Hamburg. Die Andreas Franke Gruppe und die Pflegeheim-Kette Vitanas haben die Mehrheit ihrer Anteile verkauft. Was wird aus dem Unternehmen?

Der Verkauf ist perfekt: Am Montag gaben die bisherigen Eigentümer von „Pflegen & Wohnen“ bekannt, dass sie die Mehrheit ihrer Anteile an den US-Investor Oaktree abgegeben haben. Eine Minderheitsbeteiligung – angeblich zehn Prozent – verbleibt bei der Berliner Pflegeheim-Kette Vitanas und der Andreas Franke Unternehmensgruppe. Bereits am Dienstag will Hermann Dambach, Deutschland-Chef von Oaktree, bei der außerordentlichen Betriebsversammlung im Festsaal von „Pflegen & Wohnen“ die Fragen der Belegschaft beantworten.

Eigentümer hoffen auf einen Erlös von 500 Millionen Euro

Dambach darf sich auf eine turbulente Versammlung einstellen. Die Stimmung im Unternehmen gilt als angespannt, viele Mitarbeiter fürchten nach Abendblatt-Informationen, dass sich unter dem neuen Eigentümer ihre Lage verschlechtern könnte. Offenbar haben mehrere Angestellte von sich aus gekündigt.

Vitanas und die Andreas Franke Unternehmensgruppe hatten „Pflegen & Wohnen“ 2007 vom Senat übernommen und seitdem Millionen Euro in die teilweise heruntergekommenen Häuser investiert. Die Eigentümer verpflichteten sich für zehn Jahre, das Unternehmen zu halten. Vitanas machte sich nach Ablauf dieser Frist für einen Verkauf stark. In einem Interview mit dem Branchendienst Care Invest im Juni hoffte Vitanas-Chef Nikolai P. Burkart auf einen Erlös von 500 Millionen Euro. Mit 13 Heimen, 2690 Plätzen und 1700 Mitarbeitern ist „Pflegen & Wohnen“ der größte private Pflegeheimanbieter der Hansestadt.

Geschäftsführer will das Unternehmen ausbauen

Thomas Flotow, Geschäftsführer von „Pflegen & Wohnen“, gab sich am Montag in einer Pressemitteilung optimistisch. Man freue sich „die positive Entwicklung des Unternehmens gemeinsam mit unserem neuen Eigentümer“ fortzusetzen: „Wir werden nicht nur an allen bisherigen 13 Standorten weiter unser pflegerisches Angebot in der gewohnten Qualität anbieten, sondern wollen perspektivisch mit neuen zusätzlichen Standorten und pflegerischen Angeboten in Hamburg wachsen.“

Senat will verhindern, dass Grundstücke verkauft werden

Der Senat beobachtet den Verkaufsprozess dennoch mit großer Sorge. „Alten- und Pflegeeinrichtungen sollten keine Spekulationsobjekte sein“, fordert Gesundheitssenatorin­ Cornelia Prüfer-Storcks. Mit Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt hat sie inzwischen verfügt, dass auf allen Grund­stücken weiterhin ausschließlich Alten- und Pflegeeinrichtungen betrieben werden können. Damit will der Senat verhindern, dass der US-Investor die Grundstücke gewinnbringend verkauft. Diese Entscheidung sorgte bereits für Streit mit den Noch­eigentürmern. Nach Ansicht von Vitanas hätte man den Käufern gestatten können, einen Teil des 33.000 Quadratmeter großen Grundstücks in Wilhelmsburg für andere Zwecke zu nutzen, da für die Altenpflegeeinrichtung nur 7000 Qua­dratmeter gebraucht würden.

Betriebsrat fordert Eigenständigkeit des Unternehmens

Oaktree kann sich auch auf harte Verhandlungen mit dem Betriebsrat gefasst machen. Der Arbeitnehmervertreter fordert vor allem, dass der derzeitige Haustarifvertrag weiter gilt. Bereiche wie Küche oder Reinigung dürften nicht in den Niedriglohnsektor ausgelagert werden. „Pflegen & Wohnen“ müsse ein eigenständiges Unternehmen mit Firmensitz Hamburg bleiben, dürfe nicht mit der Berliner Kette verschmolzen werden.

Der Betriebsrat erwartet, dass sich Dambach bei der Betriebsversammlung detailliert zu der Zukunft von „Pflegen & Wohnen“ äußern wird. Oaktree müsse für eine „bessere und transparentere Informationspolitik“ sorgen. Immerhin verlief Mitte Juni ein erstes Kennenlerngespräch zwischen Betriebsrat und Dambach positiv.

Irritationen bei Senatorin Prüfer-Storcks über Verkauf

Dambachs diplomatische Fähigkeiten werden auch im Verhältnis zur Stadt gefragt sein, wo die Nocheigentümer viel Porzellan zerschlagen haben. So erfuhr Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks erst auf aktive Nachfrage von den Verkaufsverhandlungen. Umso mehr wunderte man sich in der Gesundheitsbehörde über eine Attacke von Vitanas-Chef Nikolai P. Burkart in einem Branchendienst: „Nachdem die Senatorin mich jahrelang geschnitten hat, sagt sie mir jetzt, ich sei als Mittelständler der ideale Unternehmer für ,Pflegen & Wohnen’, aber ein Private-Equity-Unternehmen wie Oaktree sei in Hamburg nicht willkommen.“