Hamburg. Die Künstlerin, die auch an der Hamburger Staatsoper tätig war und mit einem Bayreuther “Ring“ berühmt wurde, ist gestorben.

Die schillernde, leuchtende, flackernde, erhellende Welt der Bühnen-Kunst, in der rosalie eine prägende Lichtgestalt war, ist seit Montag finsterer. Denn rosalie war eine Wegbereiterin, die Licht ins Thema Bühnenbild brachte, weil sie es nicht nur als Mittel zum Zweck verstand und sah, sondern als eigenständige, vielsagende Ausdrucksmöglichkeit einsetzte. Sie schuf Räume, die anders waren, viel mehr als nur praktisch beleuchtete Stellflächen für Darsteller oder Sänger.

Zunächst sah der Lebenslauf dieser zierlichen, verträumten Frau eher konventionell aus: Germanistik und Kunstgeschichte in Stuttgart studiert, danach Malerei, Grafik und Plastisches Arbeiten, aber auch Bühnenbild-Schulung durch Jürgen Rose. Dass ihre Karriere nach einer Produktion von Henzes „Pollicino“ bei den Schwetzinger Festspielen auch überregional durchstartete, hatte die Künstlerin nicht zuletzt einer Arbeit für die Hamburger Staatsoper zu verdanken.

Von ihrer Bühnenbild-Sichtweise auf Mozarts „Idomeneo“ war der damalige Clan-Chef Wolfgang Wagner 1990 so angetan, dass er die Individualistin für die Ausstattung für einen Bayreuther „Ring“ auf den Grünen Hügel engagierte. „Seitdem ist Hamburg für mich ein Herzensort“, sagte sie später über diese Weichenstellung.

rosalie gestaltete einen Wagner-Zyklus, der in die Annalen einging

Als erste Frau und mit einem sehr speziellen Blickwinkel auf die Welt Bühne gestaltete sie einen Opern-Zyklus, der in die Annalen der Wagner-Festspiele eingehen sollte. Auch, weil er so unmittelbar schön anzusehen war und damit von manchen für einen ketzerischen Design-Frevel am Ahnvater Richard gehalten wurde. Es folgten Lichtinstallationen, Ausstellungen, Bühnenarbeiten, unter anderem für die Donaueschinger Musiktage sowie Kooperationen mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe. Nie wurde es dunkel um sie.

Im Herbst 2015 war es ein sehr ­rosalie-typisches Opus, mit dem sie ihr Hamburger Comeback erlebte und das dem hiesigen Publikum den Weg in den Beginn einer neuen Ära leuchten sollte: Zum Start von Intendant Georges Delnon, der sie noch aus seiner Zeit in Mainz kannte, und Generalmusikdirektor Kent Nagano zauberte sie mit 6,8 Kilometer Lichtleiterfasern einen Vorhang auf die nüchterne, denkmalgeschützte Fassade des Opernhauses an der Dammtorstraße. „Poetisch fließende Lichtmalerei“ nannte sie das Ergebnis ihres Nachdenkens über Licht, eine „Lichtpartitur“. Ein Kunstwerk auf Zeit aber auch, das deswegen so eindringlich im Gedächtnis blieb, weil es – wie jeder Lichtstrahl – so flüchtig war, so unhaltbar.

Ihre letzte große Installation in der Elbphilharmonie sah sie nicht mehr

Mit dieser Installation empfahl sie sich für ein nächstes Spezialprojekt, die schon wegen der Personalmengen spektakulären Aufführungen von Mahlers Achter durch die Philharmoniker im Großen Saal der Elbphilharmonie. Sieben riesige Stelen, kirchenfensterartig, rätselhaft und mehrfarbig leuchtend, sollten diese Musik kommentieren und untermalen und die Gedanken dieser Utopie weiterträumen, als übergeordnete, stumme Stimme. „Nicht zuletzt geht es darum, durch maximale Transparenz und Leichtigkeit des Lichts die Aufmerksamkeit für die Wahrnehmung des Werks zu steigern und mit unserer Zeit zu konfrontieren“, erklärte sie ihr Konzept.

Ende April, kurz vor dem ersten Konzerttermin im neuen Hamburger Konzerthaus, musste rosalie die Reise aus Krankheitsgründen an die Elbe schon absagen. Bei keinem der drei Mahler-Konzerte konnte sie leibhaftig anwesend sein. Doch sie kommunizierte mit der Staatsoper über die fotografische Dokumentation ihrer Arbeit. Am Montag ist die Lichtkünstlerin rosalie, die 1953 als Gudrun Müller im Neckar-Dörfchen Gemmrigheim geboren wurde, in Stuttgart gestorben.