Hamburg. Von Maklercourtage bis Mietpreisbremse – Immobilienverbandschef Axel Wittlinger über die Auswirkungen der neuen Gesetze.

Eine geänderte Maklerregelung, die Mietpreisbremse und ein neuer Pflichtnachweis, der unseriöse Anbieter verhindern soll – selten hat es so viele Änderungen in der Immobilienbranche gegeben wie in den vergangenen Monaten. Über Auswirkungen und Perspektiven hat das Abendblatt mit Axel Wittlinger, Vorsitzender des Immobilienverbands Nord, gesprochen. Der Verband zählt rund 15.000 Mitglieder, darunter Makler, Immobilienberater, Verwalter und Sachverständige.

Vor mehr als einem Jahr wurde das Bestellerprinzip eingeführt, nach dem nicht mehr der Mieter den Makler bezahlt, sondern der Vermieter. Sie waren von Anfang an dagegen – haben Sie sich inzwischen damit arrangiert?

Axel Wittlinger: Nein, das habe ich nicht. Denn das Ziel, das erreicht werden sollte, nämlich mehr Transparenz zu schaffen, wurde klar verfehlt. Und der Leidtragende ist keinesfalls nur der Makler, der jetzt weniger Umsatz macht, sondern auch der Mieter. Eine Wohnung an einem Sonnabend zu besichtigen oder zusätzlichen Service zu bekommen, das gibt es heute nicht mehr, auch das Angebot an sich ist kleiner geworden. Die Wohnungen werden zunehmend unter der Hand weitergegeben, ohne dass es öffentliche Besichtigungstermine gibt.

Aber ist es im Kern denn nicht richtig, dass derjenige den Makler bezahlt, der ihn auch bestellt?

Wittlinger: So einfach ist es nicht. Denn so, wie die neue Regelung definiert ist, ist es höchstens ein unechtes Bestellerprinzip, oder besser gesagt, ein nicht praktikables. Das liegt auch daran, dass das Gesetz besagt, dass wir keine Datenbanken mehr anlegen dürfen, weil das ja nahelegen würde, dass wir schon vorab einen Auftrag zum Vermitteln der Immobilie vom Eigentümer bekommen haben. Wir müssen also bei jedem Auftrag bei null starten. Das Gesetz geht an unserer täglichen Arbeitspraxis vorbei und führt dazu, dass viele Makler eben keine Mietwohnungen vermitteln.

Was hat das konkret für Auswirkungen für die Wohnungssuchenden?

Wittlinger: Es gibt ganz klar weniger offiziell gelistete Angebote – wir gehen von einem Rückgang um etwa ein Drittel aus. Und es gibt weniger Besichtigungen, weil die Selektion per Matching-Verfahren schon vorher anhand der Bewerbungsunterlagen stattfindet. Außerdem bekommt der Mietinteressent seitens des Maklers deutlich weniger Service, zum Beispiel bei der Bereitschaft, Besichtigungen am Wochenende oder am Abend durchzuführen, bei der Verhandlung des Mietbeginns oder über die Ausstattung, denn der Makler vertritt mit dem Bestellerprinzip einzig und allein die Interessen des Eigentümers. Das muss man auch sehen.

Und welche Auswirkungen hat das für die Makler?

Wittlinger: Viele haben sich neu aufgestellt, andere haben dieses Geschäftsfeld ganz aufgegeben. Das liegt auch daran, dass inzwischen sehr viel unter der Hand läuft. Nach dem Modell: Der Mieter geht zu seinem Vermieter und sagt, dass er ausziehen möchte und sich selbst um einen Nachmieter kümmert. Der Vermieter findet das super, weil er sonst einen Makler bezahlen würde. Jetzt liegt alles beim Vormieter, der so die Möglichkeit hat, Deals mit dem Nachmieter zu machen. Und da er den Esstisch und das olle Sofa eh loswerden wollte, verpflichtet er den Nachmieter, diese zu übernehmen. Da werden teilweise unerhörte Abstandszahlungen verlangt, und dem Nachmieter wird suggeriert, dass er keine Wahl hat und die Sachen abnehmen muss. Die Wohnungsknappheit wird so in einem Bereich ausgenutzt, der nicht mehr kontrollierbar ist. Das sind im Grunde mafiöse Zustände. Das Einzige, das sich für uns zum Guten gewandt hat, ist, dass wir mit der Thematik, ungerechtfertigt Erlöse zu bekommen, heute nicht mehr konfrontiert sind, sondern die Leistung des Maklers vom Auftraggeber wertgeschätzt wird.

