Hamburg. Ein Stopp für Luxussanierungen und Eigentumswohnungen soll einer Verdrängung der Altmieter vorbeugen.

Die nördliche Neustadt rund um den Großneumarkt ist nicht nur bei Restaurant-Besuchern beliebt, die die eher beschauliche Atmosphäre dort schätzen. Auch die Bewohner dieses Stadtteils selbst leben größtenteils wohl ganz gerne hier. Jedenfalls bescheinigt eine Studie der Stadtentwicklungsbehörde der Gegend eine „hohe Bewohnerzufriedenheit mit ausgeprägten sozialen Netzen und Stadtteilbindungen“.

Immerhin ein Viertel der Haushalte lebe dort schon seit mindestens 30 Jahren. Allerdings haben offensichtlich auch Investoren diese Wohnidylle inzwischen entdeckt. Um die Bewohnerstruktur zu erhalten und Luxusmodernisierungen und auch Umwandlungen in Eigentumswohnungen einzudämmen, wird für die nördliche Neustadt daher jetzt eine „soziale Erhaltungsverordnung“ aufgestellt.

Soziale Erhaltungsverordnung kommt

Der politische Beschluss des Senats dazu war bereits 2015 erfolgt. Es folgten dann umfangreiche Untersuchungen – was Voraussetzung für eine solche Verordnung ist. Denn nur, wenn eine echte und nicht nur gefühlte Gefahr besteht, dass Altmieter sich ihr Viertel bald nicht mehr leisten können, darf eine Kommune ein Gebiet damit schützen.

Die Untersuchungen sind nun abgeschlossen, und auch die Bezirksversammlung hat der Verordnung kürzlich zugestimmt, die im Herbst rechtswirksam werden soll. „Das ist ein ausgezeichnetes Instrument, um Verdrängung zu verhindern“, sagt etwa Grünen-Politiker Michael Osterburg.

Und tatsächlich drohte dem Viertel eine Umwandlung. Viele Jahre sei es nicht im Fokus von Investoren gewesen, heißt es in der Untersuchung. Doch in den vergangenen Jahren habe sich dies geändert, und es seien einige Neubauten für eine „zahlungskräftige Klientel“ hinzugekommen.

Hohe Mietbelastung

Aber schon jetzt liege die Mietbelastung bei mehr als der Hälfte der Haushalte dort bei über 30 Prozent ihres Nettoeinkommens. Wobei der typische Neustädter vor allem Mieter ist: Immerhin 97,1 Prozent der Wohnungen dort sind Mietwohnungen, so heißt es in der Studie, die zu dem Schluss kommt, dass dort durch Neubau und Umbau große „Aufwertungspotenziale“ bestünden. Mit anderen Worten: Hier könnte es sich für Projektentwickler lohnen, in Immobilien zu investieren – eben mit den möglichen negativen Folgen für die Bewohner.

Mit einer sozialen Erhaltungsverordnung kann nun das Bezirksamt die Entwicklung besser steuern. Bei geplanten Abrissen, bei umfangreichen Sanierungen oder auch Nutzungsänderungen wie einer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen kann das Amt die sozialen Folgen prüfen – und entsprechende Anträge dann auch ablehnen.

Soziale Erhaltungsverordnungen gibt es mittlerweile für eine Reihe von Hamburger Stadtteilen. Die erste Hamburger Verordnung dieser Art wurde in den 90er-Jahren für das Portugiesenviertel erlassen – ebenfalls in der Neustadt.