Hamburg. Behörden präsentieren sichergestellte Waffen: Präzisionszwillen und Böller. De Maizière: Polizei ausgezeichnet vorbereitet.

Auf vier Tischen liegen im Polizeipräsidium mit brennbarer Flüssigkeit gefüllte Feuerlöscher, Präzisionszwillen mit Stahlkugeln, Baseballschläger, Schlagstöcke und Polenböller. Sogar eine Streugutkiste zählt die Polizei zu jenen rund 100 „gefährlichen Gegenständen“, die in den vergangenen Tagen bei Linksextremisten in Hamburg und Rostock sichergestellt wurden.

Am Dienstag stellte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer die Asservate im Präsidium vor. „Diese Funde belegen, dass Linksextremisten offenbar während des G20-Gipfels schwerste Straf­taten planen. Und das trifft nicht nur Polizeibeamte, sondern auch friedlich demonstrierende Menschen, Unbeteiligte oder Pressevertreter“, sagte Meyer. Diese „Art der Militanz“ lasse ihn „fassungslos“ zurück. Er sei in „ehrlicher Sorge“, es seien „massive Angriffe“ zu erwarten.

Militante Gipfelgegner arbeiten vernetzt

Die Kripo hat in den vergangenen Tagen die Spur der Waffen zurückverfolgt. Ein Ergebnis: Die militanten Gipfelgegner arbeiten strukturiert, und sie sind überregional vernetzt. Die zuletzt sichergestellten Gegenstände wurden bei Linksextremisten aus Hamburg, Berlin und Rostock entdeckt – sowohl bei Anhängern der autonomen Szene, deren Hochburg in Hamburg die Rote Flora ist, als auch bei Gefolgsleuten antiimperialistischer Strukturen, deren zentraler Akteur der „Rote Aufbau“ ist.

Beide Gruppen haben Demonstrationen zum G20-Gipfel angemeldet, die von der Polizei als hochproblematisch eingestuft werden. Zudem stehen sie nach Erkenntnissen des Hamburger Verfassungsschutzes auch hinter den Protestcamps auf Entenwerder und am Vorhornweg in Lurup. In beiden Camps hatte die Polizei Schlafzelte untersagt. Begründung: Es sei zu befürchten, dass militante Linke sie als Rückzugsposten oder als Vorratslager für Waffen nutzen.

Waffenfunde nur die Spitze des Eisbergs

Die Polizei geht davon aus, dass die bisher gefundenen Waffen nur ein „winziger Bruchteil von dem ist, was sich derzeit noch in Kellern und Garagen in und um Hamburg befindet“, sagte Kriminaldirektor Jan Hieber. Wie gefährlich sie sind, haben Kriminaltechniker untersucht und in einem Film dokumentiert, der im Internet über die sozialen Netzwerke der Polizei verbreitet wird und prompt heftige Kritik hervorrief. „Polizei schürt mit Gewaltvideo Angst vor G20“, twitterte die Bürgerschaftsfraktion der Linken. Andere Anti-G20-Gruppen sprachen von „Panikmache“ und „Propaganda“. Ganz anders sieht es Hamburgs Polizeichef Meyer: die Militanz der Gipfelgegner sei nicht theoretisch, sondern „sehr real“.

Zu sehen ist in der ersten Sequenz, wie mit einer Zwille abgefeuerte Stahlkugeln dicke Löcher in einen Styropor-Kopf reißen. Der Kopf soll einen Polizisten mit offenem Visier darstellen. In der zweiten Einstellung wird eine eigentlich feuerfeste Einsatzjacke mit einem Bitumen-Gemisch aus einem der in Rostock sichergestellten Feuerlöscher bespritzt. Als ein Bengalo mit der Jacke in Berührung kommt, fängt sie sofort Feuer.

Illegale Pyrotechnik zerfetzt einen Polizeihelm

Schließlich die illegale Pyrotechnik: Zur Explosion gebracht wird ein starker Böller mit Spiritusflasche. „Das ist die Art und Weise, wie man heute Molotowcocktails baut“, sagt Hieber. Ein Brandsatz dieser Art sei im vergangenen Jahr bei einer 1.-Mai-Demo in Hamburg entdeckt worden. Beim letzten Versuch zerfetzt ein Böller der Marke „Extra Cobra 6“, einen Polizeihelm.

Die Streugutkiste sollte den Extremisten als Waffendepot dienen, sagte die Polizei. Sie war am 22. Juni bei einem an der Liebermannstraße geparkten Miettransporter sichergestellt worden, außerdem ein Störsender und eine Liste mit den Kennzeichen ziviler Hamburger Polizeifahrzeuge.

Die Polizei-Beschwerde kam zu spät

In einem Auto direkt daneben griffen Beamte Lukas L. (23) und Anton D. (24) auf, zwei Berliner Linksextremisten aus dem Umfeld der Rigaer Straße. Erst auf die Beschwerde der Polizei hin ordnete das Landgericht ihre Ingewahrsamnahme bis zum Ende des Gipfels an. Zu spät: „Sie haben Deutschland inzwischen verlassen“, sagte Hieber.

Im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel werden mehr als 8000 gewaltbereite Linksextremisten zur Kundgebung „Welcome to Hell“-Demo am Donnerstag erwartet. Derzeit beobachte man Bewegungen der autonomen Szene in Richtung Hamburg, sagte Meyer. Extremisten aus Skandinavien, der Schweiz und Italien spielten dabei eine Rolle.

Bundesinnenminister de Maizière besucht Messehallen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) besuchte am gestrigen Dienstag die Messehallen und machte sich im Beisein von Innensenator Andy Grote (SPD) ein Bild über den Stand der Vorbereitungen. Dabei äußerte sich der Minister zufrieden über das Sicherheitskonzept der Stadt. Diese sei auf das Ziel ausgerichtet, Hamburger, friedliche Demonstranten, Teilnehmer des G20-Gipfels zu schützen, sagte de Maizière.

Die verschiedenen Polizeien des Bundes und der Länder und aus dem Ausland seien ausgezeichnet vorbereitet. „Die Hamburger Mischung aus Gelassenheit und Geschlossenheit entspricht dem Wesen der freiheitlichen Demokratie“, erklärte der Minister.

Grote verteidigte das harte Vorgehen der Polizei gegen das Protestcamp auf der Halbinsel Entenwerder. „Es gibt viele, die auch friedlich campen möchten. Aber wir können sie nicht von potenziellen Gewalttätern trennen.“ Die Camps spielten in extremistischen Strukturen eine zentrale Rolle.