Hamburg. Die Kunden müssen fast drei Jahre mit den Bauarbeiten leben. Das Geldinstitut plant ein neues Filialkonzept.
Ein 220 Tonnen schwerer Tresor zieht um, ein Erdgeschoss wird um Meter abgesenkt, Eigentümer und Mieter investieren Dutzende Millionen Euro – bei der Commerzbank am Jungfernstieg hat ein umfassender Umbau begonnen. „Wir werden hier bis zum ersten Halbjahr 2020 eine Baustelle haben“, sagt Frank Haberzettel, Bereichsvorstand für das Privatkundengeschäft der Bank in der Region Nord. „Da muten wir unseren Kunden einiges zu, aber der Geschäftsbetrieb wird während des Umbaus ununterbrochen weitergehen.“ Die Commerzbank habe sich bewusst dagegen entschieden, vorübergehend eine Containerfiliale am Jungfernstieg zu beziehen. Betroffen von dem Umbau sind 70.000 Kunden.
Das Geldinstitut ist zwar Mieter in dem traditionsreichen Haus am Jungfernstieg 22, investiert aber einen Millionenbetrag in die Umgestaltung der von ihr genutzten Räume. „Wir haben uns einen langfristigen Anschlussmietvertrag gesichert“, sagt Haberzettel. Es ist ein Bekenntnis zum Standort Hamburg.
Gemessen an der Zahl der Kunden und der Filialen ist die Commerzbank nach der Haspa das zweitgrößte Geldinstitut in der Hansestadt, und sie ist weiter auf Wachstumskurs. „Allein im ersten Halbjahr haben wir netto 9000 Neukunden gewonnen“, sagt Haberzettel. Das seien 80 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt werden 450.000 Kunden betreut. „Wir schließen in Hamburg keine Filialen, wir wollen noch zwei weitere eröffnen“, kündigt Haberzettel an. Neue Filialstandorte in der HafenCity und im Bereich Sternschanze sind geplant. Am Jungfernstieg kommt die Bank nach dem Umbau mit etwa einem Drittel weniger Fläche aus. Bisher hatte sie für die Filiale und in den oberen Stockwerken 10.000 Quadratmeter angemietet.
Der Umbau ist Bestandteil einer groß angelegten Revitalisierung des Gebäudekomplexes Jungfernstieg/Ecke Große Bleichen durch den Immobilienentwickler Art-Invest. Er investiert im Auftrag der Eigentümer 25 Millionen Euro in das Projekt. So entstehen zusätzlich 2500 Quadratmeter Einzelhandelsflächen. Das Bankgebäude erhält im Erdgeschoss bodentiefe Fenster, die Fassade erhält ihre ursprüngliche Anmutung zurück, wird klarer gegliedert.
Denkmalgeschützter Tresor wird versetzt
Derzeit wird der alte, denkmalgeschützte Tresor innerhalb des Gebäudes versetzt. Vorher musste an dem neuen Standort die Stabilität des Fußbodens erhöht werden. Der Tresor wiegt 220 Tonnen. Der Zugang in die Filiale wird nach dem Umbau ebenerdig möglich sein. Auch das erfordert umfangreiche bauliche Veränderungen an dem in Teilen unter Denkmalschutz stehenden Gebäude. „Wir sind dem Denkmalschutz sehr dankbar, dass wir zusammen Lösungen gefunden haben, die dem Charakter des Gebäudes, aber auch einem modernen Bankbetrieb gerecht werden“, sagt Haberzettel.
Die Absenkung der Filiale auf das Niveau der Straße, um einen ebenerdigen Eingang zu ermöglichen, ist die größte bauliche Herausforderung. Bisher müssen die Kunden Treppen steigen, um in die Filiale zu kommen. Im Souterrain befinden sich noch zwei Einzelhändler, die nun weichen müssen. Das Lederfachgeschäft Donna ist bereits ausgezogen, die Filiale der Silbermanufaktur Robbe & Berking hat noch geöffnet. Ihr Geschäft wird künftig wenige Meter weiter in den Großen Bleichen 3 angesiedelt sein
Die Umbauarbeiten der Kundenhalle beginnen erst im vierten Quartal 2018. Dann wird die Bankfiliale über die Großen Bleichen 3 zugänglich sein. „Am Ende wird das die schönste Filiale der Commerzbank in Deutschland sein“, sagt Haberzettel. In die Schalterhalle mit Marmorboden, Stuck und vielen Säulen wird durch neue Fenster mehr Licht fallen. Neu ist auch das Konzept einer direkten Ansprache der Kunden in der Filiale. Der Kunde trifft unweigerlich auf einen Tresen, wo ein Mitarbeiter nach seinen Wünschen fragt. Abgerundet wird das neue Filialkonzept mit einer Lounge und Kaffeebar.
Mit dem Umbau am Jungfernstieg zu einem Flagshipstore beginnt bei der Commerzbank die Neugestaltung der anderen Filialen. In Hamburg soll sie ebenfalls 2020 abgeschlossen sein. Flagshipstores hat die Commerzbank bisher nur in Berlin und Stuttgart.
Standorte kommen auf den Prüfstand
Die Filialen in der Hansestadt und dem südlichen Umland sollen zwar erhalten bleiben, aber alle 49 Standorte kommen auf den Prüfstand, kündigt Haberzettel an. Die Frage lautet: Welche Leistungen sollen sie künftig noch anbieten? Klar ist schon jetzt, dass Kunden nicht mehr in allen Filialen alle Leistungen erhalten. „Wir werden das Angebot so strukturieren, dass die Filialen leistungseffizient sind“, sagt Haberzettel. Doch welche Standorte abspecken, ist noch nicht entschieden.
Haberzettel beschreibt mögliche Veränderungen am Beispiel der 800 Meter vom Jungfernstieg entfernten Filiale an der Mönckebergstraße. „Wenn dort ein Kunde eine Baufinanzierungsberatung wünscht, kann er entweder in die Filiale am Jungfernstieg kommen, oder der Berater geht in die Mönckebergstraße.“ Am Ende werde es drei Filialtypen geben. Die Vorzeigefiliale am Jungfernstieg, weitere Flagshipstores in denen nicht alle Spezialisten immer vor Ort sind, sondern bei Bedarf hinzugezogen werden. Zudem bis zu 80 Quadratmeter große City-Filialen, die grundlegende Bankdienstleistungen anbieten.
Digitalisierung wichtiges Thema
Die Commerzbank ist damit auf einem Weg, den auch die Haspa geht. Sie investiert 30 Millionen Euro in ihre knapp 150 Filialen. Deutsche Bank und HypoVereinsbank dagegen haben ihr Filialnetz in der Hansestadt deutlich ausgedünnt. Haberzettel setzt zwar auch auf Digitalisierung des Bankgeschäfts, hält aber Filialen für unverzichtbar: „Zwei Drittel der Kunden wollen beide Zugangswege, und die meisten Online-Kontoeröffnungen haben wir im Umkreis einer Filiale.“