Hamburg. Morgen trifft das Dockschiff in New York ein. Am Montag soll Fahrt der Viermastbark über den Atlantik beginnen.

Gerade hat die „Peking“ beigedreht. Jetzt liegt sie in der Flaute zwischen Cuxhaven und Helgoland in der Elbmündung. Der Schlepper, der sie gleich Richtung Hamburg ziehen wird, liegt schon längsseits. Der Lotse, der sie in dem tückischen Fahrwasser begleiten soll, wird vom Lotsenschoner „Elbe 5 Hamburg“ rübergerudert.

So wie der Künstler Hinnerk Bodendieck es gemalt hat, dürften sich die Begegnungen der „Peking“ mit Lotse und Schlepper vor rund 100 Jahren abgespielt haben. Die 1911 bei Blohm + Voss erbaute Viermastbark gehörte zur Flotte der berühmten Flying-P-Liner die Reederei F. Laeisz, bis sie 1932 im Zuge der Wirtschaftskrise verkauft wurde. Bald wird die „Peking“ in der Elbmündung erneut von Lotse und Schlepper in Empfang genommen. Voraussichtlich am 31. Juli trifft das marode Segelschiff, das mittlerweile bis auf die vier etwa 40 Meter hohen Maststummel abgetakelt ist und auf einem Dockschiff von New York in seine Heimat überführt wird, vor Brunsbüttel ein.

Maler Hinnerk Bodendieck vor seinem
Bild der „Peking“
Maler Hinnerk Bodendieck vor seinem Bild der „Peking“ © HA | Michael Rauhe

Nach derzeitigem Zeitplan wird das Dockschiff „Combi-Dock III“ am 12. Juli in New York eintreffen, die Reise könnte also am 17. Juli beginnen. Begleitet wird die „Peking“ von drei Journalisten und zwei Mitgliedern der Stiftung Hamburg Maritim, ihrer Eigentümerin: Schiffbauingenieur Alexandre Poirier und Vorstand Joachim Kaiser, Hamburgs führender Experte für historische Schiffe, fliegen heute los.

Reise über Atlantik soll etwa elf Tage dauern

In den kommenden drei Tagen werden sie auf der Caddell Werft vor Staten Island mit den Vorbereitungsarbeiten beschäftigt sein. Der Anker und zwei etwa 20 Meter lange Original-Rahen müssen an Deck für die Überfahrt festgebunden und die Leinen, an denen die „Peking“ aus dem Hafen geschleppt wird, zurechtgelegt werden.

Ein Blick ins Innere der „Peking“: Als sie für die Reederei F. Laeisz fuhr, wurde
hier Salpeter aus Chile geladen und nach Hamburg gebracht
Ein Blick ins Innere der „Peking“: Als sie für die Reederei F. Laeisz fuhr, wurde hier Salpeter aus Chile geladen und nach Hamburg gebracht © Lars Krueger/www.lumivere.com

Auch die Pallung wird vorbereitet, das hölzerne Stützgerüst, auf dem die „Peking“ im Dockschiff abgelegt wird. Dorthin gelangt sie ähnlich wie in ein Trockendock: Das Dockschiff wird zunächst abgesenkt, dann geflutet und die „Peking“ dann „eingeschwommen“. Die mehr als 3600 Seemeilen (etwa 7000 Kilometer) lange Reise über den Atlantik in der Elbmündung wird laut Poirier etwa elf Tage dauern.

Wind und Wetter sind entscheidend

Das „Ausschwimmen“ wird direkt am Brunsbüttel-Elbehafen stattfinden. Geplanter Termin dazu ist bisher der Montag 31. Juli. Anschließend wird der legendäre Viermaster dann die etwa 20 Kilometer lange Strecke elbaufwärts bis zur Stör geschleppet, wo sie voraussichtlich bis 2020 bei der Peters Werft in Wewelsfleth restauriert werden soll. Weil das Störsperrwerk nur bei Hochwasser passiert werden kann, wird das Einlaufen in die Stör erst abends gegen 21.51 Uhr stattfinden können, heißt es bei der Stiftung. „Das minutiöse Eintreffen des Hochwassers am 31. Juli ist leider das Einzige, auf das wir uns wirklich verlassen können“, sagt Poirier. Alles andere hänge von Wind und Wetter ab. Momentan seien die Verhältnisse gut: Sonne und 30 Grad in New York.

Imposant: das Steuerrad der Viermastbark
Imposant: das Steuerrad der Viermastbark © Lars Krueger/www.lumivere.com

„Wir freuen uns, dass wir die ,Peking‘ jetzt endlich nach Deutschland holen und restaurieren können“, sagt Poirier. Die umfangreichen Arbeiten werden durch eine Förderung des Bundes über 26 Millionen Euro möglich. Nach ihrer Grunderneuerung soll die „Peking“ in das Eigentum der Stiftung Historische Museen Hamburg übergehen und Wahrzeichen eines künftigen Deutschen Hafenmuseums in Hamburg werden. Dieses Projekt fördert der Bund mit weiteren 94 Millionen Euro.

Die Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs und Rüdiger Kruse hatten 120 Millionen Euro für „Peking“ und Hafenmuseum eingeworben. Deren künftiger Standort steht jedoch noch nicht fest: Neben dem Areal bei den 50er-Schuppen, in denen das heutige Hafenmuseum Hamburg untergebracht ist, stehen auch die Flächen neben den Musical-Zelten und auf der St.-Pauli-Seite der Bereich westlich des Alten Elbtunnels zur Auswahl.

Standortfrage ist entscheidend

Die drei Flächen sind Gegenstand einer Standortpotenzialanalyse, die das Büro Albert Speer + Partner derzeit erarbeitet. „Die Standortfrage ist nicht nur für das künftige Museum entscheidend, sondern hat darüber hinaus eine enorme Bedeutung für die Stadtentwicklung“ sagt Stiftungsalleinvorstand Börries von Notz. „Daher geht es hier auch um eine politische Entscheidung.“ Mit dem Entscheidungsprozess könnte sich in der Tat neben dem Senat auch die Bürgerschaft befassen. Von Nötz rechnet damit, dass über den Standort des Deutschen Hafenmuseums bis spätestens Ende des Jahres entschieden wird.

Der Anker und die letzten beiden Original-Rahen
Der Anker und die letzten beiden Original-Rahen © Ben Lodemann

Mit der Rückkehr der „Peking“ nach Hamburg schließen sich viele Kreise: Für Hamburg, weil die „Peking“ hier gebaut wurde und als Heimathafen immer noch am Heck steht ebenso wie für Nikolaus W. Schües, der seit 1973 Chef der Laeisz-Reederei ist und das frühere Schiff der Laeisz-Flotte stets im Auge behielt, es aus Kostengründen aber nie zurückkaufen konnte. Jetzt sind er und sein Sohn Nikolaus H. Schües an der Rückkehr der „Peking“ beteiligt, denn der Juniorchef ist Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Hamburg Maritim.

In ihrer Reederei hängt auch das eingangs beschriebene Bodendieck-Gemälde. Auch für den Maler schließt sich ein Kreis. Sein mittlerweile verstorbener Vater gehörte zu einer Gruppe, die die „Peking“ schon vor acht Jahren zurückholen wollte, doch dafür kein Geld erhielt. Er habe das Bild gemalt, um den Prozess um ihre Rückführung anzufeuern, sagt Bodendieck. Jetzt kommt sie.