Aber unseriöse Makler soll es mit dem neuen Sach- und Fachkundenachweis bald doch ohnehin nicht mehr geben. Was steckt dahinter?

Wittlinger: Als ich mich Anfang der 1980er-Jahre als Makler selbstständig gemacht habe, habe ich 50 D-Mark ans Gewerbeamt bezahlt und das war’s. Heute sind aus den 50 D-Mark zwar 1000 Euro geworden, aber von der Sache her hat sich nichts verändert. Wir als Verband fordern deswegen schon seit Jahren einen verpflichtenden Sach- und Fachkunde­nachweis für Makler und Hausverwalter. Verbandsintern haben wir das längst umgesetzt, um bei uns Mitglied zu werden, müssen die Bewerber erst einmal nachweisen, dass sie sich auskennen. Der vom Bundeskabinett beschlossene Nachweis ist aus unserer Sicht vom Niveau her noch zu niedrig angesetzt und kann nur der Anfang sein.

Was muss ein Makler denn wissen?

Wittlinger: Sehr viel. Ein paar Beispiele: Er muss die aktuelle Gesetzeslage kennen – von der Kappungsgrenze bis zur sozialen Erhaltensverordnung. Außerdem muss er sich in den Bereichen Gebäudetechnik, Haustechnik, Denkmalschutz, Bereiche des Steuer- und Baurechts, dem Grundbuch, Geldwäschegesetz und dem Datenschutz und vielem mehr auskennen. Dass wir hier einen Wissensnachweis fordern, ist doch klar. Ein Elektriker darf sich ja auch nicht ohne Aus­bildung selbstständig machen. In vielen Ländern, etwa Frankreich, Dänemark, England und anderen, ist das längst gang und gäbe.

Neben dem Bestellerprinzip gibt es noch eine andere Neuregelung, die Sie nicht mögen: die Mietpreisbremse. Was haben Sie denn gegen die?

Wittlinger: Es geht da vor allen Dingen um die Rahmenbedingungen, die die Politik schafft. Auf der einen Seite muss viel Platz geschaffen werden für neue Bürger, auf der anderen Seite kontrolliert das Justizministerium gerade die Märkte und macht es den Investoren schwer. Da geht doch was schief. Konkret heißt das: Laut Mietpreisbremse darf eine Wohnung bei Neuvermietung nur zehn Prozent teurer sein als die Mietenspiegel-Miete. Wenn die Vormiete aber höher lag, darf diese unverändert genommen werden. Für viele Eigentümer ist die vermietete Immobilie eine Altersvorsorge. Diese versuchen sie mit Modernisierungen in gutem Zustand zu erhalten. Aufgrund der Vorschriften der Mietpreisbremse finden sie dafür nicht den angemessenen Ausgleich und unterlassen diese Ausgaben. Die Qualität der Wohnungsbestände leidet hierunter.

Viele Menschen aber fürchten, dass die Mieten ohne die Bremse unkontrolliert steigen ...

Wittlinger: Vieles regelt der Markt ja selbst. Wenn jetzt jährlich 10.000 Wohnungen gebaut werden, dann wird man das auch an den Mieten ablesen können. Neubau ist im Grunde die beste und einzige Mietpreisbremse. In Hamburg gibt es ja noch den Mietenspiegel. Das ist ein Konsenspapier, in das bereits viele wohnwertprägende Details eingehen wie die Lagebeschreibung der Wohnung, Wohnungsgröße, Baualter und Details wie Balkongröße und Ausstattungsmerkmale der Wohnung. Innerhalb der im Mietenspiegel angegebenen Spannen kann jeder seine ortsübliche Miete finden. Man muss klar sagen: Wohnungspolitik muss mehr sein als Mieterschutz.