Hamburg. Hamburger Waggonvermieter übernimmt Pariser Rivalen CIT Rail Holdings (Europe) mit 14.000 Güterwagen.
Im Herbst vergangenen Jahres sah sich VTG noch in der Phase der Reorganisation. Prozesse sollten vereinfacht und vereinheitlicht werden, zudem die Digitalisierung vorangetrieben werden. Schließlich hatte der Hamburger Waggonvermieter erst zwei Jahre zuvor eine Großinvestition gestemmt: Für 1,2 Milliarden Euro wurde die Schweizer Bahngesellschaft Ahaus Alstätter Eisenbahn Holding (AAE) gekauft. Die Flotte vergrößerte sich um 30.000 auf 80.000 Waggons. Am vergangenen Sonnabend hat VTG nun den nächsten Expansionsschritt verkündet.
Die SDAX-Firma übernimmt die in Paris ansässige CIT Rail Holdings (Europe) und damit die dazugehörige Nacco-Gruppe. Recht kurzfristig habe sich dazu die Chance ergeben, hieß es. Damit leibt sich Europas größter privater Waggonvermieter die Nummer vier auf dem Kontinent ein. Die Nacco-Gruppe hat 61 Beschäftigte und verfügt über 14.000 Eisenbahngüterwagen, deren verschiedene Typen zum Transport von Kohle, Chemikalien, Getreide, Stahl oder Palettenware eingesetzt werden. Frankreich, Deutschland, Österreich und Osteuropa sind die Hauptmärkte.
Markposition verbessern
Mit der Übernahme „verbessern wir unsere Marktposition in Europa nachhaltig“, sagte der VTG-Vorstandsvorsitzende Heiko Fischer. Durch die Akquisition der Nacco-Flotte biete man den Kunden ein größeres und differenziertes Wagenportfolio und eine stärkere Präsenz in Europa. Man positioniere sich als leistungsfähiger, zukunftsorientierter Partner auf der Schiene. Die gesamte Nacco-Flotte soll mit dem VTG-Connector ausgestattet werden.
Das ist eine kleine, solarbetriebene Box. Per GPS wird die aktuelle Position übermittelt. So lassen sich Laufwege, Ankunftszeiten und gefahrene Kilometer erfassen. Ein Beschleunigungssensor liefert Daten über Schock- und Stoßereignisse. Damit werde ein in Europa bisher einzigartiges Netzwerk digitaler Güterwagen geschaffen, sagte Fischer: „Darüber erschließen wir uns neue Kunden, neue Märkte und sichern unser Wachstum als VTG in den kommenden Jahren.“
Zusätzliche Umsätze für 2018 erwartet
VTG geht von einem Kaufpreis von 780 Millionen Euro aus. Dieser wird aber noch steigen, weil die von Nacco seit Jahresanfang bis Vertragsabschluss getätigten Investitionen von bis zu 140 Millionen Euro von VTG übernommen werden müssen. Die Hamburger wollen den Kauf durch ein erstrangiges Darlehen von bis zu 500 Millionen Euro, eine privat platzierte Hybridanleihe von rund 300 Millionen Euro, bei der die Aktionäre mitziehen wollen, und durch Fortführung einer existierenden Nettoverschuldung von rund 120 Millionen Euro stemmen.
Im Gegenzug soll der Erwerb von Nacco Umsatz und Gewinn von VTG deutlich erhöhen. 2016 erzielte die 1443 Mitarbeiter große Firma mit Sitz am Nagelsweg Erlöse von 987 Millionen Euro und ein operatives Betriebsergebnis (Ebitda) von 345 Millionen Euro. Für 2018 werde ein zusätzlicher Umsatz von etwa 120 Millionen Euro und ein zusätzlicher Ebitda-Betrag von circa 100 Millionen Euro erwartet, so VTG. Die Kartellbehörden müssen dem Kauf zustimmen, geplant ist der Abschluss für das vierte Quartal 2017.
Zwei neue Großaktionäre
VTG hat im vergangenen Jahr auch durch zwei neue Großaktionäre Schlagzeilen gemacht. Im Mai war HSV-Mäzen und Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne (Kühne+Nagel) eingestiegen. Er hält derzeit rund 20 Prozent der Aktien. Im Oktober erwarb Morgan Stanley Infrastructure 29 Prozent der Anteile und ist damit größter Einzelaktionär. Der Infrastrukturfonds, der von der gleichnamigen US-Bank gemanagt wird, übernahm die Aktien vom früheren AAE-Eigentümer Andreas Goer, der im Jahr 2014 im Zuge der AAE-Übernahme bei VTG eingestiegen war.