Hamburg. CDU und AfD: Nach G20-Krawallen sei „Keimzelle des Linksextremismus“ nicht mehr zu dulden. Auch SPD sieht „Handlungsbedarf“.
Nach den schweren Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel ist erneut eine heftige Debatte über die Rolle der Roten Flora entbrannt. CDU und AfD in der Bürgerschaft forderten am Montag die Schließung des autonomen Zentrums am Schulterblatt.
„Als Zentrum des Linksextremismus, das Sympathien für die brutale Gewalt der vergangenen Tage hat und das die militanten Linksextremisten nach Hamburg eingeladen hat, kann es nur eine Konsequenz geben: Die Rote Flora muss geschlossen werden“, sagte CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator, und brachte damit die Debatte ins Rollen. Kurz darauf äußerte sich auch CDU-Fraktionschef André Trepoll ähnlich: „Die Rote Flora ist seit Jahrzehnten Biotop und Keimzelle des Linksextremismus in der Stadt. Wir erwarten, dass Rot-Grün die notwendigen politischen Konsequenzen zieht. Die Rote Flora muss jetzt dicht gemacht werden.“ Nötig sei ein grundlegender Kurswechsel, eine „Null-Toleranz-Politik“ im Umgang mit der linksautonomen Szene.
Seit fast 30 Jahren hält Flora Politik in Atem
In dieses Horn stieß auch die AfD: „Die Rote Flora als linksextremistische Kommandozentrale muss so schnell wie rechtlich und sicherheitstechnisch möglich geschlossen werden“, sagte Fraktions- und Parteichef Bernd Baumann und erlaubte sich auch einen Seitenhieb auf die CDU: „Man darf nicht vergessen, dass auch der CDU-geführte Senat – selbst mit absoluter Parlamentsmehrheit – die Rote Flora gewähren ließ.“ AfD-Innenexperte Dirk Nockemann ergänzte, es dürfe nicht bei reiner Symbolpolitik bleiben: „Es gibt noch andere linksextremistische Zentren in Hamburg.“
Die Flora beschäftigt die Hamburger Politik seit fast 30 Jahren. Das 1889 als Theater eröffnete Gebäude wurde 1989 von Autonomen besetzt, um den Abriss und Neubau eines neuen Musicaltheaters zu verhindern. Diese „Neue Flora“ entstand daraufhin ein paar Hundert Meter weiter an der Stresemannstraße. 2001 verkaufte die Stadt den heruntergekommenen Altbau für 370.000 Mark an den Immobilienkaufmann Klausmartin Kretzschmer. Infolge kam es zwar immer wieder zu Ausschreitungen im Umfeld der Flora, aber auch die CDU-geführten Senate unter Ole von Beust (2001 bis 2010) tasteten den Staus quo des autonomen Zentrums nicht an. 2014 kaufte der neue SPD-Senat das Haus für 820.000 Euro zurück – es gehört seitdem der städtischen Lawaetz-Stiftung.
Sachlage muss noch geklärt werden
Sie hat den Auftrag, „den Status quo der ,Roten Flora‘ als alternative Kulturstätte auch ohne vertragliche Grundlage für eine solche Nutzung aufrecht zu erhalten“, wie es im Treuhandvertrag mit der Stadt heißt. Was in dem Gebäude, das also offiziell gar nicht mehr besetzt ist, sondern in dem Autonome geduldet werden, erlaubt ist und was nicht, ist nicht vertraglich geregelt. Aber es gab beim Rückkauf 2014 die klare Erwartungshaltung des Senats, dass von dort keine Gewalt mehr ausgehen dürfe.
7000 Menschen bei Reinigungs-Aktion:
7000 Menschen bei Reinigungs-Aktion in der Schanze
Ob auch Flora-Aktivisten für Straftaten rund um G20 verantwortlich gemacht werden können, muss noch aufgeklärt werden. Unstrittig ist hingegen, dass aus der Flora heraus Gipfel-Gegner aus ganz Europa geradezu nach Hamburg eingeladen wurden, ohne dass es eine Distanzierung von Gewalt gab. Für FDP-Fraktionschefin Katja Suding ist die Sache daher klar: „Es ist unerträglich, dass der Sprecher der Roten Flora, Andreas Beuth, offen zur Gewalt aufgerufen hat. Die linksextremen Strukturen darin müssen ausgetrocknet werden.“
SPD will Vorgänge zunächst aufklären
SPD-Fraktionschef Andreas Dressel will zunächst die Vorgänge aufklären: „Es ist Teil der laufenden Ermittlungen, inwieweit es da konkrete Verbindungen gibt.“ Grundsätzlich sei aber klar: „Das Umfeld der Flora und ihre Unterstützer müssen sich jetzt nach diesen Exzessen entscheiden, auf welcher Seite sie stehen – für oder gegen die Gewalteskalation. Dass in der Schanze Handlungsbedarf besteht, ist offenkundig.“
Antje Möller, die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion sagt: „Durch einige Äußerungen im Namen der Roten Flora in den letzten Tagen hat man sich selbst einen Bärendienst erwiesen. Deshalb glaube ich: In der Schanze muss sich etwas ändern.“ Von dem Reflex der „Schließung der Flora“ hält Möller allerdings gar nichts. „Sollten Straftaten aus der Flora heraus begangen worden sein, sind diese konsequent zu verfolgen“, sagt die Grüne.
„Deeskalation und Aufklärung“
Die Lawaetz-Stiftung als Eigentümerin des Gebäudes teilte auf Abendblatt-Anfrage mit, sie sei „über die Gewaltexzesse empört, die den G20-Gipfel begleitet haben“. Sie wolle aber zunächst die laufenden Untersuchungen durch Politik und Verwaltung abwarten.
Cansu Özdemir, Fraktionschefin der Linkspartei, forderte „Deeskalation und Aufklärung“. Für die Verfolgung von individuellen Straftaten sei die Polizei zuständig. Ansonsten gelte: „Die Rote Flora ist Teil des kulturellen und politischen Lebens in Hamburg und soll es auch bleiben.“