nächste Fahrten, etwa nach Cuxhaven, sind ungewiss
Der Rumpf der "Stettin" wurde dabei oberhalb der Wasserlinie auf etwa zwei Metern aufgeschlitzt. Weil der Stahlrumpf aber noch genietet ist, müssen nun Spezialisten zunächst den Schaden genauer untersuchen und dann über weitere Reparaturen beraten.
"Auf jeden Fall wird das sehr teuer", sagt Helmut Rohde, Technik-Vorstand des Vereins, der die "Stettin" allein mit ehrenamtlicher Arbeit und bezahlten Gästefahrten am Leben erhält. Bis zu 185 Passagiere kann der Dampfeisbrecher mitnehmen. Eine nächste größere Fahrt nach Cuxhaven steht für den kommenden Sonnabend im Fahrplan. "Aber das ist nun auch fraglich geworden", sagt Rohde.
Der Unfall kommt unterdessen für die deutsche Traditionsschifffahrt zur Unzeit. Das Bundesverkehrsministerium bereitet derzeit strengere Sicherheitsvorschriften vor, gegen die betroffene Vereine seit Monaten schon Sturm laufen. Auf sie kämen vielfach teure Nachrüstungen und strengere Gesundheitsauflagen für die Besatzungen zu. Die Schiffe seien dann nicht mehr zu finanzieren, so die Kritik.