Hamburg. Bürgermeister habe nur die pauschale Verurteilung der Beamten kritisiert. Fehlverhalten einzelner könne nie ausgeschlossen werden.
Hamburgs Senatssprecher Jörg Schmoll hat am Sonntag die zwei Tage zuvor von Bürgermeister Olaf Scholz getroffene Äußerung, es habe beim G20-Gipfel keine Polizeigewalt gegeben, relativiert und eingeräumt, es könne sich am Ende möglicherweise herausstellen, dass einzelne Beamte sich nicht korrekt verhalten haben. In sozialen Netzwerken wird Scholz vorgeworfen, ein mögliches Fehlverhalten der Polizei zu bagatellisieren.
Scholz (SPD) hatte am Freitag in einem Interview mit dem NDR auf die Frage, ob es Anzeichen für Polizeigewalt gebe, wörtlich gesagt: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise.“ Der Senatschef fügte hinzu: Im Nachgang zu einem solchen Ereignis werde stets alles aufbereitet. Er glaube, dass der Polizei auch anschließend nichts vorzuwerfen sein werde.
Pfefferspray gegen friedliche Demonstranten
Scholz’ Sprecher erklärte am Sonntag: Mit der Verwendung des Begriffs „Polizeigewalt“ werde pauschal unterstellt, es habe „rechtswidrige Gewaltanwendung durch Polizeikräfte“ gegeben. Zugleich räumte Schmoll ein: „Bei 20.000 Polizisten im Einsatz kann natürlich nie völlig ausgeschlossen werden, dass sich im Nachhinein herausstellt, dass sich einzelne Beamte nicht korrekt verhalten haben.“
In den vergangenen Tagen waren vor allem in den sozialen Netzwerken Fotos und Videos aufgetaucht, die zeigen, wie auch bei Demonstrationen mit überwiegend friedlichen Teilnehmern teilweise Pfefferspray und Wasserwerfer eingesetzt wurden.
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel unterstützte Scholz. Angesichts von 35 Fällen, in denen Verhalten von Polizisten untersucht werde, und 20.000 über mehrere Tage eingesetzten Beamten gebe der Begriff „Polizeigewalt“ das Einsatzgeschehen nicht richtig wider und verwechsele Ursache mit Wirkung. Die Polizei als Hauptproblem bei den G20-Krawallen zu kritisieren sei unangemessen.
Kommentar – warum macht Scholz das?
Nach den Worten von CDU-Fraktionschef André Trepoll zeigten die „undifferenzierten Äußerungen“ von Olaf Scholz die „Nervosität“ des Bürgermeisters. „Natürlich gab es keine generelle Polizeigewalt, aber man kann bei rund 20.000 Polizisten unsachgemäße Handlungen im Einzelfall nicht ausschließen.“ Rund 35 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten würden jetzt ordentlich geprüft.
Auch Katja Suding, die Vorsitzende der FDP-Bürgerschaftsfraktion, meinte, natürlich sei die Polizei nicht für die Eskalation verantwortlich. Allerdings müsse – bei aller Dankbarkeit für die Polizisten – in einem Rechtsstaat so ein Einsatz aufgearbeitet werden. Wenn man das tue, bedeute das nicht, dass man der Polizei in den Rücken falle.
Unterdessen berichtet die Tageszeitung „Die Welt“, dass der Verfassungsschutz unmittelbar vor dem G20-Gipfel sowohl das Kanzleramt als auch den Hamburger Senat über eine mögliche „Eskalation der Straßenmilitanz“ gewarnt habe. In dem vertraulichen 31-seitigen Papier des Bundesamts sei beispielsweise erklärt worden, dass neben Linksextremisten Hooligans und Mitglieder der sogenannten Ultraszene erwartet würden. Zudem würden die G20-Gegner – allein aus Skandinavien sollten es 500 sein – eigenständig anreisen, um Grenzkontrollen zu umgehen.
Dem „Welt“-Bericht zufolge erwartete der Verfassungsschutz für die Demo „Welcome to Hell“ am 6. Juli einen „gezielten Angriff auf die Polizei durch mindestens einen Demonstrationsblock“. Auch über die zu erwartende Bewaffnung der militanten Autonomen berichtete der Verfassungsschutz. So hätten sich die Extremisten „haufenweise Krähenfüße und Knallkörper, Farbspray und Feuerlöscher besorgt“.