Hamburg. Rückgang bei Protestanten auch in Hamburg gebremst, fast 1000 Neumitglieder. Katholiken verzeichnen sogar eine Zunahme.
In Norddeutschland leben immer mehr Katholiken, aber dafür weniger Protestanten. Das geht aus der am Freitag veröffentlichten kirchlichen Statistik für das Jahr 2016 hervor. Während die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland einen Rückgang der Mitglieder um 1,9 Prozent im Vergleich zu 2015 verzeichnet, gibt es im katholischen Erzbistum Hamburg einen leichten Zuwachs. Die Zahl der Katholiken in Hamburg, Schleswig-Holstein und in Mecklenburg stieg innerhalb eines Jahres um mehr als 2500 (plus 0,6 Prozent). Die Gesamtzahl liegt jetzt bei 404.52o Katholiken. Allein in Hamburg gehören 184.239 Menschen der römisch-katholischen Kirche an.
Wirtschaftskraft lockt wohl viele Katholiken an
Als Gründe für diese Entwicklung nennt Manfred Nielen, Sprecher des Erzbistums Hamburg, auf Abendblatt-Anfrage die verstärkten Zuzüge von Katholiken aus Osteuropa, aber auch aus anderen Teilen Deutschlands. Die Metropolregion Hamburg sei für viele Menschen attraktiv geworden und biete viele berufliche Perspektiven. Das Wirtschaftspotenzial Hamburgs übe offenbar eine hohe Anziehungskraft auf Katholiken aus. Das Erzbistum Hamburg sei ebenso wie Berlin im Vergleich zu anderen katholischen Bistümern das einzige, das nennenswerte Mitgliederzuwächse zu verzeichnen habe, sagt Manfred Nielen.
Der evangelischen Nordkirche gehörten im Jahr 2016 rund 2,06 Millionen Christen an. 2015 waren es 2,103 Millionen. Seit ihrer Neugründung im Jahr 2010 hat die evangelische Nordkirche mehr als 190.000 Mitglieder eingebüßt; die Zahl der Katholiken wächst dagegen seit sieben Jahre kontinuierlich. Der Verlust von fast 40.000 Protestanten im Vergleich von 2015 zu 2016 entspricht der Einwohnerzahl von Mölln und Heide zusammen, wie der Evangelische Pressedienst (epd) errechnet hat. Ursachen dafür sind nach Kirchenangaben der demografische Wandel und die Kirchenaustritte, die jetzt allerdings etwas weniger geworden sind.
2016 „nur“ 8400 Hamburger ausgetreten
Jedes Jahr im Sommer legen die beiden großen Kirchen aktuelle Zahlen über ihre Mitgliederentwicklung vor. Erhoben werden bundesweite und regionale Daten über Aus- und Eintritte, Taufen, Gottesdienstbesuche, Trauungen und Konfirmationen. Demnach ist der drastische Mitgliederschwund bei den Protestanten im Norden vorerst gestoppt. Während der Rückgang zuletzt bei rund 1,9 Prozent lag, waren es in den beiden Vorjahren sogar zwei beziehungsweise 2,16 Prozent.
Kommentar: Die Chance der Christen
Wie Stefan Döbler, Sprecher der Nordkirche, auf Abendblatt-Anfrage mitteilte, ist auch die Zahl der Austritte in Hamburg zurückgegangen. Im Jahr 2015 erklärten noch 9056 Hamburger ihren Austritt aus der evangelisch-lutherischen Kirche. 2016 waren es „nur noch“ rund 8400. Auch bedingt durch den demografischen Wandel ging in dem Zeitraum die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder in der Hansestadt von 479.000 auf rund 470.000 zurück. Laut Statistik sind noch 32,9 Prozent der Bevölkerung in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern evangelisch, während 6,7 Prozent römisch-katholisch sind.
EKD-Chef: Deutschland bleibt christlich geprägt
Doch die Statistiken bringen den Protestanten im Norden auch gute Nachrichten. Seit Jahren steigt die Zahl der Eintritte wieder leicht. 2016 nahm die evangelische Kirche in Hamburg 944 Mitglieder neu auf. Erstmals seit zwölf Jahren ließen sich 2016 in der Nordkirche auch wieder mehr Menschen taufen als im Vorjahr. Außerdem ist die Zahl der ehrenamtlich Engagierten seit zehn Jahren konstant geblieben. 83.000 evangelische Christen engagieren sich in vielfältigen Bereichen kirchlicher Arbeit, in der Kirchenmusik ebenso wie in der sozialen Arbeit, für Kinder und Jugendliche sowie in den Gremien – und das alles für Gotteslohn. Der Präses der Landessynode der Nordkirche, Andreas Tietze, würdigt das so: „Seit vielen Jahren bringen Christen beständig enormen, in ihrem Glauben begründeten freiwilligen Einsatz in unserer Gesellschaft ein.“
Die statistischen Daten zeigten, „wie lebendig das gottesdienstliche und kulturelle Leben 500 Jahre nach Beginn der Reformation ist“, betont der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Deutschland sei nach wie vor ein „christlich geprägtes Land“. Ende 2016 gehörte der größte Teil der Bevölkerung – rund 60 Prozent – einer christlichen Kirche an. Zum Vergleich: In Hamburg sind es nur noch knapp 40 Prozent. Hier wächst der Anteil der konfessionslosen Bevölkerungsgruppe.
Die bundesweite Entwicklung
In Deutschland ist die Zahl der evangelischen Christen 2016 von 22,3 Millionen auf 21,9 Millionen gesunken. Die Zahl der Katholiken ging bundesweit um 180.000 auf 23,58 Millionen zurück. Erstmals seit drei Jahren traten im Jahr 2016 weniger Menschen aus der evangelischen Kirche aus als Mitglieder im selben Zeitraum durch Taufe (180.000) oder Aufnahme (25.000) hinzukamen. Wegen Strukturveränderungen in den katholischen Bistümern ist die Zahl der Pfarreien 2016 auf 10.280 (2015: 10.817) zurückgegangen. In den katholischen Pfarreien sind im vorigen Jahr 13.856 Priester (2015: 14.087) sowie 3296 Diakone tätig gewesen