Hamburg. Gewerkschaft spricht von Liquiditätsproblemen. Chefin: „Wir haben überfällige Überweisungen nun getätigt“.

Das 1879 gegründete Hamburger Hafenunternehmen Carl Tiedemann mit seinen rund 330 Mitarbeitern ist mit der Zahlung von Löhnen und der betrieblichen Altersversorgung in Rückstand geraten. Die Stauerei verdient ihr Geld unter anderem mit der ältesten Tätigkeit im Hafen: dem Verstauen von Ladung sowie deren Befestigung an Deck (Laschen). Zuständig dafür in der Unternehmensgruppe Carl Tiedemann ist die Hamburg Laschcompany (LCH). Doch gerade dieses Geschäft ist sehr konjunkturabhängig.

„Bereits im Februar hat das Unternehmen die LCH schließen wollen. Daraufhin hat sich die Belegschaft zu Beschäftigungssicherungsmaßnahmen bereit erklärt“, sagt der für den Hamburger Hafen zuständige Fachbereichssekretär der Gewerkschaft Ver.di, Marco Otten, dem Abendblatt. Auf etwa zwölf Prozent ihres Jahresgehalts müssen die Mitarbeiter deshalb nun verzichten.

Neue Problematik

Doch nach den Ergebnissen einer Mitgliederversammlung am Montag gebe es eine neue Problematik. Nun würde das Unternehmen mit den ganz normalen Lohnzahlungen im Rückstand sein, sagt Otten. „Die Situation ist hochdramatisch. Bei einigen Mitarbeitern geht es um die Existenz.“ Das Unternehmen leide offenbar unter Liquiditätsproblemen, vermutet Otten.

Nicht nur die aktiven Mitarbeiter warten auf ihr Geld. Auch bei Pensionären ist Carl Tiedemann im Zahlungsverzug. „Ich habe zuletzt meine Betriebsrente im April bekommen. Für Mai ist noch kein Geld auf dem Konto“, sagt etwa Klaus-Dieter Bott. Er hat 37 Jahre bei der Stauerei Carl Tiedemann gearbeitet. 1963 hatte Bott als Schauermann bei dem Familienunternehmen begonnen, später seinen Hafenfacharbeiter gemacht, und bis zum Ausscheiden im Jahr 2000 war er schließlich als Gabelstaplerfahrer tätig.

Häufiger Verspätungen bei Auszahlung

Exakt 169 Euro bekommt Bott monatlich aus der betrieblichen Altersversorgung des Unternehmens zusätzlich zu seinem gesetzlichen Rentenanspruch. Es sei in der Vergangenheit häufiger zu Verspätungen bei der Auszahlung gekommen, sagt Bott. „Dass das Unternehmen aber überhaupt nicht zahlt, das hat es bisher noch nicht gegeben.“ Dazu werde es auch nicht kommen, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin von Carl Tiedemann, Carola Zehle. „Die Zahlungen wurden inzwischen vom Unternehmen angewiesen“, so Zehle.

Sie räumte im Gespräch mit dem Abendblatt allerdings ein, dass es bei Löhnen und Betriebsrenten zu Verzögerungen gekommen sei. „Dies ist im Wesentlichen dem erheblichen Mengenrückgang im Hafen im Jahr 2015 geschuldet. Dieser hat uns Verluste beschert.“ Diese Defizite müssten nun durch den Verkauf von Anlagevermögen und Umschuldungen ausgeglichen werden. „Inzwischen läuft das Geschäft aber wieder stabil und profitabel“, so Zehle.

Mitarbeiter stehen fest zur Firma

Die Vorwürfe von Ver.di weist die Unternehmerin entschieden zurück. Die Betriebsschließung bei der LCH sei nur ins Gespräch gekommen, weil es selbst nach eineinhalb Jahren Verhandlungen nicht möglich gewesen sei, sich mit Ver.di auf einen Haustarifvertrag zu einigen, so Zehle. „Inzwischen haben wir einen Vertrag.“ Die Mehrheit der Mitarbeiter stehe fest zur Firma.