Hamburg/Schwerin. Nico B. soll am Abend der Demo “Welcome to Hell“ ein Lasergerät auf die “Libelle 2“ gerichtet haben. Es besteht Fluchtgefahr.
Als das Abendblatt am frühen Morgen des 7. Juli von der Laser-Attacke auf einen Hamburger Polizeihubschrauber über Altona-Altstadt erfuhr, geriet diese Nachricht angesichts des wütenden Schwarzen Blocks an der Elbchaussee zunächst in den Hintergrund. Dass die Tat am Abend der Anti-G20-Demonstration "Welcome to Hell" (6. Juli) aber alles andere als ein Kavaliersdelikt war, beweist eine Mitteilung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) vom Montag.
Demnach bleibt der mutmaßliche Täter Nico B. aus Greifswald weiterhin in Haft. Der 27-Jährige steht unter dringendem Verdacht, zwei Piloten der "Libelle 2" aus dem Fenster einer Dachgeschosswohnung an der Kirchenstraße, einer Querstraße zur Königstraße, mit einem Lasergerät geblendet und damit kurzzeitig flugunfähig gemacht zu haben. Mit viel Glück konnte die Besatzung ihren Hubschrauber sicher landen. "Der Beschuldigte ist der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit einem gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr dringend verdächtig“, so das OLG. Kurz nach der Blend-Attacke hatte die Hamburger Polizei getwittert: "Beide Piloten sind verletzt und können ihren Dienst nicht fortsetzen."
Nico B. war sich Gefährdung bewusst
Ein dringender Tatverdacht wegen versuchten Mordes bestehe nun laut Gericht jedoch nicht mehr. "Nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte einen Absturz des Hubschraubers und damit den Tod der Besatzung und Dritter billigend in Kauf genommen hat“, hieß es. Zwar war sei sich Nico B. hochwahrscheinlich bewusst gewesen, dass eine Blendung die Sehkraft des Piloten und damit die Sicherheit des Hubschraubers gefährden würde. "Das Wissen um die potentiell denkbare Folge eines Absturzes reicht allein jedoch nicht aus, um einen Tötungsvorsatz anzunehmen“, betonte das Gericht.
"Aus den Umständen müsste sich darüber hinaus ergeben, dass der Beschuldigte eine Tötung von Menschen zumindest billigend in Kauf genommen hat“, hieß es weiter. Darauf deuteten die Tatumstände nach der derzeitigen Indizienlage aber nicht hin. „Sie legen es nach Auffassung der Kammer vielmehr nahe, dass der Beschuldigte einen Absturz des Hubschraubers für unwahrscheinlich hielt und deshalb eine so weitreichende Folge seiner Attacke auch nicht billigte.“ Hinweise auf einen Bezug des Beschuldigten zur militanten linksextremistischen Szene und ein entsprechendes, die Tötung von Menschen billigendes Motiv des Angeklagten gebe es derzeit nicht.
Noch 43 Männer in U-Haft
Im Zusammenhang mit den Ausschreitungen am Rande des G20-Gipfels sitzen nach Angaben des Gerichtssprechers noch 43 überwiegend junge Männer in Untersuchungshaft. Acht weitere Personen wurden in der Zwischenzeit entlassen, die Ermittlungen laufen jedoch weiter.
Die G20-Krawallnacht:
"Welcome to Hell" – die Krawallnacht in Hamburg